Die lieben Kolleginnen 3/2011
Weit mehr als Kachelmanns Moral gehört das eigene Ethos auf die Agenda der Medien. Den unrühmlichsten Beleg, wie das ganze Verfahren von einem Strafprozess zum Sittentribunal umfunktioniert worden ist, hat Alice Schwarzer geliefert. Als „Beobachterin“ für die Bild-Zeitung ist sie vom Vorwurf der Vergewaltigung umstandslos übergeschwenkt auf eine Verdammung männlich-manipulativer Muster insgesamt. Die Nemesis in Lila wollte in der Person Kachelmanns den Machismo an sich verurteilt wissen – womit sie letztlich nichts anderes demonstriert hat als Spießertum in feministischem Gewand.
Frankfurter Rundschau, Joachim Frank
Frau Schwarzer versteht von dem, was vor Gericht passiert, gar nichts.
Spiegel-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen im Interview in der Märkischen Allgemeinen
In den Medien beklagt Schwarzer Kachelmanns Verlogenheit und wirft ihm vor, er habe etliche Heiratsversprechen gegeben und nicht gehalten. Wir hören richtig: Heiratsversprechen! Ist das nun übrig geblieben vom Feminismus? Ist das nun die Frauengeneration, die Alice Schwarzer sich ausgemalt hat und für die sie gekämpft haben will? (…) Wer will solche Frauen ernst nehmen? Alice Schwarzer tut es. Aus der munteren Vorkämpferin der Frauenbewegung ist eine böse Großmutter geworden, die sich mit Personen solidarisiert, die würdelos handeln und die ihre intimsten Erlebnisse zu Geld machen.
Die Zeit, Sabine Rückert
Der Fall Kachelmann war auch ein Fall der Medienjustiz: Alice Schwarzer in der Rolle der Staatsanwältin, ein lebendes Vorurteil gegen den Angeklagten; als scharfzüngige Vertreterin der Verteidigung die „Spiegel“-Reporterin Gisela Friedrichsen, und an der Gerichtskasse zahlt Patricia Riekel, die „Bunte“, gerade einem von Kachelmanns „Lausemädchen“ das Zeugengeld aus.
Ernst Elitz, Ex-Deutschlandradio-Intendant, Tagesspiegel
Warum geht die Bild eine skurrile journalistische Mesalliance mit der Feministin Alice Schwarzer ein, die, wie man ihren Kommentaren unschwer entnehmen kann, Kachelmann schon deshalb für schuldig hält, weil er ein Mann ist?
Süddeutsche Zeitung, Hans Holzhaider
Alice Schwarzer hat sehr dafür gekämpft, die Sicht der Ex-Freundin Kachelmanns, des angeblichen Vergewaltigungsopfers, ins öffentliche Bewusstsein zu heben. Sie ist dafür eine merkwürdige, in manchen Augen unheilige Allianz mit der Bild-Zeitung eingegangen. (…) Der Fall Kachelmann polarisiert. Ganz besonders die Medien. Alice Schwarzer war nicht die Einzige, deren Berichterstattung an Objektivität zu wünschen übrig ließ. Und es geht ja weiter.
Berliner Zeitung, Ralf Mielke
Es war kein Wunder, dass Alice Schwarzer am Tag des Urteils als eine der Ersten von dem Sender Phoenix einvernommen wurde. „Es ist kein Freispruch, auf den er stolz sein kann“, sagte sie über Jörg Kachelmann, der Richter habe dargelegt, „dass der Verdacht weiter besteht“. „Wir alle“ blieben „ziemlich ratlos und unbefriedigt zurück“.
FAZ, Michael Hanfeld
Alt-Feministin Alice Schwarzer kommentiert für Bild konsequent aus der Sicht des angeblichen Opfers, das für sie offenbar zum Symbol wird für alle betrogenen und ausgebeuteten Frauen. Die Gerichtsreporterin der Zeit, Sabine Rückert, deren Texte einem wie Verteidiger-Plädoyers vorkommen, wirft Schwarzer „blinden Feminismus“ vor, schließlich solidarisiere sich diese mit Kachelmanns Exfreundinnen und damit mit Frauen, die würdelos handelten und intimste Erlebnisse zu Geld machten.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, David Klaubert
Der Kabarettist Dieter Hildebrandt fühlt sich von ihren Kommentaren irritiert und fragt: „Hat eigentlich Kachelmann Alice Schwarzer vergewaltigt oder umgekehrt?“
Kölner Stadt-Anzeiger, Marianne Quoirin
Alice Schwarzer hatte bei Prozess-Auftakt dessen Wichtigkeit betont, weil er vergewaltigte Frauen motiviere, ihre Peiniger anzuzeigen. Heute erklärt sie: „Nach der Beobachtung dieses Prozesses würde auch ich meiner Tochter, die ich nicht habe, raten: Zeige deinen Vergewaltiger nicht an.“ Und sie fügt an: „Das ist das Furchtbarste, das ich je habe sagen müssen.“
Neue Zürcher Zeitung, Christine Brand
Auch Frauen, die sich als Opfer ausgeben, sind manchmal durchtriebene Lügnerinnen. Leider. Feministinnen, die diese Tatsache so konsequent ausblenden, wie Frau Schwarzer, sind die Totengräberinnen des Feminismus.
Tages-Anzeiger, Michèle Binswanger
Silvio Berlusconi drohen 15 Jahre Haft. Der Staatsanwalt hat ihm angedroht, wenn es nicht langsam ernst wird mit seiner Aussage, wird er nicht mehr vom Staatsanwalt verhört, sondern von Alice Schwarzer.
Harald Schmidt