Frauenfilmfestival in Köln
Der „Sandsturm“, der durch ein Beduinendorf am Rande der Negev-Wüste fegt, ist ein symbolischer: Er wird ausgelöst durch Layla, die in ihren Kommilitonen Anwar verliebt ist und glaubt, sie könne diese Beziehung auch leben - gegen den Willen ihres Clans. Aber ihr Vater verweigert die Zustimmung, genau wie Mutter Jalila. Dabei schluckt die gerade ihre Wut darüber hinunter, dass sie Gastgeberin auf der Hochzeit ihres Mannes ist – er heiratet seine Zweitfrau. Der Film der israelischen Regisseurin Elite Zexer eröffnet das diesjährige Internationale Frauenfilmfestival, das vom 19. bis 24. April rund 100 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme zeigt.
Filme aus Mexiko: verschwundene Frauen & ermutigende Mariachas
„Sandsturm“, der bereits den großen Preis der Jury des Sundance-Filmfestivals gewann, nimmt, gemeinsam mit sieben weiteren Filmen, auch teil am mit 10.000 Euro dotierten Debüt-Spielfilmwettbewerb des Festivals. In der Jury: Die deutsche Regisseurin Angelina Maccarone („Kommt Mausi raus?!“, „Fremde Haut“), die belgische Produzentin Marilyn Watelet, die zahlreiche Filme von Chantal Akerman produzierte sowie die mexikanische Drehbuchautorin und Regisseurin Ana Cruz Navarro. Mexiko ist diesmal der Länderschwerpunkt des Festivals. Es liegt auf der Hand, dass gleich mehrere der insgesamt neun Filme verschwundene Frauen zum Thema haben. Zum Beispiel der Spielfilm „Seguir Vivendo“ (Am Leben bleiben) über die Teenager Jade und Kaleb, deren Mutter in der berüchtigten Ciudad Juárez auf mysteriöse Weise verschwindet – wie vor ihr Hunderte anderer Frauen, die später ermordet aufgefunden werden.
Oder die Dokumentation „Tempestad“ (Sturm) über Frauenschicksale in einem Land, dass fest im Griff der Organisierten Kriminalität steckt. Aber es gibt auch kraftvoll Ermutigendes wie Doris Dörries „Dieses schöne Scheißleben“ über die mexikanischen Mariachas: Denn es gibt keineswegs nur männliche Mariachi, die mit Sombrero und Gitarre die traditionellen Lieder über Tod, Armut und unglückliche Liebe zum Besten geben – sondern auch Maria del Carmen und ihre Kolleginnen auf der Plaza Garibaldi.
Schwerpunkt beim FFF: Regisseurin Chantal Akerman
Einen Schwerpunkt widmet das Festival der großen Chantal Akerman, der „Pionierin des feministischen Films, die mit ihrem kompromisslosen Filmschaffen Generationen von FilmarbeiterInnen nachhaltig beeinflusst hat“. Die Avantgarde-Regisseurin und Tochter Holocaust-Überlebender hatte sich am 5. Oktober 2015 das Leben genommen. Das Festival zeigt Akermans ersten („Saute ma ville“) und letzten Film („No Home Movie“) sowie die biografische Dokumentation „I Don’t Belong Anywhere“ von Marianne Lambert. Leider fehlt Akermans Schlüsselwerk „Jeanne Dielman“.
Im Fokus „begehrt“ laufen auch diesmal wieder zahlreiche „queere“ Filme wie „La Belle Saison“ (Foto re) der Französin Catherine Corsini: Paris 1971. Der MLF (Mouvement pour la Libération des Femmes) tobt durch Straßen und Hörsäle. Mittendrin: Carole, die schon bald ihren Freund für die Bauerstochter Delphine verlässt. Als Delphines Vater von einem Schlaganfall ans Bett gefesselt wird, muss die Tochter zurück auf den Hof. Auf dem nicht ganz so frauenbewegten Land ist das Frauenpaar einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt.
Auch diesmal gibt es neben vielen Filmen ein umfassendes Rahmenprogramm. Zum Beispiel den kostenlosen Workshop: „Mehr Frauen für Wikipedia!“ Warum? „Weil nur etwa 10 Prozent der Wikipedia-Autoren weiblich sind. Das ist zu wenig.“
FrauenFilmFestival in Köln, 19. bis 24. April