Bordellchefs hinter Gittern
Der Chef des Wellness-Bordells „Paradise“ in Stuttgart, Jürgen Rudloff, wurde am 27. September verhaftet. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben: Der Vorwurf lautet nicht nur „gewerbsmäßiger Betrug“ (davon ist schon länger die Rede), sondern auch „Beihilfe zum schweren Menschenhandel und Zuhälterei“ sowie „versuchte gewerbs- und bandenmäßige Förderung des Menschenhandels“. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ordnete Untersuchungshaft an wg. Flucht- und Verdunkelungsgefahr. In der Tat hatte Rudloff sich im November 2014, nach der ersten Groß-Razzia im „Paradise“, erstmal ins Ausland abgesetzt. Jetzt drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.
Die Verhaftung des Paradise-Chefs, der über Jahre gern gesehener Talkshow-Gast war, im modisch aufgeknöpften weißen Hemd unterm dunklen Anzug, signalisiert eine Zeitenwende in Deutschland. Als Alice Schwarzer anno 2012 in der Talkshow bei Jauch dem Bordellbetreiber ins Gesicht sagte: „In einem anderen Land würden Sie für das, was Sie tun, im Gefängnis sitzen“, da konnte Rudloff noch kühl lächeln. Für die nächste Talkshow war der Betreiber des „sauberen Wellness-Bordells“ schon gebucht.
Doch die Zeiten ändern sich. Und mit ihnen das Bewusstsein. Zwar gilt in Deutschland Prostitution auch im Jahr 2017 noch als „legal“, und vermitteln Arbeitsämter auch gerne mal eine arbeitslose Frau ins Bordell (Stichwort: Ein Beruf wie jeder andere). Und das Wort „Freierbestrafung“ würde hierzulande bis heute ein Politiker/eine Politikerin niemals auch nur in den Mund nehmen – auch wenn immer mehr Länder längst die Freierbestrafung eingeführt haben oder einführen wollen: von Schweden über Frankreich bis Israel. Doch die BürgerInnen dieses Landes fangen an umzudenken. Immer mehr Frauen und auch Männern wird klar, dass der Handel mit der Ware Frau ein Verbrechen ist und kein Kavaliersdelikt.
Auch die zuvor tief resignierte Polizei und Justiz will den mit der organisierten Kriminalität, von der Mafia bis zu den Hells Angels, verbandelten Frauenhändlern offenbar nicht länger tatenlos zusehen.
Vor einigen Wochen wurde der Betreiber der „Pascha“-Bordelle in München und Köln, Hermann Müller, verurteilt. Zunächst „nur“ wegen Steuerhinterziehung, zu drei Jahren Gefängnis. Doch da die Pascha-Häuser nach demselben Prinzip funktionieren wie das Paradise, bleibt die Fortsetzung abzuwarten.
Auch in dem Berliner Großbordell „Artemis“ ermittelt die Staatsanwaltschaft nach der Razzia im April 2016 weiter. Es geht um die Frage, ob die Frauen im Bordell „selbstständig“ gearbeitet haben, wie die beiden Betreiber behaupten. Das Verfahren wegen „Beitragsvorenthaltung“ läuft noch.
Fraglos ins Artemis geprügelt wurde eine türkischstämmige Minderjährige von Erman M., einem Mitglied der Hells Angels. Der wurde am 6. Oktober vom Berliner Landgericht wegen „schweren Menschenhandels, Vergewaltigung und Körperverletzung“ zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Sowohl das Artemis wie auch Paradise und Pascha sind so genannte „Laufhäuser“. Die Besitzer vermieten die zirka Zwölf-Quadratmeter-Zimmer an die Frauen zu Wucherpreisen von bis zu 150 Euro – pro Tag! Gerechtfertigt wird das mit dem „Service für die Damen“.
Dererlei Schurkereien sind in Deutschland bis heute legal, weil die schwarz-rote Regierung es nicht für nötig gehalten hat, in Deutschland, das als „europäische Drehscheibe des Frauenhandels“ und „Paradies für Freier“ gilt, dem Treiben Einhalt zu gebieten – von einer Jamaika-Koalition ist das vermutlich leider noch viel weniger zu erwarten. Darum können wir, die BürgerInnen, uns nur gratulieren: Zu denjenigen Kräften in Polizei und Justiz, die nicht lockerlassen, weil sie wissen: Prostitution ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit!
EMMA berichtet weiter.