Dreimal hat die Kieferorthopädin Dr. Gabriele Schütz, geborene Schütz, ihren Namen schon geändert. Beim ersten Mal hatte sie noch gar nicht drüber nachgedacht, "weil ich jung war und mein erster Mann es als selbstverständlich ansah, dass wir seinen Namen als Familiennamen übernehmen". Die Ehe ging schief, die Scheidung zog sich hin, und Gabriele Schütz, die inzwischen eine Praxis aufgemacht hatte, beantragte nun einen Doppelnamen, "um wenigstens ein Stück der eigenen Identität wiederzubekommen". Nachdem die Scheidung durch war, legte sie den ungeliebten Mannesnamen wieder ab und führte die Praxis weiter unter ihrem "Mädchennamen" Schütz. Dreimal Pass und Papiere ändern, dreimal neues Briefpapier drucken, dreimal neue Praxisschilder anfertigen lassen: In der schwäbischen Kleinstadt Tübingen bekamen die Leute zwangsläufig mit, dass Frau Doktor mal wieder ihren Familienstand geändert hatte.
Als sich Gabriele Schütz 1988 entschloss, ein zweites Mal vor den Traualtar zu treten, hatte sie die Umtauferei gründlich satt. Mit ihrem zukünftigen Mann sprach sie über die Möglichkeit, ihren Namen als Familiennamen ins Stammbuch eintragen zu lassen. Ulrich Fellnerfand das Anliegen berechtigt, brachte es aber auch nicht fertig, auf seinen Namen ganz zu verzichten. So ging das Paar aufs Standesamt und erklärte dem Beamten, dass es sich nicht für einen gemeinsamen Familiennamen entscheiden könne. Was nun? Der Standesbeamte trug, getreu der Gesetzeslage, trotzdem den Namen des Mannes als Familiennamen ein. Im Zweifelsfalle zu seinen Gunsten.
Der Fall der Gabriele Schütz und des Ulrich Fellner hat jetzt für spektakuläre Schlagzeilen gesorgt. "Sieg für die Frauen" jubelte das "Hamburger Abendblatt" in großen Lettern auf der ersten Seite und widmete dem Thema Namensrecht gleich drei Artikel. "Endlich!", kommentierte die "Süddeutsche Zeitung", "längst überfällig" die christlich-konservativ orientierte "Kölnische Rundschau", und auch die "Frankfurter Rundschau" befand, ein männliches Privileg sei nun abgeschafft. Dem "Spiegel" war es immerhin zweimal eine Seite wert - nur der "stern" verlor bis jetzt kein Wort über diesen Meilenstein der Emanzipation. Und die alte Tante FAZ führte sich eher auf wie ein vergrätzter alter Onkel: Es gebe schließlich Wichtigeres, moserte der Kommentator, bisher sei schließlich noch kein Elend in die Welt gekommen, weil ein Kind nach seinem Vater Müller geheißen habe.
Doch die FAZ ist auf verlorenem Posten. Einhellig positiv kommentierte die Mehrheit der Medien eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die für Frauen ein gewaltiger Schritt auf dem langen Weg zur Gleichberechtigung ist: Wenn Eheleute sich nicht auf einen gemeinsamen Namen einigen können, darf ab jetzt nicht mehr automatisch der Name des Mannes in die Heiratsurkunde eingetragen werden.
Sie waren die ersten, die beim Verfassungsgericht klagten: Andrea Mrazek und Gottfried Rokita, von Beruf Jurist (rechts). "Beide Namen", so argumentierten sie, "sind prinzipiell gleichwertig, so wie die Personen, die sie führen." - Davon hörten EMMA-Autorin Kerstin Klamroth und ihr Freund Arnd Brummer (rechts außen an der Hochzeitstorte).
Gabriele Schütz und Ulrich Fellner hatten Glück. Noch vor sieben Jahren war das Thema Namensrecht allenfalls eine Meldung wert und hätte vermutlich auch das Hohe Gericht anders entschieden. Dass sich in diesen sieben Jahren das Bewusstsein in dieser Frage auch bei einigen Männern verändert hat, dass Richter und Politiker es sich heute nicht mehr so einfach leisten können, auch in dieser Sache an dem Willen der Frauen vorbeizugehen - das ist kein Zufall, sondern Ergebnis eines zähen Kampfes.
