Kerber: Das Spiel ihres Lebens!

Artikel teilen

Hochmut scheint nicht ihre Sache zu sein. Jedenfalls hat sich Angelique Kerber gewundert, dass ihr, als sie gestern das Flugzeug von Melbourne nach Frankfurt bestieg, tosender Applaus entgegenbrandete. „Die erkennen mich jetzt alle“, erklärte sie etwas erstaunt dem Journalistenpulk, der die Gewinnerin der Australian Open heute Morgen um kurz vor sechs im Frankfurter Flughafen in Empfang nahm.

Anzeige

In der Tat. Die Zeiten, in denen vor allem Tennis-Fans die 28-jährige Spielerin kannten, sind endgültig vorbei. 17 Jahre ist es her, dass eine Deutsche einen Grand-Slam-Titel gewann, nämlich die große Steffi Graf die French Open. Ein deutscher Sieg bei den Australian Open liegt sogar noch länger zurück, nämlich 22 Jahre. Auch diesen Titel holte Steffi Graf.

Du bist der Wahnsinn! Ich möchte dich heiraten! 

Und jetzt also Angelique Kerber mit ihrem historischen Sieg. Gegen Serena Williams, die mit einem Abstand von rund 4000 Punkten die Weltrangliste anführt (also fast doppelt so vielen wie die Weltranglistenzweite). Kerber müsse „das Spiel ihres Lebens“ machen, und selbst das würde vermutlich nicht reichen, hieß es im Vorfeld. Kerber machte das Spiel ihres Lebens – und es reichte!  

„Ich habe einfach an mich geglaubt“, erklärte die überglückliche Siegerin nach dem Match. Erstaunlicherweise machte auch Verliererin Serena Williams keinen unglücklichen Eindruck, sondern gratulierte ihrer Bezwingerin in schwesterlicher Eintracht. Selten war die Stimmung auf dem Court nach einem Finale so ausgelassen. „Sie ist nicht nur ein Champion, sondern auch eine tolle Person“, erklärte Kerber dann später auf dem Siegerinnen-Podest. 

Die Freude bei Kerber war auch deshalb so groß, weil sie für diesen Sieg so lange hat arbeiten müssen. Während Steffi Graf schon mit 18 ihr erstes Grand-Slam-Turnier gewann, musste Angelique Kerber zehn Jahre länger auf den Durchbruch warten. Dabei stand auch sie schon im zarten Alter von drei Jahren auf dem Platz. Die Familie wohnte in Kiel direkt über der Tennishalle, in der der polnische Vater Slawek als Trainer arbeitete. Auch die Großeltern sind vom Fach. Sie betreiben eine Tennisanlage in Puszczykowo, einer kleinen Stadt bei Posen, wohin die Enkelin mit den beiden Staatsbürgerschaften inzwischen ihren Wohnsitz verlegt hat.

Faszinierend, wie uner-
schrocken Sie sich durch-
gesetzt haben!

Nach dem sensationellen Sieg von Melbourne gratulierte Tennis-Legende Martina Navratilova ebenso wie Bastian Schweinsteiger und mit ihm die halbe Fußball-Nationalmannschaft der Männer. Auch Kanzlerin Merkel war bei den GratulantInnen: „Es war faszinierend, wie unerschrocken und nervenstark Sie sich im Finale gegen die wohl beste Spielerin der Welt durchgesetzt haben.“ Der interessanteste Glückwunsch dürfte allerdings der von Tennis-Kollegin Andrea Petkovic gewesen sein: „Angelique. Du bist der Wahnsinn. Ich möchte dich heiraten.“ Über die Antwort von Angelique Kerber auf den Antrag ist nichts bekannt.

Nach einem Zwischenstopp in Frankfurt reiste Kerber gleich weiter zu den Großeltern. Die Pause währt nur kurz. Am Mittwoch stößt die Sensations-Siegerin zum deutschen Fed-Cup-Team, das ab Freitag in der Schweiz antritt. Und die nächste Begegnung der nun Weltranglistenzweiten mit Serena Williams dürfte im Sommer bevorstehen: bei der Olympiade in Rio. 

Artikel teilen
 
Zur Startseite