USA: Die Frauen vom Capitol Hill

Die Abgeordneten Underwood, Hayes, Ocasio-Cortez, Lee, McLane Kuster und Schakowsky (v.li). @RepBarbaraLee/Twitter
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Das wird ungemütlich für Trump und seine Mannen! Denn diese strahlenden Politikerinnen sind ab jetzt Teil des buntesten wie vielfältigsten US-Kongresses in der Geschichte der USA. Der kam an diesem Donnerstag das erste Mal zusammen. Mit einem „rekordverdächtigen Neuzugang an Frauen“: 102 weibliche Abgeordnete sitzen jetzt im Repräsentantenhaus, jede Dritte von ihnen ist neu im Kapitol.

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Zusammen mit den 25 Senatorinnen (von gesamt 100) hat die Legislative in Washington damit erstmals einen Frauenanteil von immerhin fast 24 Prozent. Aber die große Mehrheit der 535 Kongressmitglieder ist nach wie vor männlich.

Eine Ära mit gleich mehreren Premieren

Es ist kein Zufall, dass es sich bei den neuen weiblichen Abgeordneten überwiegend um Demokratinnen handelt. Sie sind farbig oder weiß, homo oder hetero, jung oder alt - und sie haben jetzt eine echte Chance, eine mächtige Gegenstimme zu werden gegen Trumps angry white men. „First day of a new era”, twitterte Repräsentantin Barbara Lee (im Bild die dritte von rechts). Sie muss es wissen, sie vertritt seit zwei Jahrzehnten den Bundesstaat Kalifornien und hat 2001 als einziges Kongressmitglied gegen eine militärische Antwort auf 9/11 gestimmt. Leider vergeblich.

Eine Ära mit gleich mehreren Premieren. Erstmals wurden zwei Ureinwohnerinnen Amerikas ins Repräsentantenhaus gewählt: die Demokratinnen Sharice Davids aus Kansas und Deb Haaland aus New Mexico. Davids lebt offen lesbisch, was zusätzlich der LGBTI-Quote entgegenkommt. Nach ihrer offiziellen Vereidigung fielen die beiden Frauen sich in die Arme.

Erstmals sitzen auch zwei Musliminnen im Repräsentantenhaus: Rashida Tlaib, Tochter palästinensischer Einwanderer; und Ilhan Omar, gleichzeitig die erste Kongressabgeordnete mit somalischen Wurzeln. Eine mit Kopftuch, eine ohne. Ilhan war noch ein kleines Mädchen, als sie vor dem Bürgerkrieg in Somalia flüchten musste.

Nicht zu vergessen die häufig als „neue Hoffnung der Demokraten“ gelobte Alexandria Ocasio-Cortez, die mit 29 Jahren die jüngste Frau ist, die je im Abgeordnetenhaus saß.

Ganz andere Bilder als aus dem Weißen Haus

Donald Trumps „mächtigste Gegenspielerin“, wie es jetzt heißt, ist die Demokratin Nancy Pelosi. Würden er und sein Vize Mike Pence ausfallen, wäre sie es, die laut Protokoll ins Weiße Haus nachrücken würde. Die 78-Jährige vertritt seit 30 Jahren San Francisco im Repräsentantenhaus. Und ist nun zum zweiten Mal in ihrer Karriere zur Sprecherin gewählt worden.

Die Mutter von fünf Kindern war vor ihrer politischen Karriere Hausfrau und gleichzeitig in der Frauenbewegung aktiv. Sie kennt also so einige Facetten eines Frauenlebens in den USA. Kein Wunder, dass sie eine Verfechterin des Rechts auf Abtreibung ist, das auch in Trumps Amerika unter Beschuss steht.

Bei ihrer Vereidigung zur Vorsitzenden der Kammer lud Pelosi zunächst ihre neun Enkelkinder und sodann auch alle anderen Kinder nach vorn. Dann schwor sie ihren Eid. Größer könnte der Kontrast zu den Bildern, die uns seit zwei Jahren aus dem Weißen Haus erreichen, kaum sein.

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Nancy Pelosi – die Gegenspielerin

Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, ist die erste Frau im dritthöchsten Staatsamt. Foto: Jason Reed/Reuters
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Politik hat in der Familie Pelosi Tradition. Vater: Thomas D’Alesandro Jr., Kongressabgeordneter, legendärer Bürgermeister von Baltimore und Roosevelt-Anhänger. Bruder: Tommy, Bürgermeister von Baltimore und Abgeordneter im Stadtrat. Nancy: Sprecherin des US-Repräsentantenhauses seit November 2006.

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Doch Nancy Pelosi wird nicht müde, auf die kräftigste Wurzel in diesem politischen Stammbaum zu verweisen, die im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern keinen Titel trägt: ihre Mutter. "Eigentlich war meine Mutter die treibende Kraft. Sie war sehr engagiert und leidenschaftlich." Pelosis politisches Erbe – die taktischen Fähigkeiten ihres Vaters kombiniert mit dem Gerechtigkeitssinn ihrer Mutter – plus ihre eigene beharrliche Arbeit hat sie jetzt an die Spitze US-amerikanischer Politik gebracht. Als Sprecherin des Repräsentantenhauses ist sie heute die mächtigste Frau in der amerikanischen Geschichte.

