Der Kölner Pfarrer Hans Mörtter lobte das Pascha als „große Familie“ und nahm freudig eine Spende an. Mit dem Sturm der Entrüstung hatte er nicht gerechnet. Es hagelte Protest und auch Mörtters Dienstherr fand dessen Sympathiebekundungen für die Sexfabrik „das Allerletzte“. Das Kalkül der Paschas ging diesmal nicht auf.
14. Februar 2016
Pfarrer Mörtter und Pascha-Besitzer Müller. - Foto: Facebook
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Der Pfarrer schien bester Laune, als ihm die Reporterin der WDR-Lokalzeit ihr Mikro vor die Nase hielt und ihn um ein Statement zum Pascha bat. Jenem Kölner Großbordell, das sein 20-jähriges Bestehen mit einem „Charity Tag“ feierte. Offenbar genoss Hans Mörtter den Abend und vielleicht ja auch die dazugehörige Stripshow der Damen aus der Tabledance-Bar des Etablissements.
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Jedenfalls erklärte er der Reporterin: „Ich finde, das Pascha als Ort ist völlig in Ordnung!“ Dann geriet der Pfarrer regelrecht ins Schwärmen: Es sei „so ein Biotop, eine große Familie.“ Die 8.500 Euro-Spende für die Flüchtlingshilfe, die ihm das Bordell – allerdings nur bei persönlichem Erscheinen! - versprochen hatte, nehme er gern an, denn schließlich handle es „sich nicht um schmutziges Geld“.
Das Pascha als Ort ist völlig in Ordnung!
Vermutlich wäre Pfarrer Mörtter damit sogar durchgekommen, denn das laut Selbstdarstellung „größte Bordell Europas“ ist es gewohnt, sein schmutziges Geschäft via Umarmungsstrategie reinzuwaschen. So musizieren bei der Reihe „Jazz goes Pascha“ Mitglieder der WDR-Bigband; ein Pascha-Wagen rollte auf der CSD-Parade mit; und der Fanclub des 1. FC Köln hatte das Großbordell bereits als Sponsor bejubelt (und machte nur wegen der Proteste einen Rückzieher).
Und auch an jenem „Wohltätigkeitsabend“ am 12. Januar 2016 waren Vereine wie die Arbeitslosenberatung „Kalz“, die Familienhilfe „Sack e.V.“ oder der Karnevalsverein „Kriedlicher“ anwesend, um dankbar eine Spende aus dem Hause Pascha abzugreifen. Dumm nur, dass in dem besagten WDR-Beitrag Pascha-Besitzer Hermann Müller ein allzu offenes Wort sprach: „Eine Frau kommt auf die Welt, um dem Mann zu dienen und zu gehorchen“, erklärte der Puff-Betreiber. Das hätten ihm sein Vater und Großvater erklärt. Seine Frauen hätten das ebenfalls „so empfunden und das klappt hervorragend.“
Die Frau soll dem Mann dienen und gehorchen!
Nun brach ein Sturm der Entrüstung los. Hans Mörtter bekam Protestmails und Joachim Frank vom Kölner Stadtanzeiger fragte nach, was die KirchenvertreterInnen denn von den Lobeshymnen des Pfarrers auf das Großbordell hielten. Die Antwort war eindeutig. „Es wird einem schlecht“, erklärte Iris Pupak von der „Evangelischen Frauenarbeit im Rheinland“. „Es ist nicht in Ordnung, Geld von jemandem anzunehmen, in dessen Geschäft sexuelle Ausbeutung von Frauen und Gewalt eine Rolle spielen.“ Angesichts der „knallharten Machtverhältnisse von einer ‚Familie‘ zu reden“, sei „lachhaft, wenn es nicht so unwürdig wäre“, fand Bernadette Rüggeberg vom katholischen Frauenhilfeverein Donum Vitae. Klare Worte fand auch Mörtters Dienstherr, Stadtsuperintendent Rolf Domning: Das Frauenbild des Bordellchefs sei „unsäglich“ und dass Mörrter eine Spende von ihm annehme, das „Allerletzte“.
Und die ebenfalls angefragte Alice Schwarzer fragte, wie das ausbeuterische Gebaren des Großbordells denn eigentlich mit dem christlichen Selbstverständnis des Pfarrers zusammenpassten: „Frauen, die mindestens fünfmal am Tag ran müssen, allein um die Wuchermiete zu zahlen – solche Verhältnisse sind für Pfarrer Mörtter ‚völlig in Ordnung‘?“ Mörtter sei nun Teil der „Selbstverharmlosungsstrategie“ des Großbordells geworden, das seit Jahren an seiner Salonfähigkeit arbeite.
