Cannes: Trippeln statt schreiten

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Potzblitz: Auf dem mondänen Filmfestival Cannes sollen angeblich Frauen auf einer Gala abgewiesen worden sein, weil sie flache Schuhe trugen. Dieses Gerücht hält sich deshalb so tapfer, weil trotz Dementi durch Festivaldiretor Thierry Frémaux mehrere Frauen, u.a. auch die des Regisseurs Asif Kapadia ("Amy"), von einer solchen Erfahrung berichtet haben sollen. Andere erzählten, dass sie zumindest ermahnt worden seien. Übrigens ausgerechnet auf dem Weg zur Premiere des Films „Carol“, eine lesbische Liebesgeschichte basierend auf dem gleichnamigen Roman von Patricia Highsmith.   

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Wieso sollen ausgerechnet Filmemacherinnen plötzlich High-Heels tragen?

Wie sich diese Schuh-Debakel genau zugetragen haben, darüber gibt es bisher unterschiedliche Aussagen. Tatsache ist: Unter dem Hashtag #Flatgate sammelt sich nun Protest. Einige Schauspielerinnen, unter anderem Emily Blunt („Sicario“), kündigten gar an, aus Solidarität erst recht auf flachen Schuhen zu erscheinen. 

Nun stöckeln unter dem aufmerksamen Blick der Öffentlichkeit nicht nur Stars und Sternchen seit rund 50 Jahren in aufwendigen und oft offensichtlich unbequemen Roben samt High-Heels durch das französische Küstenstädtchen, sondern muss sich das Festival seit nunmehr drei Jahren auch den ebenso öffentlich formulierten Sexismus-Vorwürfen stellen. Die sich 2012 in folgendem Satz zuspitzten: „Männer zeigen ihre Filme, Frauen ihre Brüste“ (so skandierte es damals die französische Frauenorganisation „La barbe“ und so lautete 2014 auch der Titel des Films von Isabell Suba). 

Seither erlebt die Filmbranche auch jenseits von Cannes eine sehr rege Debatte über die Frage, warum nicht nur in Hollywood, sondern allerorten Regisseurinnen, Kamerafrauen und Produzentinnen unterrepräsentiert und unterbezahlt sind. Und zudem Filme von Frauen nicht nur weniger Aufmerksamkeit geschenkt, sondern auch weniger finanzielle Förderung zuteil wird.

Die Filmbranche erlebt auch jenseits von Cannes eine rege Debatte über Sexismus

Bloß: Muss man sich da noch über eine so lächerliche Schuhfrage echauffieren? Klar! Dass Frauen sich auf Preisverleihungen allerorten nach wie vor demütig in Schuhe zwängen, in denen sie besser stehen als gehen können, verrät ziemlich eindeutig, wo es mit den Frauen hingeht, bzw. wo die Frauen stehen bleiben. Und im Ernst: Wieso sollen ausgerechnet Filmemacherinnen plötzlich High-Heels tragen? Die, die ansonsten Kameras schleppen oder zwischen SchauspielerInnen und Sichtbildschirm hin und her wetzen. Ein Drehtag auf Absätzen? Undenkbar! 

Aber scheinbar sollen Frauen auf Filmfestivals wie Cannes angesichts des Erfolgs ihres Films auch im Jahr 2015 lieber nicht lässig in flachen Schuhen über den roten Teppich schreiten. Sie sollen trippeln. Und sich hin und wieder von einem lässigen Typen in flachen Schuhen stützen lassen, wenn sie nicht die Treppe hoch kommen. Nach ganz oben im Filmgeschäft.

Mehr zum Thema in der nächsten EMMA, ab 25. Juni am Kiosk. 

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