Mitwirkende in den Kulissen: ein engagierter Amtsrichter, einige aufmüpfige Ehepaare und eine unerschrockene Bundestagsabgeordnete. Die Geschichte dieses Feldzuges für das Recht der Frauen auf ihren eigenen Namen ist ein Lehrstück dafür, wie Recht mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen auch Recht werden kann. Darum sei sie hier erzählt.
Udo Hochschild, heute 44 Jahre alt und Amtsrichter in der Universitätsstadt Tübingen, war, wie er selbst sagt, noch "ein typischer Mann", als er 1972 heiratete. Damals war es selbstverständlich, dass Frauen bei der Eheschließung den Namen ihres Mannes übernehmen, es gab rechtlich gar keine andere Möglichkeit. Um so erstaunter war Hochschild, als ihm seine Frau kurz vor der Hochzeit erklärte, dass sie diese Regelung "eigentlich für empörend" halte. Fortan war der Jurist für das Thema Namensrecht sensibilisiert, "weil es mich interessierte, warum der Staat selbst in kleinen Dingen seine Bürger bevormundet". Hochschild las sich quer durch die juristische Literatur und stellte fest, dass hier etwas als "Naturgesetz angesehen wurde, was gar keins war".
Jahre später, 1984, kam das deutsch-österreichische Ehepaar Gottfried Rokita und Andrea Mrazek zu dem schwäbischen Amtsrichter. Inzwischen hatte der Gesetzgeber erlaubt, dass auch der Name der Frau Ehename werden konnte. Aber die beiden wollten sich mit dem Zwang zu einem gemeinsamen Ehenamen nichtabfinden, sondern ihre eigenen Namen behalten. "Denn beide Namen sind prinzipiell gleichwertig, so wie die Personen, die sie führen", so argumentierte der gelernte Jurist Gottfried Rokita zusammen mit seiner Frau. "Jede Ehe als Lebensgemeinschaft zweier Individuen schafft jedoch genügend sachbezogene Entscheidungszwangslagen, sie benötigt keinen von außen oktroyierten Prüfstein."
Rokita/Mrazek stachen damit in ein Wespennest. Noch bei der Namensrechtsänderung 1976 hatten auch sozialdemokratische Politikerin"! Rechtsausschuss ernsthaft diskutiert, ob man Ehepaaren, die sich nicht für einen gemeinsamen Namen entscheiden können, die Heirat nicht einfach verbieten sollte, da sie offensichtlich noch nicht reif für die Familie seien. Die sozialliberale Koalition entschied sich dann für eine ebenso einfache wie ungerechte Lösung im Konfliktfall. Grundgesetz ("Männer und Frauen sind gleichberechtigt") hin oder her: Trifft das Paar keine Bestimmung, so der Gesetzestext, wird automatisch der Name des Mannes ins Stammbuch eingetragen.
Diese gegen das Gleichheitsgebot der Verfassung verstoßende Bestimmung des § 1355, Absatz 2, Satz 2 wurde noch vor 15 Jahren mit der "deutschen Rechtstradition" und dem "gesellschaftlichen Usus" begründet. In einem der führenden Kommentare zum Bürgerlichen Gesetzbuch
(BGB) hieß es: "Der Frau ist ein Namens-
wechsel im Zweifel eher zumutbar, da sieals
die zumeist Jüngere vor der Heirat weniger lang im Berufsleben stand, nachher zur Versorgung der Kleinkinder oft einige Jahre aus dem Beruf ausscheidet sowie überdies in ihm häufig weniger hohe Positionen einnimmt als im Durchschnitt der Mann." Alles klar: Da wird dann die Benachteiligung der Frau zum Grund für ihre weitere Benachteiligung.
Dabei hat die Namensregelung zu seinen Gunsten keinesfalls Tradition. Juristinnen wie Erna Scheffler haben bereits 1960 darauf hingewiesen, "dass die Familie Jahrtausende ungefährdet bestanden hat, ohne dass es überhaupt so etwas wie Familiennamen gab". Bei den Ägyptern gab es überhaupt keine Familiennamen, sondern nur Vornamen - und wurde, von Fall zu Fall, bei Kindern mal der Vorname der Mutter, mal der des Vaters mit erwähnt. Bei den alten Römern behielten die Frauen selbstverständlich ihren Namen bei der Eheschließung.