Das fand auch Sarah Brasack, die den Skandal im Kölner Stadtanzeiger kommentierte: „Das Pascha versucht seit geraumer Zeit, sich einen gutbürgerlichen Anstrich zu geben und Hemmschwellen zu senken“, erklärte die Redakteurin. „Jeder Künstler, der sich vom Pascha engagieren lässt, sollte sich vorher fragen, ob er dessen Chef mit seinem widerlichen Frauenbild helfen möchte, noch reicher zu werden.“ Und gerade nach der neu aufgeflammten Sexismus-Debatte nach Silvester sei es unmöglich, dass sich „Vertreter der Kirche auf die Seite der Verharmloser stellen“.
"Ich habe einen großen Fehler gemacht!"
Den Pfarrer, der sich in seiner Gemeinde in der arrivierten Kölner Südstadt gern als „soziales Gewissen“ und moderner Frauenversteher geriert, zeigte sich von der Empörung zunächst nicht wirklich beeindruckt. Er sei halt „begegnungsoffen“ und die Wirklichkeit „komplex“, schwadronierte er. „Aber vielleicht müsste ich einfach noch mehr wissen.“ (Unser Tipp: Einfach mal bei Organisationen wie Solwodi oder KARO nachfragen, die alle schon Frauenhandelsopfer aus dem Pascha betreut haben. Und zum Beispiel die Reportage von EMMA-Kollegin Alexandra Eul lesen, die sich undercover als Prostituierte im Pascha beworben hat.)
Doch vier Wochen nach dem Pascha-Geburtstag wurde der öffentliche Druck offenbar doch zu groß. Einen Tag nach einem Gespräch zwischen Pfarrer Mörtter und dem Personaldezernenten der rheinischen Kirche entschuldigte sich Mörtter und erklärte, er habe einen „großen Fehler“ gemacht. Auch der „Sack e.V.“ und die Arbeitsloseninitiative „Kalz“ erklärten nun, man habe das Pascha-Geld zurücküberwiesen und entschuldigten sich bei „denen, die wir verletzt und irritiert haben“. Geht doch.
Was wir hier auf dem Foto sehen, ist eine der vielen Sexfabriken in Deutschland: das Pascha in Köln. Wie es da zugeht, wollte EMMA mal ganz genau wissen. EMMA-Redakteurin Alexandra Eul hat sich beworben im selbsternannten "größten Laufhaus Europas". Was sie zu berichten hat, ist mehr als bedenklich.
Nur fünf, sechs Kilometer von der EMMA-Redaktion entfernt steht das nach eigenen Angaben „größte Bordell Europas“, das Pascha. Frauen haben keinen Zutritt. Es sei denn, sie mieten ein Zimmer und schaffen an. Als Jüngste (und Blondeste) in der Redaktion werde eines Nachmittags ausgerechnet ich genau dazu auserkoren: „Du bewirbst dich da einfach mal als Mieterin!“
In Deutschland, wo selbst Frauenzeitschriften wie Brigitte die Prostitution zum Trendberuf erklären, zum „Reservat, in dem Sex mit Neugierde und Leichtigkeit erlebt werden kann wie kaum irgendwo sonst“, dürfte das doch eigentlich gar kein Problem sein, oder? Und Prostitution ist ja auch kein „Ausbildungsberuf“, wie das die Grünen tatsächlich mal gefordert haben. Ich könnte also durchaus… Und es hilft in der Tat auch kein Sträuben: Ich werde von den Kolleginnen schlicht dazu verdonnert.
Es kostet mich in den Tagen darauf eine gewisse Überwindung, bis ich an einem stillen Wochenende zuhause beherzt die Internetseite des Pascha anklicke: „Wir senken die Preise, nicht die Qualität!“, steht da. Für 30 Euro gibt es 15 Minuten Geschlechts- oder Oralverkehr im Express-Gang auf der ersten Etage. Von 9 bis 15 Uhr im Angebot: „Gratisnummern“. Außerdem: Gratiszugang für „Senioren“ ab 66, für Geburtstagskinder und Bräutigame auf Junggesellenabschied (für die aber nur freitags). Alle anderen müssen unter der Woche 30, am Wochenende 35 Euro Eintritt für den PaschaNightclub zahlen. Inklusive Alkohol, Stripshow und allem Pipapo. Vom Nachtclub ist es nicht weit ins Laufhaus nebenan. Das kostet fünf Euro Eintritt. Oder bis zum „Club 11. Etage“, dem „Gentleman-Club“ im Pascha, der „FKK“-Etage. Die kostet 60 Euro Eintritt. 800 Freier kommen im Schnitt täglich ins Pascha, am Wochenende sind es oft über 1000 pro Tag.
Ich klicke weiter und sehe das Foto einer Frau im Handstand. Die Beine spreizt sie breit auseinander. Eine andere hockt dahinter und leckt ihr die Klitoris. Ich klicke auf Pascha Livecam und sehe sehr viele Frauen, die ihre Brüste in die Kamera halten. Titel: „Amateure live vor der Webcam“. Eigentlich sind es ausschließlich Amateurinnen, die hier dazu auffordern, im Chat die „versautesten Phantasien“ auszuleben. Ein Klick weiter, auf das Foto einer halb-nackten Frau mit Krankenschwester-Haube, die auf einem Gynäkologenstuhl kniet, ihr ragt ein Schlauch aus dem Hintern. Jetzt bloß nicht nervös werden. Ich klicke weiter auf die Seite „Für Mieterinnen“. Sieh an!
