Bibiana Steinhaus hat die Hosen an
Eine Schiedsrichter-Montur gehört zwar nicht gerade zu den aufreizendsten aller Sportoutfits, doch im Iran ist sie Grund genug für die Total-Zensur. Das und die Tatsache, dass in der Montur eine Frau steckte natürlich. Diesmal traf es Bibiana Steinhaus, die am Freitagabend die Partie Bayern München gegen Augsburg pfiff. Das iranische Fernsehen weigerte sich, das Spiel zu übertragen.
Pfeift Steinhaus die WM in Katar?
Denn während Live-Übertragungen sitzen beim iranischen Staatsfernsehen sogenannte Moralwächter in der Regie. Sie unterbrechen das Programm, sobald Bilder von „leicht bekleideten“ Frauen zu sehen sind. Und „leicht bekleidet“ sind so ziemlich alle Frauen, die nicht vollverschleiert sind. Alle TV-Bilder werden deshalb mit einer Verzögerung von 30 Sekunden ausgestrahlt. Seit der islamischen Revolution vor 40 Jahren müssen iranische Sportlerinnen sich selbst bei Wettkämpfen an Kleidervorschriften wie Kopftuch und Ganzkörperbedeckung halten, auch wenn sie für den Sport extrem hinderlich sind. Die Regeln gelten auch für die Berichterstattung. In der Regel dürfen Journalistinnen nur über Sportwettkämpfe von Frauen berichten, ihre männlichen Kollegen nur über Männersport.
Noch vor einem Jahr, im Mai 2018, war Bibiana Steinhaus im iranischen Fernsehen während des Spiels zwischen Köln und Bayern München immerhin in der Totalen zu sehen. Sobald die Kameras sie im Rest der Welt von näher zeigten, wurden Zuschauerränge eingeblendet. Nun wurde das ganze Spiel gekippt.
Frauen und Fußball, das passt in der Denkweise sowieso nicht zusammen. Erst im vergangenen Oktober durften Zuschauerinnen erstmals seit 37 Jahren wieder ein Fußballspiel im Stadion besuchen. 100 ausgewählte Frauen sahen das 2:1 des Iran gegen Bolivien im Asadi-Stadion von Teheran. Das Umdenken war allerdings nur von kurzer Dauer. Der Generalstaatsanwalt bezeichnete einen Stadionbesuch von Frauen als „Sünde“. Die Zuschauerinnen sollen vor dem „Anblick halbnackter Männer“ bewahrt werden.
Nicht nur bei Sportübertragungen, sondern auch bei Spielfilmen greift die iranische Zensur ein. Schon Szenen mit ein wenig nackter Haut werden herausgeschnitten. Zudem durfte das Staatsfernsehen in der Vergangenheit mehrmals Eröffnungszeremonien und Auslosungen großer Fußballturniere nicht übertragen, weil Frauen dort nicht züchtig genug bekleidet zu sehen waren.
Pfeift Bibiana #Steinhaus ein Spiel des @FCBayern, wird die Partie im Iran nicht übertragen. Zu viel Haut sei sichtbar. — Daniel Mack (@danielmack) February 17, 2019
Ich finde, der @DFB sollte Steinhaus als Schiedsrichterin für die WM in Katar nominieren.
Die deutschen Fans reagierten in Sachen Steinhaus mit einer Welle der Kritik an dem iranischen Sender. Unter dem Hashtag #Steinhaus forderten viele ein Statement der Fußball-Clubs gegen die Zensur, die sich ja in anderen Zusammenhängen gerne gegen Ausgrenzung positionieren. Auch die FIFA hätte sich positionieren können. Und so einige Fans haben schon Vorschläge für zukünftige Einsätze von Bibiana Steinhaus, zum Beispiel als Schiedsrichterin bei der WM in Katar.
Bibiana Steinhaus hingegen reagierte gar nicht. Auf dem Platz hat sie schließlich die Hosen an. Und das wird auch so bleiben.