Beauvoir-Preis geht an Polinnen!

Barbara Nowacka nahm in Paris den Simone de Beavoir-Preis entgegen.
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Schlag nach bei Simone de Beauvoir: „Vergesst nicht: Es genügt eine politische, ökonomische oder religiöse Krise – und schon werden die Rechte der Frauen wieder infrage gestellt. Diese Rechte sind niemals gesichert. Ihr müsst lebenslang auf der Hut sein.“

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Diese Erkenntnis gilt nicht nur für die Polinnen. Die hatten unter kommunistischer Herrschaft das Recht auf Abtreibung – das ihnen aber 1993 unter dem Druck der katholischen Kirche in der Zeit des Vatikan-getreuen Arbeiterführers Lech Walesa wieder genommen wurde.

Auszeichnung für den Kampf gegen eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze

Seither haben die Polinnen eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze der Welt. Der Abbruch der Schwangerschaft ist nur gestattet bei Inzest, schwerster Behinderung des Fötus oder Lebensgefahr für die Schwangere. Doch das genügte der rechtskonservativen Regierung Kaczyński noch nicht. Seine Partei, die PIS, wollte das Gesetz im Oktober 2016 noch verschärfen. Da gingen hunderttausende Frauen (und solidarische Männer) auf die Straße – und zwangen die Regierung in die Knie.

Für diesen Mut und Erfolg erhält die Organisation „Ratujmy Kobiety“ (Rettet die Frauen!) den Simone-de-Beauvoir-Preis. An diesem Tag kam Simone de Beauvoir vor 109 Jahren zur Welt. Die langjährige Aktivistin und Vorsitzende von "Rettet die Frauen", Barbara Nowacka, nahm ihn in Paris entgegen.

© Janek Skarzynski/ AFP
© Janek Skarzynski/ AFP

Der Preis, gegründet 2008, wird zum zehnten Mal vergeben. Zuletzt erhielten ihn Guisi Nicolini, die Bürgermeisterin von Lampedusa, und Malala, die Pakistanerin, die bei ihrem Kampf um die Rechte von Mädchen auf Bildung, beinahe ihr Leben verloren hätte (und dafür auch den Friedensnobelpreis bekam).

Die Jury – in der neben Sylvie Le Bon de Beauvoir und Julia Kristeva auch Alice Schwarzer Mitglied ist – erinnert daran, dass die warnenden Worte von Simone de Beauvoir gerade heute wieder zunehmend Bedeutung gewinnen. Nicht zufällig steht das Recht auf eine selbstbestimmte Mutterschaft wieder im Zentrum des Rückschlags – ein Recht, für das vor fast einem halben Jahrhundert Frauen in der ganzen westlichen Welt auf die Straße gingen, und das zum Auslöser für die Neue Frauenbewegung wurde.

Das Recht auf Schwangerschafts-
abbruch steht auf wackeligen Füßen

In Amerika hat der neue Präsident, Donald Trump, die Absicht angekündigt, konservative Richter in den Obersten Gerichtshof (Supreme Court) zu berufen, die gegen das Recht auf Abtreibung sind. Die Gefahr besteht, dass auch in den USA die Fristenlösung gekippt wird. Und in Deutschland haben die Frauen diese Fristenlösung bis heute nicht. Das deutsche Abtreibungsrecht gewährt den Frauen nicht das Recht abzutreiben, sondern nur die Gnade: Sie müssen die Unterschrift von zwei GutachterInnen beibringen, um abtreiben zu dürfen. Selbstbestimmung sieht anders aus.

In ganz Europa steht das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auf wackligen Füßen. Das EU-Parlament hatte seinen Mitgliedsstaaten zwar mit einer Resolution vom 3.7.2002 nahegelegt, die Abtreibung in den ersten drei Monaten uneingeschränkt zu legalisieren. Doch: Geschehen ist nichts.