Das Pascha sichert mir „gut verdientes Geld“ im „sichersten Bordell Europas“ zu und umwirbt mich: „Du bist mindestens 18 Jahre alt. Du bist aufgeschlossen und hast keine Berührungsängste mit dem Rotlichtgewerbe. Deine Leidenschaft ist es, Männern zu Inspiration und Freude zu verhelfen. Bewirb dich bei uns über das Kontaktformular oder rufe uns gleich an und komm bald vorbei, um dich vorzustellen.“ Europas „erfolgreichstes Bordell“ mit mir per du.
Eine Woche später nimmt mein Alter Ego „Nicole“ Kontakt mit dem Pascha auf. Nicole ist 28 Jahre alt, also vier Jahre jünger als ich. Sie hat Germanistik studiert und Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Das Arbeitslosengeld reicht nicht aus, um Wohnung, Versicherungen, Essen und ein bisschen mehr zu finanzieren. Neuerdings bieten ihr auf Partys Typen schon mal Geld für Sex an. So kommt sie auf den Gedanken, es mal als Prostituierte zu probieren.
Doch Nicole hat auch durchaus Tabus, wie die meisten Frauen. Sie will auf keinen Fall Analsex und auch keinen Sex ohne Gummi. Was sie will ist: Die Sache jetzt durchziehen. Für maximal ein Jahr. Bis sie einen Job hat. Mein Handy mit der Prepaidkarte liegt seit einer Stunde unangerührt auf dem Küchentisch, daneben der Zettel mit der Pascha-Nummer: 0221/17906100. Okay, ich tu’s! Ich ruf an…
Es meldet sich ein Mann. „Ich habe gehört, dass ihr Mieterinnen sucht“, sage ich. „Club oder Laufhaus?“ Auf diese Frage bin ich nicht vorbereitet. „Club“, antworte ich verunsichert. Klingt irgendwie besser. Ich werde durchgestellt, diesmal meldet sich eine Frau, die so aufgeräumt plappert wie Heidi Klum bei Germany’s next Top Model. „Oh, wenn du ein Zimmer willst, bist du hier falsch, da musst du ins Laufhaus!“
Was denn Club überhaupt bedeute, will ich wissen. „Also, im Club in der elften Etage stehen die Mädchen an der Bar und werden von den Männern angesprochen. Und wenn es dann zum … nun ja … kommt, gehen sie mit den Männern auf ein Zimmer, das frei ist. Im Laufhaus mieten sie ihr eigenes Zimmer und arbeiten selbstständig.“ – „Klingt irgendwie besser“, sage ich, diesmal entschlossen. Die Frau stellt mich auf Warteschleife.
Es meldet sich wieder der Mann, offenbar in Eile. „Hast du schon mal als Prostituierte gearbeitet?“ – „Ich hatte Angebote.“ – „Bist du über 18.“ – „Ja.“ – „Wo kommst du her?“ – „Aus dem Umland.“ – „Also pass auf, es läuft so: 150 Euro Kaution, 160 Euro Miete pro Tag. Die Miete muss täglich bis morgens um vier Uhr gezahlt sein. Bei Auszug stehen 40 Euro Reinigungskosten an.“
Einen Vertrag gebe es nicht, aber ich müsse meinen Ausweis vorzeigen. Der Auszug sei jederzeit möglich. Die Arbeit ginge auf eigene Verantwortung und auf eigene Rechnung. „Preisgestaltung ist deine Angelegenheit. In der Regel nehmen Frauen 50 Euro für eine normale Nummer“, sagt der Mann. „Kann ich mir das Haus mal anschauen?“ – „Klar, wir haben 24 Stunden geöffnet!"
160 Euro Miete? Das wären ja 4800 Euro im Monat. Für ein Zimmer. Bei einer Sieben-Tage-Woche wären das also mindestens drei „normale“ Nummern am Tag oder fünf „Express-Nummern“. Und dann habe ich noch nicht einmal was gegessen – von der Miete für eine Wohnung außerhalb der Bumsbude ganz zu schweigen.