Im Mittelalter knüpften Familiennamen häufig an den Wohnsitz an, so dass zum Beispiel ein Jörg zur Mühle, der zu einer Anna an den Bach zog, künftig Jörg Ambach hieß. Erst als im 17. Jahrhundert die Berufe namensbestimmend wurden, büßten die häufig "nur" im Familienbetrieb (wie auf dem Hof oder in der Schmiede) tätigen Frauen ihren eigenen Namen ein.
Die erste Formulierung bürgerlichen Rechts, das Preußische Allgemeine Landrecht aus dem Jahr 1794, raubte Frauen, die nun weitgehend aus dem öffentlichen Leben verbannt waren, dann auch in aller Form juristisch die eigene Identität: Ihr Name geht seither im Namen des Mannes auf. Sie, die Unsichtbare, durfte großzügigerweise an Namen und Status von ihm teilhaben.
Abfinden konnten die Frauen sich damit nie. Schon vor hundert Jahren polemisierte die erste Frauenbewegung heftig dagegen. Erfolglos. Knapp weitere hundert Jahre später griff die Neue Frauenbewegung den Skandal der weiblichen Namenlosigkeit wieder mit Verve auf. Zwölf Jahre nach dem ersten Anstoß der Feministinnen machte Richter Udo Hochschild das Anliegen des Paares Rokita/Mrazek zur Verfassungsfrage. Und wegen der Besonderheit der unterschiedlichen Staatsangehörigkeit der beiden schob Hochschild gleich noch zwei ähnlich gelagerte Fälle nach.
Ich hörte von Andrea Mrazek und Gottfried Rokita kurz vor meiner Eheschließung 1985. Mein Freund Arnd Brummer und ich hatten uns gerade erbitterte Gefechte um den gemeinsamen Ehenamen geliefert und schließlich ein Fünfmarkstück geworfen. Ich gewann, und das Aufgebot wurde unter meinem Namen bestellt. Doch jetzt ging es erst richtig los. Die Kollegen hämisch: Jetzt wissen wir ja, wer in eurer Ehe die Hosen anhat... Eltern und Freunde schüttelten verständnislos den Kopf, und der Standesbeamte räumte uns eine Gnadenfrist ein.
Als ich sah, wie er litt, stimmte ich zwei Tage vor der Hochzeit doch noch einer Namensänderung zu, beschloss aber, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen. Bei der Trauung bat ich den Beamten, meinen Protest zu den Akten zu nehmen. Seither klagte ich mich erfolglos durch vier Instanzen und reichte dann in Karlsruhe 1986 eine Verfassungsbeschwerde ein.
Verdammt einsam habe ich mich dabei gefühlt. Selbst gute Freundinnen hatten für das Problem kein Verständnis, und die meisten Männer fragten süffisant, wie man sich über eine solche Kleinigkeit nur so aufregen könne. Darauf angesprochen, warum sie dann nicht nachgegeben und den Namen ihrer Frau angenommen hätten, schwenkten die Herren der Schöpfung schnell um, schwafelten etwas von Familientradition und Stammhalter und machten sich flugs aus dem Staub.
Auch Andrea Mrazek und Gottfried Rokita berichteten von solchen Erfahrungen. Das muss doch auch vielen anderen so gehen, habe ich mir damals gesagt. Ich begann, über das Problem zu schreiben, gab Rundfunk-Interviews, sprach Journalistenkollegen darauf an. Der Erfolg war verblüffend.
Vor allem nach einer ersten Veröffentlichung 1987 in der EMMA meldeten sich viele Frauen und klagten ihr Leid. Da war die Speditionskauffrau Heide Denig, die sich mit ihrem Mann auf ihren Namen geeinigt
hatte, die Sache aber ("um den Familienfrieden zu wahren") wieder rückgängig machen musste, weil sich Eltern und Schwiegereltern weigerten, zur Hochzeit zu kommen. Da war die Kirchenmusikerin Christiane von Essen, die darunter litt, dass ihre beiden Kinder nur den Namen des Vaters tragen und niemand ihren Doppelnamen zur Kenntnis nimmt. Da war das Ehepaar Gaby Lange und Norbert Will, das wegen der geltenden Namensrechtsregelung "lange Zeit die Hochzeit aufschob".
