Anja Plaschg: Will alles

Anja Plaschg macht als "Soap & Skin" Musik - und spielt jetzt im Film "Des Teufels Bad" die Hauptrolle. - FOTO: Alex Janetzko
Artikel teilen

Eigentlich hätte sie nur den Soundtrack komponieren sollen. Aber Anja Plaschg war derart vom Drehbuch zum Film zu „Des Teufels Bad“ fasziniert, dass sie am Casting-Prozess teilnahm – aus dem sie schließlich als Hauptdarstellerin hervorging. Das beklemmende Historiendrama aus dem 18. Jahrhundert kommt jetzt in die Kinos. Plaschg spielt darin Agnes, eine gläubige, frisch verheiratete Bäuerin. Sie ist eine hochsensible, verzweifelte Außenseiterin, die mit der Enge der dörflichen Welt nicht zurechtkommt. Wie Plaschg diese leidende Frau anlegt, schnürt einem die Kehle zu.

Anzeige

Sie hat jede Menge Humor - wenn auch einen recht abgründigen

Dabei ist die Agnes erst die zweite Rolle der Musikerin: Für den Salzburger „Jedermann“ hat sie im vergangenen Festspielsommer die Rolle des Glaubens übernommen. Um sich auf die Rolle der Agnes vorzubereiten, hat sie sich weniger auf die Schauspielausbildung konzentriert – sie scheint mit ihrer markanten Präsenz ohnehin ein Naturtalent zu sein. Stattdessen wollte sie in die katholische dörfliche Welt eintauchen, die ihr ohnehin nicht fremd war. Sie arbeitete auf Bauernhöfen und schlachtete sogar Hühner. Der Film spielt die meiste Zeit im Winter. Um sich auf die Kälte vorzubereiten, nahm Anja Plaschg Eisbäder. Sie macht eben keine halben Sachen. Wenn sie etwas angeht, dann mit Haut und Haaren. 

Die aktuelle November/Dezember-EMMA gibt es am Kiosk und im www.emma.de/shop
Die aktuelle November/Dezember-EMMA gibt es am Kiosk und im www.emma.de/shop

„Dunkle Prinzessin“ nannte der Spiegel sie 2009. Gerade war das erste Album der 18-jährigen Anja Plaschg erschienen und das Magazin verglich in einem großen Porträt die Musik des österreichischen Shootingstars, die sich als Sängerin Soap & Skin nannte, mit Gesangsgrößen wie Kate Bush oder Nico.

Ihr schwermütiger Electro-Sound und ihre sanften Klavierstücke waren von einer Stimme begleitet, die nicht von dieser Welt zu sein schien: Mal klang sie sphärisch zart, im nächsten Moment wurde daraus ein verzweifelter Schrei, der durch Mark und Knochen ging. Die junge, introvertierte Frau mit einem Hang zum Düsteren war eine perfekte Projektionsfläche: Auch privat meist schwarz gekleidet, wurde sie zur gefeierten Schmerzensfrau. 

Sie selbst hat sich von diesen verkitschten Zuschreibungen, wie morbide sie sei, distanziert. Mittlerweile hat sie einen Weg gefunden, die Öffentlichkeit nicht zu scheuen, aber sich selbst treu zu bleiben. Langsam und bedächtig antwortet sie in Interviews. Sie spricht leise. Aber öfter blitzt auch ihr schräger Humor auf. 

In der österreichischen Unterhaltungs-TV-Show „Willkommen Österreich“ etwa präsentierte einer der Moderatoren ein Foto von einer Torte, die Plaschg auf eine Geburtstagsparty mitgebracht hatte: Diese sah absolut realistisch wie ein übervoller Aschenbecher aus. Plaschg betonte, man hätte auch die „Tschick“, wie man in Österreich zu Zigaretten sagt, essen können. Die graue Fülle nannte sie „Lungenkrebscreme“. Dieses Beispiel zeigt: Anja Plaschg hat jede Menge Humor – freilich auch ziemlich abgründigen. 

Ihre Biografie liest sich wie ein modernes Märchen: Geboren 1990 in einem 200-Seelen-Dorf in der Steiermark, der Vater betreibt einen Schweinemastbetrieb, die Tochter beginnt mit sieben Jahren Klavier zu spielen. Mit 14 schreibt sie erste Lieder, mit 16 geht sie nach Wien. Landet an der Kunstakademie in der Klasse von Malerstar Daniel Richter. Aber statt zu malen, macht sie lieber Musik. 2009 erscheint das erste, gefeierte Album: „Lovetune for Vacuum“.

Ihre Biografie liest sich wie ein modernes Märchen - mit Happy End

Heute lebt die mittlerweile 34-Jährige als Alleinerziehende mit ihrer zehnjährigen Tochter Frieda in Wien. Drei Alben sind bisher erschienen, das nächste – „Torso“, ein Album mit Cover-Versionen – kommt im November heraus. 

Nun hat Plaschg Neuland betreten als Schauspielerin. „Des Teufels Bad“ nannte man im Volksmund Depressionen und Todessehnsucht. Ja, sagt die Steirerin, sie könne zu diesem Thema aus einem gewissen Erfahrungsschatz schöpfen. Ihr Gegenmittel? Sie könne gut kochen und backe eben Torten. „Wenn ich aus der Realität ausbrechen will, arbeite ich drei Tage lang an einer Torte“, verrät sie. „Ich mache dann nur das.“ Zum Beispiel eine Aschenbecher-Torte.   

Artikel teilen
 
Zur Startseite