Zur Einstimmung suche ich im Internet nach Erfahrungsberichten von Mieterinnen. Über „Pascha + Bordell + Zimmer“ finde ich nur Freier, die sich in Online-Foren wiehuren24.info oder hurenforum.to gegenseitig informieren, ob jetzt die mit den „Mördermöpsen“ auf Zimmer 108 oder der „Optikfick“ auf Zimmer 521 geiler ist. Ausführlichere Tipps geben die Herren auch gerne: „Moin Mitficker. Was ist das Beste an einem Besuch in Köln? Ein Kurzbesuch in der Hornstraße. Also rüber ins Pascha. In Zimmer 406 habe ich Kim getroffen. Ein Kohleneimer wie er im Buche steht, weiße Fickmich-Stiefel an, weiße Dessous, ansonsten kohlrabenschwarz. Ach ja, dicke Titten und nen drallen Arsch hat sie ebenfalls. Sie fängt an zu blasen und ich widme mich ihren vorzüglichen Arschbacken (...). Dann ziehe ich sie in meine Richtung und setze mich auf meinen Arsch. Der Schwanz ist in ihrem Po und somit habe ich sie aufgepflockt. Endlich mal komplett im Negerarsch! Bezahlt habe ich 80 Euro.
Ich recherchiere: elf Stockwerke insgesamt. In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger erläutert Pascha-Geschäftsführer Armin Lobscheid: Das Laufhaus habe 140 Zimmer auf sieben Etagen; sowie 70 Festangestellte, also Köche, Kellner und Reinigungspersonal. Plus 15 bis 30 „Tänzerinnen“ im Pascha Nightclub. Auf der Dachterrasse, die zum FKK-Club auf der elften Etage gehört, veranstaltet das Pascha schon mal Gang-Bang-Partys samt Amateur-Porno-Dreh. Der schwedische Filmemacher Svante Tidholm war für seine Dokumentation „Like a Pascha“ dabei. Ein dutzend Freier in Bademäntelnund mit Masken umkreisen da transsexuelle Porno-Darstellerinnen und jeder durfte mal ran. Die Pascha-Kameraleute halten auf alles drauf. Also, da bewerbe ich mich lieber für's Laufhaus!"
Zwei Wochen später mache ich mich auf den Weg zur Hornstraße. Ich betrachte noch einmal mein überschminktes Gesicht im Spiegel: schwarz umrandete Augen, rote Lippen, zurückgesteckter Pony, lange, strohblonde Haare. Mein Blick wandert auf meine Push-Up-Brüste, die unter dem engen T-Shirt unwirklich groß wirken. Das ist also Nicole. Nicole hat gerade Schiss. Aber Nicole ist jetzt tapfer und fährt mit dem Fahrrad ins Pascha!
Ich vermute, dass Prostituierte nicht auf Hollandrädern vorfahren und schließe meins in einer Nebenstraße an. Von der in der Lokalpresse gern beschriebenen „Industrie-Romantik“ und dem „anrüchigen Flair des Bordells“ (Stadtrevue) ist in der Hornstraße allerdings wenig zu spüren. Die Sonne scheint auf den hellblauen Plattenbau. Die Fassade bröckelt, die roten Neonlampen leuchten nicht und vor dem Eingang zum Pascha stehen zwei unschlüssig wirkende junge Männer und starren mir hinterher. Das Drehkreuz direkt hinterm Eingang bremst meinen als energisch geplanten Auftritt leider aus. „Hallo!“, sage ich zu dem Riesen dahinter. Der Pascha guckt finster. Besonders oft kommt es scheinbar nicht vor, dass junge Frauen hier reinmarschieren. Erst als ich mich nach dem Zimmer erkundige, erhellt sich sein Gesicht. „Du hattest doch angerufen!“ – „Ja, genau, ich bin …“ – „Komm doch rein!“ – „Wir hatten…?“ – „Ja, wir haben telefoniert, willst du was trinken?“
Der Mann, nennen wir ihn Pascha Nr. 1, fummelt an seinem Funkgerät rum, er will gleich „den Manager“ rufen. Eine „Dame“ sei da, die sich das Haus ansehen wolle. Die „Dame“ steht verloren in dem verwinkelten Eingangsbereich, und scannt die Rezeption mit den vielen Zimmerschlüsseln und den Tresen mit Bildschirmen für die Überwachungskameras. Erst mal orientieren.
„Setz dich doch!“, sagt Pascha Nr. 1 und lässt noch eben ein paar Freier durchs Drehkreuz. Ich hocke mich zittrig auf den Rand der Lederpolster, vor mir sprudelt schon ein Glas kaltes Wasser. Es riecht süßlich, wie in einer Shisha-Bar. „Die Konditionen kennst du ja schon“, sagt Pascha Nr. 1. Ich will Zeit gewinnen. „Kann mich nicht erinnern“, sage ich leise. Pascha Nr. 1 lächelt verständnisvoll und erklärt alles noch mal.
Eine zierliche Halbasiatin im geblümten Morgenmantel schwebt in die Empfangshalle und macht vor, wovon Pascha Nr. 1 spricht. Sie steckt Geld in einen klobigen Automaten an der Wand. Das wird dann direkt auf ihr Pascha-Konto gebucht. Alles ganz einfach, sagt Pascha Nr. 1, ich dürfe eben nur nicht im Minus sein.