Nach und nach füllten sich die Aktenordner. Allen Briefen war die Frage gemeinsam: Was können wir tun? Wie können wir die Sache unterstützen? - Mitte 1988 gründete ich einen Interessenverband "Namensrecht". Mein Mann machte mit. Wir verschickten Musteranträge, mit denen Paare vor Ort klagen konnten, wir prüften die Möglichkeit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (inzwischen hatten sich auch Frauen aus dem Ausland gemeldet), wir beschafften uns jedes Urteil zum Thema, wir diskutierten die Möglichkeit, im Ausland zu heiraten, wir schrieben Leserbriefe, wenn sich Artikel hämisch über die "Doppelnamensucht" der Frauen ausließen. Und wir tauschten unsere Erfahrungen aus.
In 106 Ländern dieser Erde, so stellten wir fest, können Frauen ohne weiteres ihren eigenen Namen behalten! Sogar im katholischen Irland, das die Scheidung nicht kennt. Sicher, bei uns konnten Paare bisher auch den Namen der Frau als gemeinsamen annehmen. Zumindest theoretisch. Aber die Statistik der deutschen Standesämter enthüllt, dass nur zwei von hundert Paaren den Namen der Frau als Familiennamen bestimmen. "Und in diesen Fällen", gesteht der Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages, Siegfried Willutzki, "hat der Mann meist einen etwas lächerlichen Namen oder eine Latte von Vorstrafen".
Es stand also schlecht in Deutschland um das Recht von Frauen auf ihren eigenen Namen. Ab 1988 stand es noch schlechter: Das Verfassungsgericht erklärte den Zwang zum gemeinsamen Ehenamen als verfassungskonform, wies also die Eingaben von Richter Hochschild und meine Verfassungsbeschwerde zurück. Sozialrichter Gottfried Rokita musste sich hinfort zähneknirschend mit einem Doppelnamen herumschlagen, die Urteilsbegründung aus Karlsruhe wurde sogar an Frau Rokita-Mrazek adressiert, weil sich an dem Hohen Gericht wohl niemand vorstellen konnte, dass ein Mann einen Doppelnamen trägt. In Insiderkreisen munkelte man, dass ausgerechnet die einzige Frau im höchsten Senat, Richterin Gisela Niemeyer, eine Reform des Namensrechts verhindert habe.
Doch einen Lichtblick gab es: In seinem Urteil wies das Verfassungsgericht selbst darauf hin, dass möglicherweise die automatische Übernahme des Mannesnamens im Konfliktfall nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Nur - darüber hätte das höchste Gericht in diesem Fall ja nicht zu entscheiden gehabt. Der findige Amtsrichter Udo Hochschild ließ sich nicht lange bitten und schob rasch noch einen Fall nach, der wie maßgeschneidert war: Das Ehepaar Gabriele Schütz und Ulrich Fellner aus Tübingen klagte gegen die Unvereinbarkeit des Ein-Namen-Zwangs mit dem Grundgesetz. Doch auch ihr Fall sollte drei Jahre in Karlsruhe liegen.
Jetzt erst recht!, sagten wir uns! Wir schrieben an Politiker und erhielten zum Teil abenteuerliche Antworten. So lehnte zum Beispiel die CDU-Abgeordnete Renate Hellwig noch 1990 eine Änderung des Namensrechts ab, weil "auch dem Tatbestand Rechnungzutragen" sei, "dass in der DDR ein patriarchalisches Namensrecht besteht". Im Zweifel Anpassung ans Unrecht? Doch in der SPD-Bundestagsabgeordneten Margit Conrad - selbst namensgeschädigt – fand unser Interessenkreis schließlich eine Verbündete: Sie schaffte es, einen Änderungsantrag in der Fraktion durchzusetzen und in den Bundestag einzubringen!
Jetzt richteten auch die SPD-Länder Schleswig-Holstein und Berlin entsprechende Anfragen an den Bundesrat (später kam noch das Saarland dazu). Und auch der Deutsche Juristinnenbund unterstützte die Reform. Doch die politischen Bemühungen verliefen zunächst im Sande. Der SPD-Antrag wurde schon in den Ausschüssen niedergestimmt. Maßgeblich beteiligt war daran die FDP, obwohl eigentlich auch sie eine Namensrechtsänderung in ihr Wahlprogramm geschrieben hatte und FDP-Justizminister Kinkel jetzt mitzieht und rasch einen Reformvorschlag präsentierte, nach dem in Zukunft die Frauen ihren Namen behalten können.
Inzwischen hatten die Verfassungsrichter ihr Machtwort gesprochen. Die automatische Übernahme des Mannesnamens, so heißt es in dem am 15. März 1991 verkündeten Urteil (Az: lBvL 83/86), sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, denn die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen werde in dem Fall "nicht durch objektive Unterschiede zwischen den Geschlechtern gerechtfertigt".
