8. März: Frauen in der Offensive!

Frauendemo in Ankara. - © imago
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Sie waren friedlich durch die Straßen gezogen und hatten für ihre Rechte demonstriert. Allen voran das Recht auf körperliche Unversehrtheit, denn in der Türkei ist das Risiko einer Frau, Opfer sogenannter Häuslicher Gewalt zu werden, zehn Mal höher als in den EU-Staaten (und da ist es bekanntlich schon hoch genug.) 

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Außerdem zieht sich die Schlinge für Frauen im Land des islamistischen Präsidenten Erdogan immer enger zu: Drei Kinder sollen sie nach Erdogans Willen mindestens gebären, ein Kopftuch sollen sie tragen und in Studentenwohnheimen soll Geschlechtertrennung herrschen. Die Proteste in Istanbul und Ankara endeten in Wolken von Tränengas. Die Polizei feuerte Gummigeschosse in die Menge, die panisch flüchtete.

Türkische Frauen demonstrierten für körperliche Unversehrtheit

Über all das dürfte in Brüssel der Mantel des Schweigens gebreitet werden. Dort, beim EU-Flüchtlingsgipfel, wird Präsident Erdogan nicht nur, aber auch von Kanzlerin Merkel umworben, damit er die „Flüchtlingskrise“ löst, sprich: die Flüchtlinge, inzwischen über die Hälfte Frauen, an der Weiterreise hindert.

Auch wenn die zunehmend bedrohliche Lage für die Türkinnen nicht mit der ihrer europäischen Schwestern zu vergleichen ist: Auch in Deutschland wachsen Fassungslosigkeit und Wut – sehr viele Frauen werden in diesem Jahr zum 8. März Proteste organisieren und auf die Straße gehen (nach dem Sektempfang bei der Gleichstellungsbeauftragten). Haben doch die Silvester-Vorfälle gezeigt, wie fragil die erreichten Rechte in Sachen Gleichstellung auch hierzulande sind – und dass sie verteidigt werden müssen. 

„Sexualisierte Gewalt verhindern!“ und „Patriarchat abschaffen!“ stand auf den Transparenten der rund 5.000 Frauen, die schon am Sonntag in Berlin demonstriert hatten. In Berlin, Köln und Frankfurt startet die Aktion „Nein zu Gewalt an Frauen!“. Die Forderungen: Die Bundesregierung muss das Sexualstrafrecht so ändern, dass das Prinzip „Nein heißt Nein!“ gilt und auch das sogenannte „Angrapschen“ endlich unter Strafe gestellt wird! 

Der Schutz von Frauen und Mädchen ist fundamental!

Außerdem fordern die Veranstalterinnen: „Flüchtlingsfrauen, in deren Herkunftsländern sexualisierte Gewalt oft an der Tagesordnung ist, dürfen in Deutschland, wo sie Schutz suchen, nicht das gleiche erleben. Der Schutz von Frauen und Mädchen in Lagern und Heimen ist fundamental. Aufklärung der Männer über die Grundwerte unserer Gesellschaft und deren zwingende Einhaltung ebenso. Die Gleichberechtigung der Geschlechter gehört dazu. Wer gegen das Grundgesetz verstößt, hat sein Gastrecht verwirkt. Es darf keine Scheuklappen geben, wesentliche Zusammenhänge zwischen Herkunft und Konfession eines Täters und seiner Straftat zu benennen.“ 

Auch in den lokalen Veranstaltungen geht es in diesem Jahr häufig um das Thema Flüchtlingsfrauen und ihr Schutz in den Unterkünften. Die Bundesregierung hat jüngst den verpflichtenden Schutz von Frauen und Kindern in den Flüchtlingsunterkünften im Asylpaket II gestrichen. Wie gesagt: Es gibt genug zu tun.

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8. März: Stoppt Frauenhass im Netz!

Amanda Todd: "Ich habe niemanden!"
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Der Frauenhass im Internet ist entfesselter denn je. Selbst die Vereinten Nationen sprechen von einer „Epidemie“, vergleichbar und im kausalen Zusammenhang mit der weltweit grassierenden realen (sexuellen) Gewalt gegen Frauen.

