Anna Kaminsky: Wir DDR-Frauen
Ich bin 1962 geboren und ganz selbstverständlich damit aufgewachsen, dass ich die gleichen Rechte habe wie meine Mitschüler und ihnen in nichts nachstehe. In Maxie Wanders „Guten Morgen, du Schöne“, in den Büchern von Irmtraud Morgner, Brigitte Reimann oder Helga Schuberts Beschreibung ihrer alleinstehenden Freundinnen fand ich Rollenvorbilder. Doch mit Emanzipation im Sinne von Befreiung aus Unmündigkeit und Unfreiheit hatte all das wenig zu tun. Die DDR brauchte schlichtweg die Arbeitskraft der Frauen, die seit den 1950er-Jahren mit immer neuen Kampagnen mobilisiert wurde. Zwar sollten Frauen aus der Abhängigkeit vom (Ehe)Mann gelöst werden. Sie sollten aber auf jeden Fall abhängig vom Staat und den Männern bleiben, die in ihm das Sagen hatten.
Während wir täglich mit den Widersprüchen im realen Sozialismus konfrontiert waren, lernten wir, dass der „faulende Kapitalismus“ in allen Fragen reaktionär und rückschrittlich war – natürlich auch in der Frauenfrage. Frauen dort seien unterdrückt – nicht nur vom kapitalistischen System, sondern auch von ihren Männern. Frauen müssten ihre Männer fragen, ob sie arbeiten gehen dürften, die Männer seien die „Haushaltsvorstände“ und würden den Frauen das Haushaltsgeld abzählen. Viele Frauen im Westen würden sich nach den Verhältnissen in der DDR sehnen – und wir alle sollten der DDR und ihrer führenden Partei dankbar sein für die Lebensverhältnisse und Chancen.
Doch entgegen der Propaganda hatten wir vom Leben im Westen genaue Vorstellungen: DER Westen war für viele von uns Sehnsuchtsort und Messlatte. Doch mit DEM Feminismus, wie wir ihn zu kennen glaubten, konnten wir nichts anfangen. In unserem Leben gab es ohnehin schon zu viele Ismen und Dogmen. Ich habe noch die Gespräche im Ohr, wenn sich meine Mutter mit ihren Freundinnen darüber lustig machte, dass für Frauen im Westen sexuelle Fragen offenbar zu wichtig waren. Sexuelle Befreiung war kein Thema, wenigstens in diesem Bereich fühlten wir uns frei. (...)
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