"Flagge des politischen Islams!"
Vor zwanzig Jahren kam ein Kleidungsstück auf den Markt, das es muslimischen Frauen ermöglichen sollte, schwimmen zu gehen, ohne die eigene „Aura“ zu beschädigen. Der Scharia-konforme Badeanzug, verniedlichend als „Burkini“ vermarktet, ist eine Art zweiteiliges Ganzkörperkondom, das bis auf Hände, Füße und Gesicht den weiblichen Körper weit umhüllt, so dass dessen Konturen nicht mehr zu erkennen sind. Damit soll nach islamischer Vorstellung die „Aura“, sprich der Schambereich des Menschen, vor fremden Blicken geschützt werden.
Eigentlich hat die Frau im Schwimmbad nichts zu suchen.
Bei Frauen ist dies der ganze Körper, bei Männern der Bereich vom Bauchnabel bis zu den Knien. Deshalb sieht man in Schwimmbädern die muslimischen Jungs auch nur in übergroßen Badeshorts. Für das Kopftuch wie für die Badeburka gibt es - das sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein - keinerlei religiöse Begründung. Sie gehen ausschließlich auf die islamische Tradition der Männerherrschaft zurück und dienen dem politischen Islam als Flagge.
Eigentlich hat nach den Vorstellungen konservativer Gläubiger die Frau im Schwimmbad gar nichts zu suchen. Auf einer islamistischen Website mit dem Titel „Islamfatwa“ und dem Slogan „Islam gegen Extremismus“ wird denn auch gleich gedroht: „Frauen, welche die Grenzen der Scharia überschreiten, bringen Leid und Korruption über sich und andere.“ Besser wäre es, sie blieben zu Hause, heißt es, denn „Mädchen (die nicht verheiratet sind) leiden unter zu viel Freizeit und versuchen mit allen Mitteln die Zeit totzuschlagen, etwa mit dem Besuch solcher Schwimmanlagen. Es ist Pflicht für jeden Muslim, Allah zu fürchten, die Aura der muslimischen Frauen zu schützen und möglichst schnell etwas zu unternehmen, damit diese Schwimmanlagen schließen.“
Die islamische Ordnung sieht sich nämlich doppelt bedroht, schrieb die verstorbene marokkanische Soziologin Fatima Mernissi: „Von außen durch die Ungläubigen und von innen durch die Frauen“. Der Islam „bekämpft nicht die Sexualität - zum Beispiel mittels Körperbeherrschung -, sondern die Frau… Diese ist ‚fitna‘, die Inkarnation des Unbeherrschbaren“.
Ein Gymnasium im nordrhein-westfälischen Herne hat kürzlich „Burkinis“ angeschafft, damit muslimische Schülerinnen sich am Schwimmunterricht beteiligen. Die Berliner Familienministerin Franziska Giffey (SPD) meinte dazu, das „Wohl der Kinder“ - also: schwimmen zu lernen - sei wichtiger als Kleidervorschriften. Und äußerte „pragmatisches“ Verständnis. Kann aber eine körperliche Einschränkung und die Stigmatisierung als Sexualobjekt zum „Wohl“ eines Kindes geschehen? Meiner Ansicht nach handelt es sich dabei um Kindsmissbrauch.
Auch wenn die Äußerung inzwischen relativiert wurde - die Toleranz einer Ministerin gegenüber religiös verbrämten Ansprüchen ist nicht untypisch für eine in linken und vermeintlich liberalen Kreisen geübte Nachsicht mit dem politischen Islam. Eine links-grüne Bewegung gegen islamischen Sexismus hingegen ist mir nicht bekannt.
Berechtigte Kritik wird als "Islamophobie" diffamiert.
Islamvertreter und ihre Unterstützer sprechen von Freiheit und Selbstbestimmung, wenn sie Frauen und Kinder mittels Kleidung zu Sexobjekten stigmatisieren. Das ist die Strategie des global agierenden radikalen Islam. Seit Jahren geben islamische Stiftungen aus Saudi-Arabien und den Emiraten Milliarden dafür aus, berechtigte Kritik am Islam als krankhafte Angst („Islamophobie“) zu diffamieren. Sie sind damit bis in die Universitäten und in die Politik hinein erfolgreich. Kritik an islamischen Menschenrechtsverletzungen gilt als kultureller oder antimuslimischer Rassismus.
Es wird Zeit, anderen Prinzipien zur Durchsetzung zu verhelfen: Jedes Mädchen, jede Frau hat das Recht, schwimmen zu können - als Teil der persönlichen Freiheit. Denn wer schwimmen kann, wird auch sonst im Leben nicht untergehen. Deshalb bin ich unbedingt dafür, dass alle muslimischen Mädchen und Frauen schwimmen lernen, dabei aber auch das Recht haben, Wasser auf ihrem Nacken, ihren Armen und Beinen sowie den Wind in ihren Haaren zu spüren.
Die Sozialwissenschaftlerin und Publizistin ist in Istanbul geboren und lebt jetzt in Berlin. Sie sitzt im Vorstand der Frauenrechtsorganisation Terre des femmes, die gerade eine Petition gegen das Kinderkopftuch gestartet hat. Hier geht es zur Petition