Corona erstarkt, Bordell öffnet?

Jetzt sind die Lichter im Pascha wieder an. - Foto: imago images
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Da verkündet also Kanzlerin Merkel, mit welchen Corona-Einschränkungen die Menschen in Großstädten ab sofort zu leben haben. Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und gegebenenfalls auch Sperrstunden und Alkoholbeschränkungen. Die Marke von 50 Neuinfektionen je 100.000 EinwohnerInnen ist in vielen Städten wie Berlin und Köln geknackt, es wird ernst.

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Nur wenige Stunden zuvor hat das größte Bordell Europas, das Pascha in Köln, (trotz Insolvenz) seine Tore wieder geöffnet. Natürlich mit „strengem Hygienepaket“. Klar. Pascha-Boss Armin Lobscheid erklärte den Boulevard-Blättern, wie das so aussieht: „Jeder Gast muss sich Hände desinfizieren. Dann muss er bei einem netten Kollegen seine Personalien angeben. Fake-Namen wie Donald Trump oder Micky Maus werden nicht geduldet. Ausweiskontrollen wird es aber nicht geben.“

Fake-Namen werden nicht geduldet, Ausweiskontrollen wird es aber nicht geben!

Übrigens: Weil diverse Donald Trumps und Micky Mäuse aus Schweizer Bordellen nicht zurück zu verfolgen waren, müssen die Prostituierten dort nun Kontaktdaten und Telefonnummern von Freiern durch das Vorweisen amtlicher Dokumente überprüfen. Auch soll es verstärkt Polizeikontrollen in Bordellen geben. Das Zürcher Migrationsamt stellt vorerst keine Kurzarbeitsbewilligungen für Prostituierte aus den EU- und Efta-Staaten mehr aus. „Aus Gründen der Sicherheit und der Gesundheit.“

Und Deutschland? Hallo RKI, Herr Wieler, etwaige Bedenken? Nein. Herr Spahn? Der fragte die Bevölkerung jüngst bedächtig, ob Familienfeiern wie Hochzeiten gerade jetzt in Zeiten einer „Jahrhundert-Pandemie“ unbedingt sein müssten. Natürlich nicht. Aber Sex mit Fremden, ohne die Möglichkeit der Nachverfolgung und ohne jegliche Kontrolle? Muss wohl unbedingt sein. Mann wird ja noch ein bisschen bumsen dürfen.

Naja, Hauptsache im Pascha, dem zehnstöckigen Hochhaus mit 60 Prostituierten, im Risikogebiet Köln, muss sich kein Freier um seinen guten Ruf sorgen. Gruppensex ist ja vorsichtshalber auch erstmal verboten. Obwohl, wenn eine Prostituierte, die im Pascha pro Tag 160 Euro Miete zahlen muss, pro Tag auf mindestens vier, also im Monat auf mindestens 120 Freier kommen muss, ist das dann nicht auch irgendwie eine ganz schön große Gruppe?

Was hinter geschlossenen Türen passiert, können wir nicht kontrollieren!

Gesundheitsexperte Lobscheid: „Es werden nur sexuelle, gesichtsferne Dienstleistungen erbracht, durch welche die Übertragung von Covid-19 vermieden werden kann.“ Also kein Oralverkehr und am besten von hinten. Doch Pssst! Lobscheid räumt ein: „Was da dann zwei Menschen hinter verschlossener Tür tatsächlich vereinbaren, können wir nicht mehr kontrollieren. Denn ein Betreten der Zimmer zur Kontrolle wird es auf keinen Fall geben.“

Dürfen das die WirtInnen, Frisörinnen, PhysiotherapeutInnen, Restaurant- und Fitnesstudio-BetreiberInnen eigentlich auch sagen? „Sorry, was zwei Menschen heimlich bei uns so treiben, ist nicht unser Business?“ Nein. Ihr Business wird dann dicht gemacht. Die Kulturschaffenden ganz Deutschlands müssen auf mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen verzichten, weil sie penibel nur jeden dritten oder vierten Platz besetzen dürfen, sonst hagelt es Bußgelder. Das wird kontrolliert.

Aber die Bordelle sind ja sowas von safe. Lobscheid: „Andere Clubs und Bordelle haben längst wieder geöffnet und Hotspots durch Sexarbeit scheint es bislang nicht zu geben.“ Hmmm, wer würde die wohl melden? Die Freier, die sich mit Corona infiziert haben und der treusorgenden Ehefrau gestehen: „So`n Mist, muss ich mir wohl im Puff geholt haben!“? Die Prostituierten, die aus Risikoländern wie Rumänien und Bulgarien kommen und nicht einmal eine Krankenversicherung haben? Mafiöse Bordell-Betreiber, deren Hauptgeschäft Menschenhandel ist?

„Gehen die Lichter im Kölner Bordell Pascha für immer aus?“ orakelt die Lokalpresse bezüglich der noch bevorstehenden Insolvenz, die am 29. September eingeleitet wurde. Sie sollten in allen Bordellen dieser Welt ausgehen. Nicht nur, wenn „Jahrhundert-Pandemie“ ist. Aber gerade jetzt ist es höchste Zeit.

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Corona: Das Pascha ist pleite!

Die Türen des Pascha sind zu - und bleiben es auch. Foto: imago images/Eibner
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An Corona gibt es eigentlich nichts Erfreuliches, eins aber doch: Das Kölner Pascha ist pleite. Geschäftsführer Armin Lobscheid hat am Dienstag beim Kölner Amtsgericht einen Insolvenzantrag eingereicht. Damit macht Europas größtes Bordell endgültig die Tore dicht.

