Britney Spears: Endlich frei!

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So viel Harmonie gab es in der Causa Spears selten. Reihum fragte die Vorsitzende Richterin Brenda Penny die AnwältInnen von Jodi Montgomery, seit zwei Jahren für Britney Spears‘ Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten verantwortlich, Finanzbetreuer John Zabel sowie den Vater und früheren Betreuer Jamie Spears, ob sie dem Ende der Betreuung zustimmten. Dem dreifachen Ja vor dem Los Angeles Superior Court war ein Plan für Britney Spears‘ Weg in die Freiheit vorausgegangen.

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Spears‘ Anwalt Mathew Rosengart hatte dem Gericht ein „Sicherheitsnetz“ skizziert: Das auf 60 Millionen Dollar geschätzte Vermögen der Sängerin soll in den kommenden Monaten schrittweise in Fonds ihrer Wahl übertragen werden. Bei Arztbesuchen, Medikamenten und Haushalt wird Spears vorerst weiter von Treuhänderin Montgomery unterstützt. Über die Dauer des Arrangements ließ Anwalt Rosengart keinen Zweifel aufkommen. „Wie es jetzt für Britney weitergeht, hängt zum ersten Mal nach mehr als einem Jahrzehnt nur von einer Person ab. Und diese Person ist Britney selbst“, versicherte der Jurist.

Seit Richterin Penny am Freitag nach fast 14 Jahren die Vormundschaft aufhob, ist Spears eine freie Frau – wieder oder vielleicht auch zum ersten Mal.

Britneys Vater Jamie kreuzte bei ihrer Einweisung "demenzartige Symptome" an

Wie den meisten Kinderstars in Hollywood wurde auch Spears schon früh ein enges Korsett angelegt. Im Kleinkindalter fuhr Mutter Lynne Spears das hübsche blonde Mädchen zuhause in Louisiana zu Tanzstunden, Gesangsunterricht und Talentwettbewerben. Nach Parts in Werbespots, Nebenrollen bei Theaterstücken und Auftritten in der Talentshow „Star Search“ unterschrieben ihre Eltern für die damals Elfjährige einen Vertrag als Stammschauspielerin der Fernsehserie „The Mickey Mouse Club“.

Im Jahr 1998, kurz nach Spears‘ 17. Geburtstag, folgte bei Jive Records der erste Plattenvertrag. Mit Titeln wie „…Baby One More Time“, „(You Drive Me) Crazy“ und “Sometimes” tingelte sie anschließend durch Einkaufszentren zwischen Los Angeles und New York. In der Ära von Boybands wie Take That und Backstreet Boys musste sich „Britney“ ihr Publikum erst suchen, wie alles in ihrem Leben orchestriert von Eltern und Management.

Vielleicht fiel daher nicht auf, dass auch Spears‘ Vormundschaft vor allem auf einem Kreuzchen beruhte, das ihr Vater Jamie nach ihrem Zusammenbruch 2007 bei der Einweisung in die Psychiatrie neben „demenzartige Symptome“ setzte. Wie Richterin Pennys Hinweis auf eine „Freiwilligkeit“ der Vormundschaft am Freitag andeutete, wurde die Grammy-Preisträgerin nie für rechtsunfähig erklärt. Der kalifornische Jurist Troy Martin, der im vergangenen Jahr einige der versiegelten Akten der Causa Spears einsehen konnte, berichtete, kein medizinisches Attest über Geisteskrankheit oder psychische Störungen gefunden zu haben.

Spears' Anwalt Rosengart kündigte Ermittlungen gegen den Vater an

Auch Spears wurde über die juristischen Voraussetzungen ihrer Betreuung im Dunklen gelassen. Bei der ersten öffentlichen Anhörung im Juni erklärte die Sängerin dem Los Angeles Superior Court, nicht gewusst zu haben, dass es ihr fast 14 Jahre lang freistand, die Beendigung der Vormundschaft zu beantragen. Ihr damaliger Anwalt Samuel Ingham wurde nervös. Nach schwammigen Versprechungen, seiner Mandantin künftig bei der Umsetzung ihrer juristischen Wünsche zu helfen, trat er im Juli plötzlich zurück.

Wie Jamie Spears, der sich für die Betreuung seiner Tochter jeden Monat 16.000 Dollar überwies, und die mit der Vermögensverwaltung beauftragte Kanzlei Loeb & Loeb hatte Ingham jahrelang an „Britney“ verdient. Das Mandat Spears soll dem umtriebigen Juristen mehr als drei Millionen Dollar eingebracht haben. Derweil fühlte sich die Sängerin hinter den Mauern ihres Anwesens in Thousand Oaks bei Los Angeles wie eine Gefangene. „Man wird zur Arbeit gezwungen und muss sämtliche Besitztümer wie Kreditkarten, Geld, Handy und Reisepass abgeben“, sagte sie Richterin Penny. Ihre Betreuung erinnere an Zwangsprostitution und Menschenhandel.

In den sozialen Medien schwärmt Britney von einem eigenen Autoschlüssel und Bargeld

Die Bewegung #FreeBritney und die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) warfen dem Bundesstaat Kalifornien jetzt einen fahrlässigen Umgang mit Spears‘ Grundrechten vor. „Hier müssen einzelne Leute und Institutionen zur Rechenschaft gezogen werden. Es muss ermittelt werden, wer was getan hat und wer das Fehlverhalten gedeckt hat“, forderte auch Teresa Kay-Aba Kennedy, Gründerin der Vormundschaftsorganisation Elder Dignity.

Mit Blick auf die in Hollywood verbreiteten Geheimhaltungsvereinbarungen dämpfte Samantha Stark, Journalistin bei der New York Times und Regisseurin der Dokumentation „Framing Britney Spears“, die Hoffnungen: „Noch ist unklar, wie lange die Untersuchungen dauern, und ob sie die Gerichte tatsächlich erreichen.“ Spears‘ Anwalt Rosengart, ein früherer Bundesstaatsanwalt, hatte schon im Sommer Ermittlungen gegen Jamie Spears angekündigt.

Auch seine Mandantin gibt sich kämpferisch. Am Dienstag überraschte die Sängerin ihre Fans bei Instagram mit einem Video. „Wenn ich morgens aufwache, bin ich immer noch schockiert, wie meine Familie und die Vormundschaft das mit mir machen konnten, was sie gemacht haben. Das war so demoralisierend und herabwürdigend“, ließ Spears wissen. Die Freiheit feiert sie jetzt in kleinen Dosen. In sozialen Medien schwärmte sie von einem eigenen Autoschlüssel, Bargeld und Restaurantbesuchen mit ihrem Verlobten, dem 27-jährigen Fitnesstrainer Sam Asghari. „Ich fühle mich endlich unabhängig und als Frau“, sagte Spears. Das wurde langsam Zeit. In zwei Wochen feiert sie ihren 40. Geburtstag.

CHRISTIANE HEIL

 

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