Amira Mohamed Ali: Die Baumeisterin

Foto: Jens Schicke/IMAGO
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Wer Sahra Wagenknecht ist, weiß inzwischen jeder und jede. Aber wer ist die Frau neben ihr, die mit den markanten schwarzen Locken? Wer ist Amira Mohamed Ali?

Die gebürtige Hamburgerin, Jahrgang 1980, ist in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Ihr Vater stammt aus Ägypten. Die Eltern waren SPD-Wähler, haben sich mit der Sozialdemokratie aber wegen Schröders Agenda-Politik überworfen. Der Linken trat Mohamed Ali 2016 bei, nachdem sie bereits einige Jahre als Juristin für einen Automobilzulieferer gearbeitet hatte. Damals, sagt sie im Gespräch, sei die Linke jene Partei gewesen, die „die Themen, die mir bis heute wichtig sind, am glaubwürdigsten verkörpert hat“: soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, gute Löhne, gute Renten.

Zuletzt war Mohamed Ali Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag, wo sie erfolglos versuchte, zwischen dem „Wagenknecht-Flügel“ und den „anderen“ zu vermitteln: „Als es den Beschluss des Parteivorstandes gab, dass Sahra nicht mehr in der Partei sein sollte, war für mich aber das Maß voll“, sagt sie heute. Nun will Amira Mohamed Ali das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als seriöse Alternative für Menschen etablieren, die genug haben von den herrschenden politischen Verhältnissen; auch durchaus für solche, die nicht aus Überzeugung, sondern aus Frust ihr Kreuz bei der AfD machen.

Während die eine Co-Vorsitzende, Wagenknecht, dafür als Lautsprecherin durch die Talkshows tingelt, ist die andere Co-Vorsitzende, Mohamed Ali, als Baumeisterin dafür zuständig, einen Mittelweg zu finden zwischen Aufbruch und Nachhaltigkeit. Denn wie das so ist mit neuen Parteien, es müssen nicht nur Unterstützer gefunden und Strukturen aufgebaut werden. Es soll auch verhindert werden, dass das BSW zum Anlaufpunkt wird für allerlei Verrückte, Extreme, Egozentriker.

Das BSW tritt, vereinfacht ausgedrückt, für eine eher konservative Migrations- und Sicherheitspolitik sowie für eine eher linke Wirtschafts- und Sozialpolitik ein. Man will Migration begrenzen, aber auch den Einfluss der Großkonzerne. Und vor allem: Das BSW ist klar gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland.

Das Thema Feminismus spielt beim BSW bisher eine, gelinde gesagt, untergeordnete Rolle. Im Wahlprogramm zur Europawahl steht dazu – gar nichts. Wer Mohamed Ali aber danach fragt, bekommt auch Antworten: „Der Feminismus, mit dem ich mich identifiziere, ist eine Bewegung, die gegen Unterdrückung kämpft.“ Dazu gehöre der Kampf für Lohngerechtigkeit und ein selbstbestimmtes Leben – und gegen einen „progressiven Neoliberalismus“.

„Viele Menschen haben genug von einem Feminismus der oberen Zehntausend, bei dem etwa Geschlechterparität in Dax-Vorständen als großer Wurf verkauft wird“, sagt Mohamed Ali und fügt hinzu: „Der überwältigenden Mehrheit der Frauen wäre mit höheren Löhnen oder Renten deutlich mehr geholfen als mit der übertriebenen Empörung über einen sexistischen Witz oder wenn jemand keine geschlechtergerechte Sprache verwendet. Die Probleme spielen einfach nicht in der gleichen Liga.“

Auch das sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ sieht die BSW-Vorsitzende kritisch: „Ich teile die Auffassung von Alice Schwarzer: In bestimmten Milieus, vor allem in den Großstädten, ist die sonst verbreitete und selbstverständlich abzulehnende Transfeindlichkeit einer regelrechten Trans-Mode gewichen.“ Man müsse, so Mohamed Ali, „junge Menschen auch davor schützen, von bestimmten irreversiblen Eingriffen in ihren Körper leichtfertig Gebrauch zu machen“. Viele woke Genossen ihrer ehemaligen Partei würden der Co-Vorsitzenden des BSW hier wohl vehement widersprechen. Aber Amira Mohamed Ali macht jetzt ihr eigenes Ding – mit Sahra Wagenknecht und ohne die Linke.

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