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Deshalb ruft die „No Hate Speech Bewegung“, eine Initiative des Europarats, in den Tagen vor dem Internationalen Frauentag am 8. März zu Aktionen gegen sexistische Hassrede auf. Im Internet wie in der realen Welt. Denn: „Sexistisch Hassrede zielt darauf, Frauen zu demütigen, ihren Ruf zu zerstören, sie verletzbar zu machen und zu verängstigen. Es handelt sich um eine Form der gesellschaftlichen Bloßstellung, die nur eine Message verbreitet: Frauen sind Menschen zweiter Klasse!“, so der Kampagnen-Blog „No Hate“.

Um mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren, schlägt die Initiative u.a. folgende Maßnahmen vor:

  1. Das Profilfoto auf Twitter und Facebook mit dem Kampagnen-Logo von „No Hate“ austauschen.

  2. Sexistische Hassrede auf dem Watch-Blog „No Hate Speech“ melden.

  3. Eine Video-Nachricht über eigene Erfahrungen mit Hassrede drehen und zur Veröffentlichung an „No Hate Speech Movement“ schicken.

  4. Die sogenannte „Frage des Tages“ auf der Facebook-Seite der Kampagne oder auf Twitter (@nohate_speech) beantworten und teilen. Die erste Frage kommt am 6. März

  5. Eine Petition an die Parlamentarische Versammlung des Europarates, an das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnen, die fordert, den 22. Juli zum „Europäischen Tag für Opfer von Hassrede“ zu erklären.

Der 22. Juli ist der Tag, an dem Attentäter Anders Breivik vor fünf Jahren in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordet hat. Sein Hauptmotiv neben christlichem Fundamentalismus und Fremdenhass: Der Frauenhass, genauer: der Hass auf Feministinnen. „Das Erstarken des Feminismus bedeutet das Ende der Nation und das Ende des Westens“, verkündete der Attentäter in seinem 1.500-Seiten langen „Manifest“, dass er vor seiner Tat im Internet veröffentlicht hatte. Der Schock über das Blutbad, dem viele jugendliche Frauen zum Opfer fielen, sitzt bis heute tief. Und Breivik in Norwegen ist kein Einzelfall. Sein Vorgehen zeigt auch, wie Online-Hass und Offline-Hass auf Frauen sich kausal bedingen, wie real die Konsequenzen einer virtuellen Drohung für die Opfer werden können - bis hin zum Tod.

Das bekamen auch die Frauen zu spüren, die auf Twitter Ziel der sogenannten „Gamergate“-Bewegung wurden, einer radikal-maskulistischen Männerbewegung innerhalb der Gaming-Szene. Unter den Betroffenen die Spiele-Analystin Anita Sarkeesian und die Entwicklerin Zoe Quinn, die nach Morddrohungen im Internet inklusive Veröffentlichung ihrer Adressen aus den eigenen Wohnungen flüchten mussten. Und #Gamergate war nur der Höhepunkt einer Hassspirale, die sich schon seit Jahren in der SpielerInnen-Community dreht.

Unbekannt hingegen ist die tatsächliche Anzahl der Mädchen und Frauen, die aus Scham schweigen über Hass im Netz in all seiner vielfältigen Form: Beleidigungen und Bedrohungen in Sozialen Online-Netzwerken. Doxxing, also das massenhafte Veröffentlichen privater Daten bzw. Fotos einer Person; beschafft durch den Hack eines Datenspeichers, durch Datendiebstahl. Rache-Pornos als die perfideste Form dieser neuen Methode der Demütigung im Internet.

Das bekannteste Opfer ist die eigentlich unbekannte kanadische Schülerin Amanda Todd. Sie hatte als 12-Jährige in einem Online-Video-Chat mit einem unbekannten Mann ihren Oberkörper entblößt. Der speicherte ein Bild davon und verbreitete es schließlich im Netz und in Amandas Umfeld. Die Teenagerin wechselte mehrfach die Schule – aber das Bild war immer schon vor ihr da. Das Mobbing der MitschülerInnen ging immer wieder von vorne los. Amanda war erst 15 Jahre alt, als sie schließlich Selbstmord beging. Vorher verabschiedete sie sich mit einer erschütternden Video-Botschaft. Dieses Video steht bis heute auf YouTube, es ist quasi das erste Mahnmal der Internetgeneration: Seht her, wo der Hass hinführen kann.

 

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