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Seit dem Corona-Lockdown im März sind in Deutschland die Bordelle geschlossen. Die laufenden Kosten für das zehnstöckige Laufhaus mit angeblich 60 Angestellten wie Handwerker, Köche oder Security-Männern seien nicht mehr länger zu stemmen gewesen, erklärt Lobscheid.

„Eine Frau kommt auf die Welt, um einem Mann zu dienen und zu gehorchen.“ Mit diesem Credo, das er auch beim 20-jährigen Pascha-Jubiläum frank und frei in die TV-Kameras posaunte, war Hermann Müller 1996 angetreten und hatte sein erstes Bordell gegründet: das „Pascha“ an der Kölner Hornstraße. Auf zehn Stockwerken waren hier bis zum Lockdown rund 120 Frauen Männern zu Diensten – mit „Geld-zurück-Garantie“.  

Die Frauen zahlten für ein Zimmer 160 Euro am Tag - das macht 100 Freier im Monat. 

Müller blieb seinem Motto treu: Die Frauen zahlten in dem zehnstöckigen Laufhaus für ein winziges Zimmer 160 Euro – am Tag! Das macht 4.800 Euro im Monat. Das sind, bei Preisen zwischen 30 und 50 Euro, mindestens 100 (!) Freier im Monat allein für die Zimmermiete. Die Miete muss, wie EMMA-Redakteurin Alexandra Eul bei einer fiktiven Bewerbung im Pascha recherchiert hatte, jede Nacht um vier Uhr gezahlt werden.

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Viele Frauen lebten in den Zellen und schliefen in dem Bett, in dem sie auch die Freier bedienten. Das wurde erst mit dem „Prostituiertenschutzgesetz“ 2016 offiziell verboten, ist aber bei einer Sexfabrik, die 24 Stunden geöffnet hat, kaum zu kontrollieren.

Rund eine halbe Million Euro „erarbeiteten“ die Frauen jeden Monat dem Pascha allein mit ihrer Zimmermiete. Als dann der Lockdown kam, beantragte Armin Lobscheid Kurzarbeitergeld – für die 60 Angestellten. Die Frauen gingen leer aus, die seien schließlich „selbstständig“, so Lobscheid.    

Alice Schwarzer zu  Lobscheid: Sie sind ein "White-Collar-Zuhälter"!

Wer sich auf der Website des Pascha umschaute, sah, dass der allergrößte Teil der „Mädchen“, die hier den Möchtegern-Paschas ihre Körper zur Benutzung zur Verfügung stellten (oder stellen mussten), aus Osteuropa und Afrika stammten. Wer sich in den Freierforen umschaute, entdeckte Posts wie diesen: "Moin Mitficker! Was ist das Beste an einem Besuch in Köln? Ein Kurzbesuch in der Hornstraße.“ Sodann schwärmt der „Mitficker“, wie er Kim, den „Kohleneimer“ so richtig „aufgepflockt“ hat. „Endlich mal komplett im Negerarsch!“

2005 nahm die Polizei bei der Aktion „Frühlingszauber gegen Menschenhandel“ 23 Frauen im Pascha fest, davon vier Minderjährige. Sie stammten aus Nigeria. Geschäftsführer Armin Lobscheid erklärte, deren Pässe seien gefälscht gewesen, da könne er halt nichts machen. Auf die Frage, wie er wissen könne, dass die Frauen im Pascha nicht von Zuhältern geschickt und abkassiert werden, antwortet Lobscheid: Für das, was außerhalb des Bordells passiere, könne er natürlich nicht garantieren. Aber: Sollte er von solch einem Fall erfahren, würde er sofort die Polizei informieren. Als er in einer Talkshow vom erfahrenen Rotlicht-Kommissar Helmut Sporer gefragt wurde, wie oft er das denn schon getan hätte, musste der Pascha-Geschäftsführer zugeben: Noch nie. In derselben Talkshow bezeichnete Alice Schwarzer Lobscheid als "White-Collar-Zuhälter".

Lobscheid zum Kommissar: Noch nie die Polizei benachrichtigt.

Umso zynischer ist es, dass Lobscheid mit Blick auf die Pascha-Pleite nun vor den Gefahren warnt, denen die Prostituierten jetzt ausgesetzt seien. „Bulgarische Zuhälter nehmen ihren Prostituierten jetzt das ganze Geld ab“, klagt Lobscheid. Ach, tatsächlich? Und wir dachten immer, Prostituierte arbeiteten freiwillig und selbstbestimmt… Aber nein: „Weil die Nachfrage weiter vorhanden ist, treffen die Frauen sich nun in Hotels, Wohnungen, Autos und Wohnmobilen mit den Männern. Sie genießen nun keinen Schutz mehr, sind ihren Zuhältern und auch Freiern hilflos ausgesetzt.“ Nein, wirklich? Und wir dachten, dass das auch schon vor Corona genauso war...

Und jetzt im Ernst: Das System Prostitution ist menschenverachtend. Es verstößt gegen die Menschenwürde, wenn Männer nur einen Geldschein hinlegen müssen, um den Körper und die Seele einer Frau benutzen zu dürfen. Zumal 90 Prozent dieser Frauen aus den Armenhäusern Europas stammen.       

Ist die Pascha-Pleite der Beginn des Bordellsterbens? Das wäre tatsächlich eine gute Nachricht. Die noch bessere Nachricht wäre, wenn der Staat es nicht Corona überlassen würde, diesem System ein Ende zu setzen - wie es andere europäische Ländern schon getan haben, sondern die Freierbestrafung einführen würde. Denn die schaffen mit ihrer Nachfrage überhaupt erst den Markt. Und eine sehr gute Nachricht wäre es, wenn der Staat den vielen bitterarmen Rumäninnen und Bulgarinnen eine echte Alternative zur Prostitution anbieten würde.

 

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