Und wenn ich nicht zahlen kann? Es sei ja manchmal nix los, so wie jetzt zum Beispiel. Pascha Nr. 1 zieht die Schultern hoch. Klar könne man hier auch anschreiben lassen. Aber dann müsse ich eben in den kommenden Nächten so „richtig ran“. Pascha Nr. 1 grinst. „Suck and Fuck“ heißt das hier, erklärt er mir. „Du hast noch nie in einem Laufhaus gearbeitet, oder?“ – „Nee.“
Auftritt Pascha Nr. 2, der angekündigte Manager. Ein kleiner, hagerer Mann mit Haartolle. Er mustert mich kritisch, nickt und verschwindet. Meine Handtasche kontrolliert niemand, dabei hatte ich die extra auf Glaubwürdigkeit gepackt: nur Kondome und Schminke.
Jetzt setzt sich Pascha Nr. 1 in Bewegung und winkt aufmunternd. Die Hausführung beginnt. Was er denn so mache? „Ich bin Türsteher.“ Wir steigen in einen engen Aufzug und fahren in die zehnte Etage. Hier gibt es sogar Tageslicht. Und die PaschaKantine. Die hat ihre besten Zeiten hinter sich. Pascha Nr. 1 lobt die 24-StundenKüche, Soft-Drinks seien „sogar gratis“.
Auf der Durchreiche zur Küche steht ein Teller mit einem Flatschen Kartoffelpüree, darunter muss sich das Schweinemedaillon verbergen, das heute auf der Tageskarte steht. „Fifteen Euros!“ sagt eine blonde Frau und zeigt auf den Teller. Sie nimmt einen Soft-Drink dazu. „Das sind ja Restaurantpreise“, sage ich. „Ist ja auch kein MensaEssen“, stellt Pascha Nr. 1 klar. Essen von außen bestellen ist verboten. Macht einmal „Suck and Fuck“ für drei Mahlzeiten.
Siebte Etage. „Hier sind unsere Transen“, sagt Pascha Nr. 1 und geht im Treppenhaus gleich weiter in die sechste Etage und fünfte Etage. Langsam werde ich ungeduldig. Wollten wir nicht ein Zimmer anschauen? Ja gleich, sagt Pascha Nr. 1 und will schon wieder weiter in die vierte Etage. Ich bleibe stehen vor einem großen Plakat, auf dem eine „Krankenschwester“ im Kittelchen zu sehen ist. „Was ist das?“ frage ich betont unschuldig. „Ein Themenzimmer“, sagt Pascha Nr. 1. Davon gibt es hier mehrere, je nachdem, welche Techniken ich so bevorzugen würde. Vielleicht Sado-Maso…? Ich erwidere, ich hätte bei Männern den größten Erfolg damit, „ganz ich selbst zu sein“. „Ja, ganz natürlich, das ist … auch nett“, murmelt Pascha Nr. 1. Am Ende des Gangs schließt er eine Tür auf. Wir stehen in einer „Arztpraxis“ samt gynäkologischem Stuhl und WhirlpoolBadewanne. Der Raum wird nach Gebrauch sofort von professionellen Reinigungskräften geputzt, erklärt Pascha Nr. 1.
Wir streben weiter nach unten. Vierte Etage. Irgendwie sieht hier alles gleich aus. Kein Tageslicht, terrakotta-rot gestrichene Wände, orientalisch anmutende Ornamente und Deckenlampen, viele geschlossene Türen, davor Holzhocker, auf denen manchmal ein Handtuch liegt: das Zeichen, dass ein Freier im Zimmer ist.
Was ich denn so anziehen soll, will ich wissen. Völlig egal, sagt Pascha Nr. 1. Nur ganz nackt ginge nicht. Oben ohne aber schon.
Pascha Nr. 1 ist im Grunde kein unsympathischer Typ. Während er mich zielsicher durch das Haus führt und übers Wetter plaudert, würde ich trotzdem gerne brüllen: Scheiß aufs Wetter! Hast du denn noch nie davon gehört, dass zwei von drei Prostituierten unter den gleichen posttraumatischen Belastungsstörungen leiden wie Folteropfer und neun von zehn als Sozialhilfeempfängerinnen enden? Aber ich halte den Mund. Klar.
Wir kommen nun auf das Thema Gefahr zu sprechen. Zu Hause hätte ich ja immerhin die Kontrolle, wer rein kommt. Aber hier? „Was ist, wenn ein Arschloch mir eine reinhaut?“ Pascha Nr. 1 wehrt ab. Nein, nein, hier sei ich auf jeden Fall sicher! Er selbst sortiere ja am Eingang die Alkoho lisierten, die Pöbler aus. „Aber im Pascha Nightclub sind doch alkoholische Getränke im Eintritt inbegriffen…“ – „Eine gewisse Promille-Zahl ist ja auch gut fürs Geschäft“, erklärt Pascha Nr. 1. Und auf den Zimmern gebe es „natürlich Alarmknöpfe“. Beruhigend! Was ist denn jetzt mit dem Zimmer?
