Der Irak-Krieg
Als am 20. März 2003 die Alliierten Truppen unter Führung der USA die ersten Bomben über dem Irak abwarfen, hatte es nicht an Stimmen gefehlt, die vorab gewarnt hatten vor den Folgen. Die mit deutlichen Worten darauf aufmerksam gemacht hatten, dass die Behauptung, der Irak habe Massenvernichtungswaffen, mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch und nur Vorwand für die Invasion seien. Knappe drei Jahre später sind die Truppen noch immer im Irak, gibt es rund 30.000 tote irakische Zivilisten, 2.248 gefallene US-Soldaten und 195 Tote bei den Alliierten, sowie über 1.200 Geiseln, davon rund 1.000 Irakerinnen und 200 Ausländerinnen. Nicht zu reden von den Tausenden Verwundeten und Millionen Traumatisierten. Nicht zu reden von der Zerstörung des Landes und der Vernichtung einer der ältesten Kulturen der Welt. Und schon gar nicht zu reden von der Tatsache, dass gerade die Irakerinnen vor dem Krieg gleiche Rechte hatten und in den Universitäten mehr Frauen studierten als Männer.
Ja, Saddam Hussein war ein blutiger Tyrann. Aber war das der Grund für den Einmarsch? Schließlich hatten die .Befreier' in den Jahren zuvor noch mit demselben Tyrannen am Verhandlungstisch gesessen und Geschäfte gemacht. Ein gerechter Prozess gegen Hussein würde darum nicht nur seinen Opfern Genugtuung verschaffen, sondern auch bittere Wahrheiten in Bezug auf die Rolle des Westens öffentlich machen. (Auch darum dürfen der Angeklagte und seine Anwälte nie zuende reden.)
Heute ist der Irak ein islamisch regiertes Land und die Drehscheibe des islamistischen Terrors in Nahost - kräftig genährt vom Nachbarn Iran, dessen Treiben der Westen seit 1979 tatenlos zusieht. Die Gründe dafür sind vielfältig und auch in EMMA immer wieder analysiert worden. Sie hatten mit dem Kampf Amerikas gegen die Sowjetunion zu tun (um die die USA durch Unterstützung der Islamisten den so genannten .grünen Gürtel' zog), und sie haben mit weiterhin aktuellen wirtschaftlichen Interessen zu tun. Die Frage der Menschenrechte oder gar Frauenrechte interessiert dabei niemanden.
Auf den nachfolgenden Seiten berichten zwei Frauen von der Front: eine junge Irakerin in Bagdad und eine junge Soldatin von der Truppe. Männer und Frauen von der Army schreiben ihren letzten Brief. Und eine Perserin erklärt, warum sie sich nicht für den iranischen Präsidenten schämt.
Alice Schwarzer