Pelosis Vater nutzte früher das Reihenhaus der Familie als Basis, von der aus er seine politischen Aktivitäten in Angriff nahm. Als kleines Mädchen durfte Nancy die Post fertig machen und ihren Vater auf Veranstaltungen begleiten. Ihre Mutter hieß jeden Besucher oder Bittsteller zum Abendessen willkommen. "Sie machte dann einfach eine Portion Nudeln, Stew und von allem anderen mehr." Und: "Sie verfügte über eine ganze Armee von Frauen, die sie jederzeit für die unterschiedlichsten Aktionen mobilisieren konnte. Sie war eine Organisation!"

Diplomatie und Organisationskraft werden auch von Pelosis Kollegen oft als typisch für ihren Führungsstil bezeichnet – und als einer der Gründe, warum sie es schaffte, Demokraten der verschienenen Flügel für sich einzunehmen. Bei nächtlichen Sitzungen gibt es auch in Nancys Büroräumen im Kapitol immer etwas zu essen. Ihre Suite wurde zum Treffpunkt ermatteter Abgeordneter, die es nach Kaffee und einem Sandwich verlangte. Die informellen Gespräche nutzte Pelosi dazu, sich über spezielle Anliegen und Probleme in den jeweiligen Regierungsbezirken zu informieren.

Im Oktober, im Endspurt der Wahlkampagne, eilte Pelosi zwischen Fundraising-Events, Strategiesitzungen und Wie-kriege-ich-die-Bevölkerung-zum-Wählen-Besprechungen hin und her. Gleichzeitig kümmerte sie sich um ihre Tochter Alexandra, die kurz vor der Geburt von Pelosis sechstem Enkelkind stand.

Pelosis politischer Instinkt ist ihr zur zweiten Natur geworden, aber ihre Karriere startete sie erst im zweiten Schritt. In jüngeren Jahren konzentrierte sich die heute 66-Jährige darauf, Hausfrau und Mutter von fünf Kindern zu sein. Dennoch war Pelosi immer politisch aktiv. Zum Beispiel in der Frauenbewegung. In ihrem Haus in San Francisco – ihr Ehemann Paul war ein erfolgreicher Investor geworden – empfing sie auch regelmäßig Mitglieder der Demokraten, um Umwelt- oder Wirtschaftsthemen zu diskutieren. Sie ermutigte die Frauen dazu, für politische Ämter zu kandidieren und unterstützte deren Kampagnen durch Spendensammlungen und Hilfe bei der Organisation so enthusiastisch, als wäre es ihre eigene Kampagne – und erwarb sich den Ruf einer der erfolgreichsten SpendenbeschafferInnen der Demokraten. Im Jahr 1987 wurde die bekennende Feministin schließlich zum ersten Mal in das amerikanische Repräsentantenhaus gewählt.

Nun bekleidet sie als erste Frau das dritthöchste Staatsamt. Ihrer geschichtsträchtigen Rolle ist sie sich sehr wohl bewusst. "Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als ob Susan B. Anthony, Lucretia Mott, Elizabeth Cady Stanton – alle, die sich für das Wahlrecht von Frauen und deren Vorankommen in der Politik eingesetzt hatten – mit mir im Raum wären."

Würden Präsident und Vizepräsident ausfallen, würde laut Protokoll die Speakerin ins Oval Office einziehen. Doch auch ohne dieses hypothetische Szenario ist Pelosis Macht groß. Die Sprecherin wählt die Vorsitzenden von Sonder- und Vermittlungsausschüssen aus und entscheidet, welche Gesetze zur Abstimmung kommen. Kurzum: Pelosi und ihr demokratisches Team werden die Agenda des republikanischen Präsidenten bestimmen.

Pelosi gehört zu der tapferen Minderheit, die damals gegen den Irak-Krieg stimmte. Sie weiß, dass die Empörung über den Krieg besonders die weiblichen Wähler dazu veranlasst hat, bei den Wahlen im November den Demokraten ihre Stimme zu geben. Führende Köpfe der Demokraten sind sich einig, dass nun Gesetze gemacht werden müssen, die Frauen finanziell entlasten. Da Frauen die Mehrheit der unterbezahlten Arbeitsplätze innehaben, würde eine Erhöhung des Mindestlohns auf 7,25 Dollar pro Stunde ihr Einkommen deutlich verbessern. Und ältere Frauen würden von einer Änderung des Medicare-Programms für verschreibungspflichtige Medikamente profitieren.

Selbstverständlich ist Pelosi eine entschiedene Verteidigerin des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung inklusive Abtreibung. Allerdings war sie noch nie der Auffassung, dass sich die Interessen von Frauen auf die sogenannten "Frauenthemen" beschränken, sondern sie sich durchaus mit der nationalen Sicherheit, Wirtschaftsfragen und Umweltschutz beschäftigen sollten. Die Themen dagegen, die üblicherweise mit Frauen in Verbindung gebracht werden – wie gute Kinderbetreuung – sind für Pelosi "eigentlich Themen, die auch Männer etwas angehen. Vermutlich nennt man sie nur Frauenthemen, weil sich ohne den Einsatz von Frauen auf diesen Gebieten nichts verändern würde".

Aktualisierte Fassung vom 4.1.2018.

 

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