Während wir durch die Gänge des Laufhauses eilen, erhasche ich immer wieder mal einen Blick auf Frauen, die in Reih, Glied und in Unterwäsche auf den Hockern vor ihren Zimmern ausharren. Fast alle sind jung und schlank. Mit jeder Etage wächst mein Respekt vor den Frauen, die hier ihr Brot verdienen – und sinkt mein Respekt vor den Männern, die sie betrachten wie die Auslage in einer Metzgerei. Ich würde zu gerne mit einer der Frauen sprechen, aber Pascha Nr. 1 hat es eilig. Wenn ich den Freiern im Vorbeigehen ins Gesicht schaue, blicken sie auf den Boden.
Dritte Etage. Aus dem Friseursalon schallt uns ein heiteres „Hallo“ entgegen. Der Stylist und seine Kollegin lachen, auf dem Friseurstuhl sitzt eine Frau mit AluStreifen im Haar, ein kleiner weißer Hund tapst uns entgegen und für einen kurzen Moment scheint im Pascha alles so zu sein, wie die Betreiber es den Medien so gerne erzählen: Wie in einer großen Familie!
Zweite Etage. Die Boutique. Hier gibt es alles, was ich für den Job brauche: Kondome, Kostüme, Plateauschuhe. „Du brauchst also das Pascha nie verlassen“, schwärmt mein Begleiter.
Endlich biegt Pascha Nr. 1 in einen Gang ein. Es handele sich um ein „älteres Zimmer“. Ich trete ein und wünsche mir sofort den Pascha-Patchouli-Duft von eben zurück. Das Zimmer riecht so streng, dass ich kaum atmen kann. Wie soll hier auch gelüftet werden, die Fenster sind mit schwarzer Folie bedeckt, davor hängen vergilbte weiße Vorhänge. Der ganze Raum besteht aus einem riesigen Bett. Ich teste die dünne Schaumstoffmatratze. „Unbequem“, sage ich. „Du sollst hier ja auch nicht schlafen“, grinst Pascha Nr. 1. Der „Alarmknopf“ entpuppt sich als Telefon. Wie das in einer Notsituation funktionieren soll, will er mir beim „nächsten Mal“ erklären. Ach ja, wohnen könne ich hier natürlich auch! Der Arzt – einer für alle Frauen? – komme „zu festen Terminen“, erfahre ich. Bonjour tristesse: eine Art Schlafmatte, ein wackliger SperrholzSchrank, ein kleiner Tisch, eine nackte Deckenlampe, ein Mini-Bad.
Nebenan sehe ich zwei Frauen in einem halbwegs wohnlich eingerichteten Zimmer auf dem Bett sitzen und plaudern. Für die rund 4 800 Euro, die das Bordell pro Vollzeitmieterin monatlich verbuchen kann, würde ich lieber in ein Haus im Grünen ziehen. Wenn das Pascha ausgebucht ist, arbeiten hier über 100 Mieterinnen, demnach würde das Laufhaus allein via Miete der Frauen schon eine halbe Million Euro monatlich abwerfen. Hinzu kommen die Einnahmen vom Pascha-Nachtclub, der Eintritt von den Freiern ins Laufhaus, die Einnahmen durch die Pascha-Partys, das Geld vom Gentleman-Club im elften Stock und vom Restaurant sowie die Einnahmen durch Merchandise-Produkte wie Pascha Shirts, Pascha Vodka, Pascha Kondome. Eine wahre Goldgrube. Für die Pascha-Betreiber.
Wir sind wieder im Erdgeschoss gelandet und machen noch einen Abstecher in den Pascha Nightclub, das Striplokal in direkter Nachbarschaft zum Laufhaus. Mit hochgestellten Stühlen im hellen Licht und dem staubigen gewaltigen Holzpenis auf der Bühne wirkt der Raum bei weitem nicht so rasant wie in dem Werbespot, mit dem das Pascha für seine Tabledance-Bar wirbt.
Ob ich denn noch was über den Club im elften Stock wissen will?, fragt Pascha Nr. 1. Ich will. Na gut.
Er übergibt mich an seinen Kollegen, nennen wir ihn Pascha Nr. 3. Der klärt mich auf über die Arbeitsbedingungen auf der „Beletage“. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: eine „Saunalandschaft“, in der ein „Ledergeschirr träge von der Zimmerdecke baumelt“. Der Gentleman-Club eben.
Also, los geht’s. Pascha Nr. 3 erklärt: 1. Wer nicht ohne Gummi blasen will, kann nicht im Club arbeiten. Und Aids? „Kannst ja ins Laufhaus gehen“, sagt er gleichmütig. Zum Standardprogramm gehöre außerdem: 2. Anfassen, „überall, nicht nur im Gesicht“. 3. Vaginaler Sex mit so vielen Positionen wie der Mann verlangt. Und: Sollte sich der Freier zwei Club-Girls aussuchen, gehören auch 4. „lesbische Liebesspiele“ dazu. Anal oder nicht, „das ist deine Entscheidung“. Aber so ein Extra steigere natürlich die Chancen.
