Das Verschwinden der Klitoris
„Ich war für einen Forschungsaufenthalt am St. Antony’s College in Oxford. (…) Ich las damals aus dem 17. Jahrhundert stammende Handbücher für Geburtshilfe und fand stattdessen Ratschläge für Frauen, wie sie überhaupt schwanger würden. Hebammen und Ärzte schienen anzunehmen, dass der Orgasmus der Frau zu den Voraussetzungen der Fortpflanzung gehört. Der Orgasmus galt als ein für die Empfängnis mehr oder weniger unabdingbarer Routinevorgang. Mich überraschte das. Aus Erfahrung müsste man gewusst haben, dass es häufig ohne ihn zur Schwangerschaft kommt. Überdies war ich als Historiker des 19. Jahrhunderts an Doktoren gewöhnt, die darüber stritten, ob Frauen überhaupt einen Orgasmus haben. (…) Schon früh fiel mir auf, dass das Aussparen der weiblichen Lust aus medizinischen Darstellungen der Empfängnis ungefähr zur selben Zeit geschah, als der weibliche Körper nicht länger als die geringere Version des männlichen verstanden wurde (ein Ein-Geschlecht-Modell), sondern als sein ihm unvergleichbares Gegenstück (ein Zwei Geschlechter-Modell).“
Laqueur verfolgte die Spur zurück bis ins antike Griechenland und machte sich daran herauszufinden, wie es dazu kam, dass bis zum viktorianischen Zeitalter nicht nur die Klitoris aus medizinischen Texten und Illustrationen verschwunden war, sondern auch der Orgasmus aus der viktorianischen Vorstellung weiblicher Sexualität verbannt wurde. (...)
Der vollständige Artikel steht in EMMA Juli/August 2013. Der Text ist ein Auszug aus Rebecca Chalker: Klitoris – Die unbekannte Schöne (Orlanda).