11. September: Zwischen Integration &

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Kanzlerin Merkel persönlich verlieh dem dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard in Potsdam einen Medienpreis zur Meinungsfreiheit. Das ist spät, aber immer noch richtig. Westergaard hatte mit seiner Mohammed-Karikatur, aus deren Turban eine Bombe ragt, 2006 für internationale Aufregung gesorgt. Militante Islamisten waren „beleidigt“ und halbherzige Europäer duckten sich weg. Es gab sogar Tote. Damals war EMMA eine der wenigen europäischen Zeitschriften, die die Karikatur nachdruckten (5/2006). Aus Solidarität und Protest. Seither lebt der Karikaturist versteckt und schwer bewacht. Einen Anschlag auf sein Leben im Dezember 2009 überlebte er zum Glück.

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Erwartungsgemäß protestieren die Berufs-Muslime in Deutschland gegen die Verleihung des Preises durch die Kanzlerin. Merkel gieße damit „Öl ins Feuer“, klagte der Vorsitzende des „Zentralrats der Muslime“, der Konvertit Ayyub Axel Köhler. Ja, sie gebe der „Islamfeindlichkeit“ und „Volksverhetzung“ à la Sarrazin neue Nahrung. Es ist nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet der einerseits schmerzlich treffende und andererseits absurd spekulative Text von Sarrazin die Politik in Deutschland endlich aus der Deckung zwang.

Das hatte noch nicht einmal das Attentat auf die Twintowers am 11. September 2001 geschafft, dank der in Deutschland gepflegten „Fremdenliebe“ – die in Wahrheit nur die andere Seite der Medaille Fremdenhass ist. Jetzt aber, auf einmal, sprechen alle von der Notwendigkeit einer wahren Integration. „Integrationsunwillige“, sagt der Innenminister, sollen in Zukunft in die Pflicht genommen werden.

So zum Beispiel MigrantInnen, die überhaupt nicht interessiert sind daran, Deutsch zu lernen. Und solche, die bisher gar nicht die Chance dazu hatten, wie so manche Kinder und Frauen. Laut des „Integrationsprogramms“ des „Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge“ spricht jede zweite in Deutschland lebende türkische Frau nach eigener Einschätzung nur schlecht oder gar nicht Deutsch. Das muss sich ändern. Und auch die 3,4 Millionen muslimischen SchülerInnen müssen eine echte Chance bekommen.

Thema im Forum diskutieren

Da kommt das neue KiWi/EMMA-Buch gerade recht. Alice Schwarzer hat die wichtigsten EMMA-Texte der letzten Jahre von Musliminnen, Islamwissenschaftlerinnen und anderen Expertinnen unter dem Titel „Die große Verschleierung“ herausgegeben. Das Taschenbuch erscheint am 23. September.

EMMAonline, 10.9.2010

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Alice Schwarzers Unbehagen über den Islam

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