60 Euro zahlen die Frauen „pro Schicht“ an das Pascha. Nur, um im Club an der Bar stehen zu dürfen. 60 Euro zahlen die Freier Eintritt und dieselbe Summe noch mal an die Frauen für 30 Minuten Sex. „Eine Schicht dauert immer zehn Stunden“, erläutert Pascha Nr. 3.
Wer die Standards nicht liefert, fliegt. Denn die Freier haben im Pascha eine so genannte „Geld-zurück-Garantie“. „Wenn wir hören, dass du nicht ohne Gummi bläst oder deine Abmachungen mit dem Gast nicht einhältst, ist das schlecht“, sagt Pascha Nr. 3. Was „schlecht“ in letzter Konsequenz bedeutet, lässt er offen. Noch schlechter als Bluffen ist Sex mit Ausländern ablehnen. „Wenn hier am Wochenende mal wieder ne Busladung Inder ankommt, wären solche Vorbehalte einfach nicht gut fürs Geschäft.“
„Ich muss über die ganze Sache noch mal nachdenken“, murmele ich. Inzwischen stehe ich wieder mit Pascha Nr. 1 im Eingangsbereich vor der Rezeption. Ich solle mir ruhig Zeit lassen, sagt er. Nur im Herbst, da müsse ich mit Vorlauf anrufen, um ein Zimmer zu bekommen. Dann gingen die Messen in Köln los. „Und dann ist hier richtig was los.“ Er gibt mir einen Flyer mit den Mietkonditionen und eine Visitenkarte, auf der stehen auch die Telefonnummern der Pascha-Filialen in München, Salzburg und Linz.
Wem gehört der Laden eigentlich? Das ist im Grunde kaum rauszukriegen. Der einzige wirklich Bekannte unter den Pascha-Besitzern ist Hermann Müller, der jüngst mit 250 Gästen im Casino Montesino in Wien seinen 60. Geburtstag feierte. Inklusive Ständchen vom Biene-Maja-Chan sonnier Karel Gott. Pascha Müller ist jemand. Er tritt seit vier Jahren in der Sport1-Poker-Sendung „German Highroller“ auf – neben Prominenten wie Boris Becker. Motto: „Zocken ums große Geld“. In seiner Kolumne auf Pokernews.de tönt Müller: „Eine Zigarre verkürzt das Leben um zwei Minuten – ein Arbeitstag um acht Stunden!“ Ein Arbeitstag im Pascha verkürzt das Leben vermutlich um acht Tage.
Nicht so gut lief Müllers letztes Projekt: Das Berliner Pascha, angesiedelt in den Räumen des Ex-Bordells „Bel Ami“, mitten in einem Wohngebiet auf der Flatowallee im feinen Westend. Es musste 50 Tage nach Eröffnung im Frühjahr 2012 schon wieder dicht machen, berichtete die Berliner Lokalpresse. Grund: Angemeldet war ein „Wellnessbetrieb“ (neudeutsch: Spa). Angeboten aber wurden „sexuelle Dienstleistungen“. Doch Müller ließ sich nicht klein kriegen. Er sei auf der Suche nach einem neuen Gebäude für das Hauptstadt-Pascha, verkündete er der B.Z..
Für seine beste Kundschaft spricht der Bordellbetreiber regelmäßig „Einladungen zum Einlochen“ aus. Dabei geht es nicht um einen Tag der offenen Tür im Pascha, sondern um Golfturniere, die so genannten „Pascha Open“. Die fanden letzten September zum sechsten Mal im „Golfclub Schloss Miel“ bei Bonn statt. Mit anschließender „Player‘s Night“ für alle Golfer im Pascha, versteht sich.
Auf der Internetseite des feinen Schlosses („Golf in fürstlichem Ambiente“) ist über dieses illustre Zusammenspiel nichts zu finden, auf der des Pascha schon. Schließlich geht es um „einen guten Zweck“! Das Pascha kooperiert nach eigenen Aussagen mit der Organisation „be your own hero e. V.“, die gegen Aids kämpft, gegründet von dem Extremsportler Joachim Franz, der im vergangenen Jahr für sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. „In diesem Jahr unterstützten die Teilnehmer wieder ein Projekt für von HIV betroffene Kinder, die in der Kinderambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover betreut werden“, versprach Harald Müller auf der hauseigenen Facebook-Seite PaschaEntertainment.
„Wir haben von dem Bordell Pascha bisher weder eine Spende erhalten, noch von einer Spendensammlung zu unseren Gunsten Kenntnis gehabt“, sagt dagegen Prof. Ulrich Baumann, Leiter der Kinder-Ambulanz im Gespräch mit EMMA. Die Abteilung habe zwar einmal 20 000 Euro von dem Verein „be your own hero“ erhalten. Aber dass es sich bei einem der Geldgeber für diese Spende um ein Großbordell handeln soll, war in der Klinik bisher nicht bekannt.
