Konzert für Frauenhäuser

Anders als alle Rapper: die Antilopen Gang.
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„Trenn dich!“ heißt die neue Single der Antilopen Gang. Für Frauen oft leichter gesagt als getan. Dessen ist sich die offen feministische Rapper-Gang aus Düsseldorf sehr wohl bewusst: „In unserem Song geht es um eine der wichtigsten emanzipatorischen Errungenschaften der Moderne, die Möglichkeit zur Trennung“, sagt Rapper Danger Dan. Zur Song-Veröffentlichung wolle die Band daher ein Zeichen der Solidarität mit Frauen setzen, für die eine Trennung der einzige Ausweg aus grauenvollen, gewalttätigen Beziehungen sei. Alle Einnahmen des Konzerts am 5. April in Düsseldorf gehen an die beiden dortigen Frauenhäuser. Denn auch dort ist, wie überall, die finanzielle Situation desolat (EMMA berichtete).

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Solidarität
mit Frauen
in Not

Außerdem bezieht das Rapper Trio erneut mutig Stellung gegen die eigene Szene, rechnet mit Rappern wie Kollegah, Farid Bang oder Fler ab. Denn letztere machen Stimmung gegen die #unhatewomen-Kampagne, in der Frauen Auszüge aus deutschen Rap-Songs vorlesen, um deutlich zu machen, wie viel Frauenverachtung darin steckt. Rapper Fler hatte nach einer Instagram-Diskussion eine Kritikerin massiv bedroht und sogar ein Kopfgeld ausgesetzt für den, der „die Nutte ranbringt“. Die Antilopen-Gang schreibt dazu auf ihrem Instagram-Account: „Während die üblichen Dummkopfrapper mit unerträglichen Reaktionen auf die #unhatewomen-Kampagne auffallen, möchten wir mit euch gemeinsam ein Zeichen der Solidarität mit Frauen in Notsituationen setzen.“

Für Danger Dan und die Antilopen Gang ist der Frauenhass der Rap-Szene ein Armutszeugnis für Deutschland. Warum sind sie anders? „Als Vater einer Tochter / Hab ich auf die meisten Rapper einfach gar keinen Bock mehr / Eure gut gemeinten Liebeslieder sind das Hinterletzte / Ich hab keine Zeit für so 'ne Scheiße, ich muss Windeln wechseln“ rappt er in dem Song „Sand in die Augen“.

Keine Zeit für Scheiß, muss Windeln wechseln

Danger Dan ist also Vater einer Tochter und nicht zu cool, um in Interviews zu erzählen, wie er mit ihr „Eisprinzessin“ spielt und bei sexistischer Werbung wütend wird. „Ich war schon Feminist, als ich noch keine Tochter hatte“, sagt Danger Dan. In der Tat prangert er im Trio „Antilopengang“ schon lange den Frauenhass im Hiphop an, kritisiert Machogehabe, sexualisierte Gewalt, Antisemitismus und Islamismus. Mit ihren Lines „Das Frauenbild von Rappern ist so fortschrittlich wie Kopftücher / Nähm ich euch noch ernst, bräuchte ich dauernd eine Kotztüte.“ oder „Die meisten Judenhasser sind Islamversteher“ machten sich die Antilopen bei Linken und anderen Rappern nicht gerade beliebt.

Danger Dan, 1983 als Daniel Pongratz geboren, kommt nicht aus dem Getto (wie übrigens kaum einer der erfolgreichen deutschen Rapper), sondern aus einer Aachener Pädagogen-Familie. Beide Eltern waren in der Friedensbewegung aktiv. Daniel hat drei Brüder, einer davon ist sein Bandkollege Panik Panzer, alias Tobias. Seine Jugend beschreibt der Rapper als „schwierig“, trotz Pädagogik-Professor-Vater sei er von mehreren Schulen geflogen, war ein typischer „Hiphop-Atze“ mit gewaltaffinen Freunden.

Musik war schließlich Daniels Ausweg aus der Einbahnstraße. Er spielte in mehreren Punk-Bands, arbeitete als Pianist. Musik ist bis heute seine Therapie und Sprache geblieben – zur Freude aller Hiphop-Fans, die bei Kollegen wie Kollegah, EMMAs Sexist Man Alive 2019, das große Kotzen kriegen.

Antilopengang: Abbruch Abbruch (JKP/Warner), Tourdaten: antilopengang.de

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Kollegah: Sexist Man Alive 2019

Foto: Frank Hoensch/Redferns/Getty Images
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Hey Kollegah,

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auch Dubisguterjunge, klar. Rappst fleißig seit 16 Jahren, schreibst steile Lines, willst die Welt verbessern und hast schon zehn Hip-Hop-Awards kassiert, plus drei Echos (auch wenn der letzte 2018 Ärger gemacht hat). Aber jetzt, Kollegah, kommt die Krönung: Der Sexist-Man-Alive-Award 2019 von EMMA! Du bist der erste Preisträger. Freust du dich?

Nein, nein, keine falsche Bescheidenheit. Dein Erfolg gibt dir schließlich recht, oder? Dich hören auf Spotify einemillion­drei­hundertsiebenundsechzigtausend (1.367.000) Fans. Und auf Instagram hast du einemillionachthunderteinund­dreißig­tausend (1.831.000) Follower. Damit trägst du voll zur Hebung des schwächelnden Bildungsniveaus bei – auch wenn Eltern und Pädagogen davon nichts mitzukriegen scheinen.

