Die lieben KollegInnen 3/2004
EMMA wird nicht nur viel seltener beschimpft, als Alice, sondern auch seltener zitiert. Auch beim Abschreiben nicht.
Der kleine Unterschied, in diesem Punkt kann ich Alice Schwarzers Argument durchaus folgen, wird in seiner Bedeutung für das Interesse, das Frauen an Männern nehmen, sehr überschätzt. (...) Die Beziehungen der Geschlechter waren und sind trotz des Schwarzerschen Feminismus bis heute immer noch von einer wechselseitigen Idealisierung geprägt, die man nicht vorschnell kritisieren und abtun sollte. Katharina Rutschky, Die Welt
Frage: Ist Caroline Beil jetzt in den Fußstapfen von Alice Schwarzer? Antwort: Nein, ich schreie ja nicht bei jedem nackten Hintern auf. Aber wenn Frauen schlechter als Männer behandelt werden, werde ich wütend. Ich bin eine emanzipierte Frau und lasse mich nicht zum Püppchen machen. Caroline Beil, TV-Moderatorin, im Kölner Express
In den Neunzigern hatte es ein paar Jahre so ausgesehen, als sei das Leben der Frauen auf wundersame Weise irgendwie besser geworden: als habe sich eine Art Wurmloch aufgetan, durch das die Frauen aus dem anhaltenden Weibchenmief der Fünfziger- und Sechzigerjahre mit Warp-Geschwindigkeit in eine neue Welt tauchen konnten. Eine Welt, in der es total lässig und cool, ja ein Privileg war, eine Frau zu sein. (...) Heute fragen sich die Frauen, auf was für Drogen sie damals waren. Aber zu jener Zeit wirkte das Konzept relativ realistisch, jedenfalls diskussionswürdig – mal abgesehen von der Tatsache, dass wie immer ein paar verbitterte Feministinnen wie Alice Schwarzer den fitten Postfeministinnen und fetzigen Girlies (die damals allerdings auch schon alle um die 30 waren) den verdienten Speck madig machen wollten. (...) Es schien jedenfalls allen Grund zur Euphorie zu geben – denn von der Position der Stellvertreterin, der Abteilungsleiterin, der Projektbeauftragten konnte es nach ganz oben ja nicht mehr weit sein. Wart nur, Alice, gleich haben wir es geschafft – mit unseren Mitteln. Haben wir leider nicht. Denn die Idee der Emanzipation auf Stöckeln war zwar gut, aber. Und Alice Schwarzer hatte wieder mal Recht behalten. Das Magazin (Tagesanzeiger Zürich), Doris Knecht
Frau Feldbusch und Frau Schwarzer treiben es ganz ungeniert. Die gealterte Feministin zeigt auf dem „TeamArbeit“-Plakat eine Ausgabe ihrer Zeitschrift vor, die sexy Moderatorin ein rotes Dessous-Teilchen aus ihrer Kollektion. Spiegel Online, Henryk M. Broder
„Wie bringt man Frauen Selbstbewusstsein bei“ (Johannes B. Kerner): Fragt er einfach mal so – und warum nicht bei Alice Schwarzer? Ein Jahr nach ihrem Duell mit Verona Feldbusch in Kerners Show kann man sie zu einer Antwort bewegen. Dachte sich der Showmaster wohl – und lag richtig. Selbstbewusstsein? Frauen sind die Gekniffenen. Kopftuch? Nicht an Schulen. Pornografie? Ekelhaft. Spätestens nach der zehnten Wiederholung ihres Angebots bei Kerner, als Praktikant die Zeitschrift EMMA zu unterstützen, war es dann dem ausdauerndsten Zuschauer klar: Alice Schwarzer ist mittlerweile nicht mehr als eine Karikatur dessen, wofür der Feminismus einmal stand: eine andere Sicht der Dinge, eine, die zu provozieren weiß. taz
Alice Schwarzer ist schon lange so bundesverdienstkreuzkanonisiert wie ihr Idol, die Nazicke Leni Riefenstahl. Wiglaf Droste, Kulturwelt/Bayerischer Rundfunk
Nur Alice Schwarzer, in den guten alten Zeiten eine Suffragette und heute eine öffentlich-rechtliche Ulknudel, entdeckt einen kleinen Unterschied und seine, wie immer, großen Folgen: „Nun sehen wir, dass die Herren im allerletzten Augenblick, wie ein Kaninchen aus dem Hut, einen Mann zaubern, den die meisten Deutschen nicht kennen.“ Als ob das nicht in jedem Fall ein Vorzug wäre (und im vorliegenden der einzige). Schande aber über den, der den Mann im allerletzten Augenblick aus dem Zylinder gezaubert hat, Herrn Angelo Merkel. Hermann Gremliza, konkret
Alice Schwarzer müsste diese Frau hassen. Nach hervorragendem Wirtschaftsdiplom an der Privat-Uni, nach sieben Jahren in Unternehmensberatungen, mitten in einem Bilderbuchtraum für High Potentials kündigte Lisa Bertram ihren Job. Ließ alles sausen: Die finanzielle Unabhängigkeit, das kosmopolitische Leben in Frankfurt, London, Hamburg, die Verantwortung, das Adrenalin. Sie wollte stattdessen genau jenes Leben führen, von dem zwei Generationen von Feministinnen sie befreit zu haben glaubten. Heute ist die 32-Jährige Hausfrau und „mehr bei sich“. (...) Lisa Bertram fühlt sich ganz wohl mit ihrem neuen Lebensstil: „Manchmal mache ich mir Sorgen, dass wir Frauen doch etwas fauler sind als die Männer. Aber dann denke ich: Wahrscheinlich sind wir einfach klüger.“ Welt am Sonntag, Markus Albers/Antje Wewer
EMMA Mai/Juni 2004