Harald Müller ist der Bruder von Pascha-Chef Hermann Müller. Laut Pascha Entertainment ist er außerdem der „Koordinator“ der Golfturniere. Neuerdings wird er in den Medien allerdings vor allem als „Hausmeister“ des Kölner Bordells vorgestellt. Und als Prinz Harald I. Denn Harald Müller ist in der Session 2012/2013 Karnevalsprinz in dem Städtchen Pulheim bei Köln.
„Puff-Hausmeister wird Prinz-Karneval“ meldete der Express und wunderte sich. Aber nicht etwa darüber, dass ein Bordellmitarbeiter neuerdings so salon - fähig ist, dass er Prinz Karneval werden kann – was im Rheinland eine hohe Ehre ist –, sondern darüber, dass ein gebürtiger Franke das geschafft hat. Der Familienvater (eines Sohnes) hat im Express auch gleich schon angekündigt, dass er gedenkt, mit seinem „ganzen Regiment“ zum Tabledance im Pascha aufzukreuzen. Das gutbürgerliche Städtchen Pulheim, in dem auch Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wohnt, scheint das nicht zu stören. Die Ehefrauen des Prinzenregiments anscheinend auch nicht.
Geschäftsführer des Pascha Nightclub, der siebten Etage für Transsexuelle sowie des Pascha Hotel ist Armin Lobscheid. Auch über den gelernten Kaufmann wird öfter mal berichtet. Der 55-Jährige lebt mit seiner Frau Stephanie und seinen beiden Töchtern in einem Dorf bei Gummersbach und soll in seiner Freizeit Steinböcke in Sibirien jagen, schreibt die Welt. Lobscheid erzählte dem Kölner Stadt-Anzeiger, er habe nach einem dreijährigen Erziehungsurlaub als Manager im Pascha angefangen. Seit 2001 führt er die Geschäfte. Von ihm stammen auch Werbe-Ideen wie diese: Jeder Mann, der sich das Pascha-Logo auf den Arm tätowieren lässt, hat lebenslang freien Eintritt. Es heißt, 40 Männer haben sich den Schriftzug tatsächlich stechen lassen.
Geschäftsführer von dem Pascha Club 11. Etage ist ein gewisser Thomas Gaj. Über den wird nicht so viel berichtet. Was auch immer das heißen mag. Die gesamte Pascha-Unternehmensstruktur wirkt ohnehin ziemlich nebulös. Über Jahresumsatz und Gewinn ist auch bei gründlicher Recherche nichts rauszukriegen.
Ein paar Skandale allerdings sind öffentlich geworden: 2005 nahm die Polizei bei der Aktion „Frühlingszauber gegen Menschenhandel“ im Pascha 23 Prostituierte fest, darunter vier Minderjährige. Das Pascha kam ohne Strafe davon. Zur Fußball-WM protestierten laut FAZ „30 Islamisten“ in der Hornstraße. Grund: Auf dem riesigen Werbeplakat des Pascha mit dem Slogan „Die Welt zu Gast bei Freundinnen“ prangten auch die Fahnen von Iran und Saudi-Arabien. Das Pascha übermalte die Fahnen.
2010 flog in Köln ein 37-jähriger Grieche auf, der sich fälschlicherweise als Arzt ausgegeben hatte. Er soll unter anderem ein Behandlungszimmer im Pascha betrieben haben, in dem er regelmäßig Prostituierte medizinisch betreute. Für eine monatliche Pauschale von 2 500 Euro. Das Pascha will nicht geahnt haben, dass der Mann ein Hochstapler ist. Das Verfahren läuft noch.
Richtig eng wurde es 2011 in München: Da standen insgesamt drei Pascha-Betreiber vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen „dirigistische und überwachende Zuhälterei“ vor. Unter anderem sollen sie die Frauen im Münchner Pascha zu Oralverkehr ohne Kondom gezwungen haben. Doch das konnte nicht bewiesen werden. Das Gericht sprach die Männer frei.
Übrigens: Alle drei Paschas, denen ich bei meinem Besuch begegnet bin, haben bis zum Schluss nicht gerafft, dass ich keine „Professionelle“ bin, sondern eine Reporterin auf Rollenreportage. Nur einer konnte ich nichts vormachen: Der Prostituierten um die 40 auf der ersten Etage. Als wir an ihr vorbeigehen, guckt sie mir nur ganz kurz in die Augen und sagt dann laut: „Schräg!“ Am Tonfall ist klar, was sie meint: Mit der stimmt was nicht.
Stimmt. Ich kann mir nämlich nach dem Besuch im Pascha weniger denn je vorstellen, in diesem „Beruf wie jeder andere“ tätig zu werden. Allerdings muss ich das auch nicht. Ich habe eine Stelle. Und kann meine Miete zahlen. Ganz im Gegensatz zu „Nicole“ und all den anderen, denen es in 95 Prozent der Fälle noch tausendmal dreckiger geht als meinem Alter Ego.