Pille danach: Keine Entwarnung

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Ein spätes Geschenk zum Internationalen Frauentag: Ab dem 15. März soll die „Pille danach“ ohne Rezept in den Apotheken erhältlich sein. Das hat der Bundesrat an diesem Freitag beschlossen. Schon wieder, das muss an dieser Stelle ergänzt werden. Denn im November 2013 lag ein solcher Beschluss ja bereits vor. Was Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht davon abgehalten hatte, die dafür notwendige Änderung der Arzneimittelverordnung einfach wieder vom Tisch zu wischen. Wegen der angeblichen „schweren Nebenwirkungen“, die in „Einzelfällen“ eine ärztliche Beratung „unerlässlich machen“.

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Jetzt ist die EU im Spiel und Gröhe blieb schlicht
keine Wahl

2015 allerdings sind die Karten anders gemischt. Jetzt ist die EU im Spiel und Gröhe blieb schlicht keine Wahl. Die europäische Arzneimittelbehörde hatte nach intensiver Prüfung im vergangenen Jahr die rezeptfreie Abgabe des Präparats „EllaOne“ empfohlen - woraufhin die EU-Kommission im Januar diese rezeptfreie Abgabe der "Pille danach" europaweit freigab. Und das gilt nun eben auch für Deutschland, Polen und Italien; die wenigen Länder in Europa also, in denen Frauen bisher noch ein Rezept brauchten.

Zerknirscht hatte das Gesundheitsministerium deshalb schon Ende 2014 die Freigabe nicht nur der neueren Ulipristal-haltigen Pille „EllaOne“ signalisiert, die bis zu 120 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden kann. Sondern auch die rezeptfreie Abgabe ihrer Vorgängerin mit dem Wirkstoff Levonorgestrel, die innerhalb von 72 Stunden geschluckt werden muss.

Heißt das also, dass ab dem 15. März jede Frau in die Apotheke gehen kann, um eilig die Pille danach zu kaufen und diese so schnell wie möglich einzunehmen? Nein, wo kämen wir denn da hin! So viel Eigenverantwortung wird einer deutschen Frau nicht zugetraut. Diese Notfall-Pillen sind schließlich „keine Smarties“, um es mit den Worten von Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zu sagen.

Die „intensive Beratung in den Apotheken“ soll nun also die Methode sein, die die deutschen Frauen vor einem liederlichen Umgang mit der Notfallverhütung bewahrt. In den meisten der 28 Länder, in denen die Pille europaweit seit Jahren rezeptfrei ist, ist bisher übrigens noch niemand auf so abstruse Gedanken gekommen. Gröhe hat einen „Kriterienkatalog“ angekündigt. Und diesen Plan hat er auch in die Tat umgesetzt. Von einer zehnseitigen Leitlinie und einem zweiseitigen Fragenkatalog ist da die Rede. Und dass Frauen zukünftig den fremden Apothekerinnen und Apothekern Fragen wie diese beantworten sollen: Warum haben Sie keine funktionierende Verhütungsmethode verwendet? - Wann hatten Sie Sex? – Ist ihre Monatblutung schwach gewesen oder ausgeblieben – könnten Sie also wirklich schwanger sein?

Das Hin und Her um die Selbst-
bestimmung der Frau geht weiter

Frauen unter 21  Jahren sollen sich darüber hinaus am besten weiterhin bei einem Arzt das Rezept für die "Pille danach" besorgen. Nur dann bekommen sie von der gesetzlichen Krankenkasse die Kosten erstattet. Werbung für die "Pille danach" ist verboten. Und für den Online-Versand von Internet-Apotheken ist die „Pille danach“ auch gesperrt.

Fassen wir also zusammen: Das jahrelange Hin und Her um die rezeptfreie "Pille danach" hat ein Ende dank der Europäischen Union. Das Hin und Her um die körperliche Selbstbestimmung der Frauen noch lange nicht. Es ist, gelinde gesagt, ein Skandal.

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Die Pille danach kommt…vielleicht

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Eigentlich könnte es jetzt vorbei sein: Die panischen nächtlichen Aufenthalte in den Notaufnahmen der Krankenhäuser, wenn beim Sex ein Unfall passiert ist. Frauen müssten sich auch nicht länger fragen, ob es sich um ein katholisches Krankhaus handelt, das ihnen das Rezept für die Pille danach womöglich verweigert. Sie könnten demnächst schlicht zur Notapotheke gehen und dort, nach fachlicher Beratung, das Medikament bekommen, das den Eisprung in den nächsten Stunden und Tagen verhindert. Aber: Was in fast allen europäischen Ländern – außer Polen und Italien - seit Jahren Standard ist, wird Frauen in Deutschland vielleicht nach wie vor verweigert werden.

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Und das, obwohl heute ein ExpertInnengremium des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einhellig feststellte, dass es „keine medizinischen Gründe“ gebe, die „gegen eine Entlassung aus der Rezeptpflicht sprechen“.

Es ist eine never ending Story. Was bisher geschah: Im November 2013 hatte der Bundesrat mit seiner rot-grünen Mehrheit bereits für eine Änderung der Arzneimittelverordnung und die Freigabe der Pille danach gestimmt. 2010 hatte die UNO die Abgabe der Pille danach dringend empfohlen. Immer wieder hatte es Vorstöße gegeben, die Notfallverhütung auch in Deutschland einfacher zu gestalten. Sie scheiterten alle. Schon einmal hatte das BfArM ein positives Votum abgegeben – vergebens.

Jetzt liegt der Ball beim neuen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Und es sieht ganz so aus, als ob das Pillen-Ping-Pong weitergeht. Und eins ist klar: Die Verliererinnen sind die Frauen.

Studien belegen, dass in Ländern, in denen die Pille danach rezeptfrei abgegeben wird, die Zahl der Abtreibungen zurückgeht.  

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