Meine Geschichte

Die Bürde der Gewalt

Bettina: Wie viele Opfer von sexueller Gewalt kenne ich persönlich?
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Ich absolviere in Großbritannien ein Auslandssemester. Meine ursprüngliche Intention war, Recherche für ein Essay im ­Seminar namens „Gender and Language“ zu betreiben, was sich vor allem auf Geschlechterbilder, Stereotypen, Feminismus und Sexismus in den Medien – vor allem Printmedien – bezieht. Gelandet bin ich bei euch. Ich habe drei Stunden auf eurer Seite gesurft, den Newsletter abonniert und ein Probe-Abo eurer Zeitschrift nach Hause bestellt.

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Vor allem die Artikel über die (Un)Rechtslage bei Vergewaltigungs- und Missbrauchopfern in Deutschland brachten mich zum Nachdenken. Ich weiß, wie viele Frauen allein in meinem ganz persönlichen Umfeld von Männern unterdrückt, benachteiligt, misshandelt und terrorisiert wurden und werden – und nicht darüber sprechen.

Ich selbst bin ja eine von ihnen – zwar nicht im Moment, Mensch sei Dank nicht! Aber ich war es. Ich wurde im Kindes­alter sexuell belästigt und habe nie darüber geredet. Immer sah ich es als zu große Bürde für meine Eltern, es ihnen zu erzählen – es ist ja „nichts passiert“. Deshalb schwieg ich.

Wir sind Opfer - doch wir wollen es nicht wahrhaben.

Eine Freundin von mir offenbarte sich mir vor einigen Monaten: Ihr Stiefvater hatte sie als Heranwachsende mehrfach sexuell missbraucht, nun bangt sie um ihre kleine Schwester, sein leibliches Kind. Sie hat nicht die Kraft, ihn anzuklagen, da sie ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester nicht die Familie zerstören möchte. Eine furchtbare Bürde. Andere Freundinnen wurden schon im Jugend­alter von ihren damaligen Freunden geschlagen, wieder andere im Vollrausch zu manchem überredet.

Eure Artikel zu lesen, hat mich jetzt erst klar sehen lassen, wie viel ich in meinem jungen Alter von solchen Dingen weiß und wie viele meiner Freundinnen Opfer sind, ohne es als solches wahr zu nehmen. Ich werde einmal (so der jetzige Plan) Lehrerin werden und auch meine Schülerinnen sollen mit anderen (Selbst-) Werten aufwachsen; ich hoffe, bei euch viel Kraft und Anstöße hierfür zu finden.

Bettina, 22, Jena

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