Der EMMA-Award "Sexist Man Alive" geht 2019 an Kollegah!
EMMA-Award "Sexist Man Alive" für Kollegah!

Die Kids vergöttern dich. Denn du zeigst es „denen da oben“ so richtig. Dafür kommst du von ganz unten. Keiner ist so sexistisch, so homophob und so antisemitisch wie du.

So mancher meint, das mit dem Antisemitismus wäre ein Ausrutscher. Von wegen, Alter! Das hat System. Denn nach deiner katholischen Kindheit im Hunsrück bist du mit 15 zum Islam konvertiert. Wie das? Dein neuer Stiefvater ist Algerier „und da lag der Koran bei uns zuhaus rum“. Folge: Erleuchtung!

Heute bist du nicht nur gläubig, du bist schriftgläubig. Den Koran, „das Wort Gottes“, kennst du „fast auswendig“. Fünf Mal am Tag Beten gehört gewiss dazu. Vermutlich am liebsten mit deinem Bruder Farid Bang. Der rappt mit dir die Line: „Mach dein Bahnhofsgetto zu Charlie Hebdo.“ Im Klartext: Auch an deutschen Bahnhöfen einfach mal alle niederballern!

Deine Feinde, Kollegah, sind „die Rothschilds“, deine Freunde die Palästinenser. 2016 bist du zu ihnen gereist. Für dich ist klar: Die „Endschlacht“ (oder die Endlösung?) zwischen Gut und Böse wird „in Jerusalem“ stattfinden. Damit auch noch der Naivste versteht, hast du in einem Interview mit HipHop.de den Umgang Israels mit den Palästinensern mit dem Holocaust verglichen.

Die Mainstream-Medien sehen das kritisch. Man habe den „Eindruck einer gruseligen Mischung aus Gewissens- und Verantwortungslosigkeit, gepaart mit geschäftlichem Kalkül und verblüffend trotziger Dummheit“, schrieb die Süddeutsche Zeitung.

Schnell gerafft, wie man als "Boss der Bosse" abkassieren kann

Dumm? Wissen die etwa nicht, dass du früher mehrere Bücher des türkischen Kreationisten und Holocaustleugners Harun Yahya übersetzt hast?

Und da wäre noch etwas, was nicht vielen, aber doch uns EMMAs sauer aufstößt und womit du dir den Sexist-Man-­Alive-Award verdienst: dein Sexismus. Denn klar, Frauen sind für dich „Fotzen“, „Huren“ und „Bitches“. Das tönt dann so auf deinem letzten Echo-prämierten(!) Album 2017: „Dein Chick ist ne Broke-Ass-Bitch, denn ich fick sie, bis ihr Steißbein bricht /Dieses Album kommt, weil ihr wieder Ansagen braucht /Fuck mich ab und ich ficke deine schwangere Frau / Danach fick‘ ich deine Ma, die Flüchtlingsschlampe.“ Und schon 2006: „Kid, ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Nein, ich habe noch nie ne minderjährige Bitch missbraucht.“ Mega, dass du auch die Schwulen nicht vergisst: „Ich komm mit ner Horde Hunde plus Zuhältern, die dich ermorden, Tunte.“

https://www.youtube.com/watch?v=06DE6qkBkxM

Doch wenn du einer den Hof machst, hältst du ihr die Türe auf. Das zumindest rätst du als Frauenversteher deinen Fans. Seit 2011 hast du „eine Verlobte“, heißt es. Aber es hat sie noch nie jemand gesehen. Ob du der zuhause auch die Tür aufhältst – oder die Tür eher zusperrst? Denn „Frauen wollen vom Mann geführt werden“, wie du weißt, und dein „Wort Gottes“ gebietet ja, dass eine anständige Frau das Haus nicht ohne ihren Mann verlässt. Und da du meist auf Tour bist oder mit netten Kumpels wie Bruder Farid abhängst …

Wie sie wohl aussieht, deine Verlobte? Ist sie verschleiert? Darfst etwa nur du sie sehen? Entschuldige, wir wollen dir nicht zu nahe treten. Das sind nur Fragen, die uns so durch den Kopf gehen. Am liebsten würden wir deinen Sexist-Man-Alive-Award deiner Verlobten übergeben, denn die trägt das ja alles mit. Oder kennt sie nur den Felix Blume? Der Felix, der mit 17 einen Malwettbewerb in der Schule gewonnen und mit 25 ein Jura-Studium begonnen hat? Der aber dann schnell gerafft hat, wie leicht man als „Zuhälter“, „Imperator“ und „Boss-der-Bosse“ abkassieren kann. Sag uns Bescheid, Kollegah, wo wir dir den Preis übergeben dürfen.

Es grüßen die Fotzen, Huren und Bitches von
EMMA

Aktualisiert am 16.11.2019: Shahak Shapira machte uns auf  eine missverständliche Formulierung aufmerksam: Die Zitate "Kid, ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Nein, ich habe noch nie ne minderjährige Bitch missbraucht." und "Ich komm mit ner Horde Hunde plus Zuhältern, die dich ermorden, Tunte." werden dem Jahr 2017 zugeordnet. Sie stammen aus dem Jahr 2006. Wir berichtigen das gerne.

 

Hier geht es zu den Pressereaktionen auf den EMMA-Award.

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