Bemerkenswert an dem Verfassungsgerichtsurteil ist, dass es die bestehende Benachteiligung als Grund für weitere Benachteiligungen nicht mehr zulässt: "Allein die traditionelle Prägung eines Lebensverhältnisses", so heißt es nun, "reicht für die Ungleichbehandlung nicht aus. Das verfassungsrechtliche Gebot verlöre seine Funktion, für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen, wenn die vorgefundene gesellschaftliche Wirklichkeit hingenommen werden müsste.
Der Gleichberechtigungsgrundsatz ist strikt anzuwenden". Diese Sätze können Frauen sich einrahmen: Sie könnten auch bahnbrechend für andere Klagen sein! Das geltende Namensrecht wird vorerst außer Kraft gesetzt. Jetzt ist der Ball beim Gesetzgeber, dem die Verfassungsrichter den klaren Auftrag erteilt haben, ein neues Namensrecht zu schaffen.
Aber noch ist die Schlacht nicht ganz gewonnen. Denn die Bonner Politiker könnten versuchen, den Kern des Gedankens mit einer kleinen Reform zu unterlaufen: Rein formaljuristisch würde es eventuell genügen, wenn der Gesetzgeber lediglich die automatische Bevorzugung des Männernamens im Konfliktfall (dann entscheidet das Los) abschaffen, die Norm eines gemeinsamen Ehenamens aber beibehalten würde.
Das wäre besser als das alte Recht, aber eigentlich nichts Neues. Und auch nicht das, was die Verfassungsrichterinnen wirklich wollen! Denn sie betonen in ihrem Urteil ausdrücklich das "verfassungsrechtliche Gebot", die "Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen" - auch gegen die "vorgefundene gesellschaftliche Wirklichkeit". Und die Wirklichkeit ist nun mal, dass, rein gewohnheitsrechtlich, eine überwältigende Mehrheit der Paare sich in den Mannesnamen als gemeinsamen Namen fügen.
Die "ersten Überlegungen" des liberalen Justizministers Kinkel (verheiratet mit Frau Kinkel): "Die Ehegatten sollen die Möglichkeit erhalten, den Namen des Mannes oder den Namen der Frau oder einen aus diesen beiden Namen zusammengesetzten Doppelnamen zum Ehenamen zu bestimmen. Wollen die Ehegatten keinen Ehenamen führen, so sollen sie jeder ihren bisherigen Namen fortführen können." Das ist ein Fortschritt.
Noch konsequenter allerdings sind die Vorstellungen der SPD. Die Vorsitzende der "Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen" (AsF), Inge Wettig-Danielmeier (selbst arg namensgeschädigt), würde darum am liebsten den gemeinsamen Namen ganz abschaffen, "verbieten", wie der "Spiegel" argwöhnt. Frau und Mann sollten nach ihrer Auffassung in jedem Fall ihren eigenen Namen behalten! Solcherlei rief prompt die CDU- Familienministerin Hannelore Rönsch (geborene Hein) auf den Plan, die die "Freiheit des einzelnen" in Gefahr sieht, "sich für einen gemeinsamen Ehenamen zu entscheiden". Hört sich gut an - würde aber wieder auf eine Bevorzugung der Männernamen hinauslaufen.
Während in Bonn über das neue Namensrecht gestritten wird, gilt eine Übergangsregelung (siehe Kasten). Streitpunkt wird vor allem der Familienname der Kinder sein - sollte sich das Paar nicht auf einen gemeinsamen Ehenamen einigen können. Hier steht ein Lieblingskind der Männer auf dem Spiel: der Stammhalter.
Wichtig für alle Frauen, die schon vor Verkündigung des Urteils geheiratet haben: Das noch zu schaffende neue Namensrecht wird wahrscheinlich eine sogenannte Rückwirkungsklausel enthalten, gilt also auch rückwirkend für bereits geschlossene Ehen. Das heißt: Alle verheirateten Frauen können sich dann ohne juristische Probleme ihren eigenen Namen wiederholen!
Als Amtsrichter Udo Hochschild am Tag nach der Urteilsverkündung in sein nüchternes Büro kam, fand er einen bunten Blumenstrauß auf dem Schreibtisch. Auf ein Kärtchen hatte die anonyme Absenderin nur ein Wort geschrieben: "Danke!"