"An mir klebt ein Preisschild!"
Als meine Eltern Pläne für ein zweites Kind machten, waren beide auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren. Meine Mutter hatte bereits einen Sohn aus erster Ehe und war zu dem Zeitpunkt 48 Jahre alt und hatte Probleme mit Unfruchtbarkeit. Aber mein Vater wollte ein Kind aus seinen eigenen Genen. Eine Adoption kam für ihn nicht in Frage. Meine Eltern leben in den USA und sie entschieden sich für eine Leihmutter bei einer Agentur in Kentucky, Louisville. Genug Geld hatten sie. Die Leihmutter wurde nach ihrer Ähnlichkeit zu meiner Mutter ausgesucht. Es war eine traditionelle Leihmutterschaft, es gab keinen Eizellentransfer von einer Eizellspenderin. Meine Leihmutter ist also auch meine biologische Mutter.
Es heißt, die Agenturen prüfen die Psyche der Leihmütter. Das ist eine Lüge.
Es heißt immer, die Agenturen würden die Psyche der Leihmütter überprüfen, ob sie auch wirklich bereit dafür wären, ein Kind für andere auzutragen und es herzugeben. Das stimmt nicht. Und das wissen auch alle, die sich damit beschäftigen. Es reicht, sich den Markt anzuschauen. 14 Milliarden Dollar wurden 2023 durch Leihmutterschaft verdient. Agenturen sehen nur das, was sie sehen wollen. Und das ist in erster Linie das Geld, das die Frauen ihnen bringen.
Mein Fall ist das beste Beispiel dafür. Meine Leihmutter hatte nicht nur große psychische Probleme und Depressionen, sie hatte auch kurz vor der Leihmutterschaft ihren zweieinhalbjährigen Sohn in einem tragischen Unfall verloren. Sie war also alles andere als bereit für eine Schwangerschaft. Sie war in Not. Sie konnte nicht mehr arbeiten, hatte aber Rechnungen zu bezahlen.
Mein Geburtstermin wurde auf den 10. Dezember festgelegt, ich sollte ein Weihnachtsbaby werden. Ich wurde per Kaiserschnitt entbunden und direkt meinen Adoptiveltern übergeben.
Das Gefühl verlassen worden zu sein, verfolgt mich mein ganzes Leben. Ich habe als Kind gespürt, dass etwas mit meiner Familie nicht stimmt. Ich habe auch ehrlich gesagt nicht besonders gut in sie hineingepasst. Ich war ein kompliziertes Kind, hatte psychische Probleme. Ich habe immer einen blinden Fleck auf mir gespürt.
Mit 31 fand ich durch einen DNA-Test heraus, was ich instinktiv immer gefühlt habe: dass ich nicht mit meiner Mutter verwandt bin. Nicht zu wissen, wo ich herkomme, hat verhindert, mich zu finden. Ich weiß, dass es vielen Kindern so geht, die adoptiert wurden, die ihre leiblichen Eltern verloren haben. Viele leiden unter Verlustängsten. Irgendetwas ist in uns, das uns suchen und nicht zur Ruhe kommen lässt.
Meinetwegen wurde eine Frau ausgebeutet. Sie wurde entmenschlicht
Heute möchte ich den Kindern von Leihmüttern eine Stimme geben. Viele von uns fühlen sich wie ein Produkt. An uns klebt ein Preisschild. Wir wurden bestellt, bezahlt und abgeholt. Dazu kommt das Wissen, dass eine Frau meinetwegen ausgebeutet wurde, ja entmenschlicht wurde. Sie war in so großer Not, dass sie ihr Baby verkauft. Zu wissen, dass ich dieses Kind bin, liegt wie ein Schatten auf mir.
Ich habe heute selbst drei Kinder. Ein Kind zu verkaufen, kommt mir unethisch, ja unmenschlich vor. Wie kann jemand das Kind, das er geboren hat, verkaufen? Wie kann ein Kind zur Ware werden? Ein Mensch, ein kleines Kind darf doch nicht Gegenstand eines Vertrags sein! Eine Frau darf doch kein Inkubator sein!
Ich verurteile meine Eltern nicht. Sie konnten diesem Angebot auf dem Silbertablett einfach nicht widerstehen. Aber ich verurteile das System, das Leihmutterschaft ermöglicht. Für die Leihmutterschaft verkaufen wir unser Gewissen, wir schalten unser hochethisches Empfinden für die Würde des Menschen aus. Menschen kaufen Kinder, weil sie unfruchtbar sind; weil sie zu spät entscheiden, ein Kind zu wollen oder weil sie die Strapazen einer Schwangerschaft nicht auf sich nehmen möchten. Sie kaufen ein Kind, weil sie es können. Leihmutterschaft ist zutiefst unethisch. Es kann nur ein Ziel geben: die Leihmutterschaft abschaffen!
Mehr zum Thema "Leihmutterschaft" und den Plänen der Ampel zur Legalisierung im Dossier der aktuellen EMMA!