Corona: Um eine Generation zurück
Was sich bereits in der ersten Corona-Welle 2020 abzeichnete, wird immer evidenter: Frauen sind weltweit die großen Corona-Verliererinnen. Der am 30. März veröffentlichte "Global Gender Gap Report" des Weltwirtschaftsforums kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen beim Streben nach Gleichberechtigung in der Corona-Krise um eine gesamte Generation zurückgeworfen werden. Der Gender Gap wird durch Corona nicht mehr in "nur" 99,5, sondern erst in 135,6 Jahren geschlossen werden können. Wenn die Schnecke Fortschritt überhaupt weiterkriecht.
Zudem haben weltweit rund fünf Prozent aller beschäftigten Frauen ihren Job im letzten Jahr verloren, bei den Männern waren es nur 3,9 Prozent. Jede 25. Frau, aber nur jeder 20. Mann.
Arbeitslosigkeit ist seit Mitte 2020 bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt
Aufgeschlüsselte Zahlen aus Deutschland gebe es zwar noch nicht, sagt Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin, aber auch hier zeigt sich: Die steigende Arbeitslosigkeit ist seit Mitte 2020 im Land der "Rabenmutter", in dem Frauen besonders häufig versuchen, via Teilzeitarbeit die "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" hinzukriegen, bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern.
Weil Frauen auch hierzulande stärker im Einzelhandel, in der Gastronomie und in prekären Anstellungsverhältnissen tätig sind. Die gerade bekannt gewordenen Zahlen des Modehauses Adler, das einen Antrag auf Insolvenz gestellt hat, zeigen zum Beispiel, wie schlecht es dem Textil- und Schuhhandel in Deutschland geht – in einer Branche, in der fast ausschließlich Frauen beschäftigt sind. Mit etwas Zeitverzögerung wegen der Unterstützungsmaßnahmen sei hier ein deutlicher Einbruch zu befürchten, so Jutta Allmendinger. Seit Juni 2020 sind bereits 850.000 Minijobs in Deutschland verschwunden – auch die haben überwiegend Frauen.
Selbst die erhoffte „Impfwelle“ gibt wenig Grund, in Optimismus auszubrechen. Die WirtschaftsforscherInnen fürchten eine Art "Marktbereinigung" des Einzelhandels durch den explodierenden Onlinehandel. Viele Menschen hätten sich daran gewöhnt, größtenteils online zu shoppen und würden dieses Verhalten auch nicht in Gänze wieder zurückfahren, wenn die Geschäfte wieder öffnen.
Das Konjunkturpaket ist von Männern für Männer gemacht
Eine weitere Corona-Bremse ist, dass Frauen nur sehr gering vom Konjunkturpaket profitieren. Von den 167,4 Milliarden Euro an Konjunkturmaßnahmen gehen gerade einmal 6,69 Milliarden (4 Prozent) an Branchen und Bereiche, in denen vorwiegend Frauen beschäftigt sind. Errechnet hat das Claudia Wiesner, Professorin für Politikwissenschaft an der Fulda University of Applied Sciences. "Es ist ein Konjukturpaket von Männern für Männer!", resümiert Wiesner.
Mit diesem Paket greife die Regierung zudem auf altbewährte Muster zurück: Konjunkturförderung heißt Förderung der Baubranche oder der IT-Branche. „Frauen und Gleichstellungspolitik sind im Krisenmanagement der Bundesregierung kein Thema. So hat zum Beispiel auch die Bundeskanzlerin im Corona-Kabinett sogar auf die Familienministerin verzichtet“, klagt Wiesner.
Aus all diesen Gründen verdienen die so häufig teilzeitarbeitenden Frauen - jede zweite! - in Deutschland im Schnitt noch immer ein Fünftel weniger als Männer. Das führt jetzt dazu, dass Frauen weniger Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld bekommen, weil ihr Nettolohn kleiner ist. Die Prognosen für Frauen sind also nicht gerade ermunternd. Und der dritte „harte“ Lockdown steht gerade erst bevor.
Wie es den Betroffenen damit geht, und was Frauen tun können, ja müssen, darüber berichtet EMMA in der aktuellen Ausgabe. Hier zur März/April-Ausgabe!