Die Polinnen wollen darum jetzt einen europaweiten Protest organisieren. Das Recht auf Abtreibung soll in der „Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ festgeschrieben werden. Das wäre dann auch für die Nationalstaaten zwingend. Gerade wir deutschen Frauen sollten uns aktiv an diesem Protest beteiligen.

Prix Simone de Beauvoir

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Abtreibung: Den Polinnen reicht es!

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Über 100.000 Menschen, überwiegend Frauen, aber auch viele Männer, gingen bei 140 Demonstrationen im ganzen Land auf die Straße. Nur drei Tage später machte die Regierungspartei PIS einen Rückzieher. 182 ihrer Abgeordneten lehnten plötzlich das geplante, quasi totale Abtreibungsverbot ab, nur noch 32 PIS-Abgeordnete waren dafür (gesamt 352 Abgeordnete dagegen, 58 dafür).

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Geplant hatte die Regierungspartei unter ihrem rechtskonservativen Chef Jarosław Kaczyński eine Verschärfung des jetzt schon sehr restriktiven Abtreibungsgesetzes. Bislang ist der Schwangerschaftsabbruch nur dann legal, wenn die Frau Opfer von Inzest oder Vergewaltigung wurde, der Fötus schwer behindert oder die Schwangere erheblich gesundheitsgefährdet ist. Das sollte jetzt auch noch gestrichen werden. Bleiben sollte nur noch die „akute Lebensgefahr der Schwangeren“.

Alle paar Minuten stirbt eine Frau an einer illegalen Abtreibung

Jetzt reichte es den Polinnen! Sie gingen massenhaft auf die Straße – und erzwangen so eine Umkehr der Abtreibungspolitik. Die BefürworterInnen des Abtreibungsverbotes mögen sich daran erinnert haben, dass der Protest gegen das Abtreibungsverbot Anfang der 1970er Jahre in der westlichen Welt zum Auslöser der Frauenbewegung wurde. Das aber können die Tiefschwarzen nicht gebrauchen.

Damals, im sozialistischen Polen, hatten Frauen noch das Recht abzutreiben. Das war die Zeit, in der Frauen aus dem benachbarten Skandinavien nach Polen reisten, um mit medizinischer Hilfe abzutreiben. Heute ist es umgekehrt: Schon lange gibt es einen Abtreibungs-Tourismus von Polen nach Skandinavien, wo die Fristenlösung gilt.

Im demokratischen Polen ist nicht nur der erzkonservative Kaczyński für ein striktes Abtreibungsverbot. Schon Gewerkschaftsführer Wałęsa, der im Vatikan ein und aus ging, und seine Kumpel schafften das Recht der Frauen auf eine selbstbestimmte Mutterschaft in Polen wieder ab. Die nationalistische rechtskonservative Regierungspartei PIS war selbst diese Gnade noch zu viel. Abtreibende Frauen und Ärzte, die ihnen beistehen, sollten bis zu fünf Jahren ins Gefängnis. Die PIS hat nicht aus Frauenfreundlichkeit zurückgerudert, sondern weil sie um ihre Macht fürchten musste.

Müssen die Polinnen wieder bei illegalen Abtreibungen ihr Leben riskieren?

Jetzt diskutieren Aktivistinnen eine europaweite Initiative für das Recht auf Abtreibung in den ersten drei Monaten. Mit ärztlichem Beistand und ohne das Risiko, auf dem Tisch einer Engelmacherin zu verbluten. Wenn eine Million Unterschriften zusammenkommen, muss die EU-Kommission dem Europäischen Parlament einen Gesetzentwurf für ein liberales Abtreibungsrecht in den EU-Ländern vorlegen.

Auch in Deutschland haben wir – 45 Jahre nach Beginn der Proteste gegen das Abtreibungsverbot – immer noch nicht das Recht auf Abtreibung. Wir haben nur die Gnade, nach zwei zustimmenden Unterschriften von GutachterInnen.

EMMA macht also mit bei der EU-Initiative für das Recht auf Abtreibung! Fortsetzung folgt.

Mehr Informationen unter #czarnyprotest

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