Die lieben KollegInnen

Die lieben KollegInnen 4/2013

Artikel teilen

Alice Schwarzer und Ursula von der Leyen (CDU) sind sich einig: Sexuelle Belästigung sollte geächtet werden. Schreiben die Frauenrechtlerin und die Arbeitsministerin in „Es reicht! Gegen Sexismus im Beruf“. Auch Angela Merkel (CDU) ist drin in dem neuen Buch. Nicht als Autorin, auch nicht als Kanzlerin, sondern als Frauenministerin der 90er. Das „Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung“ sei Merkels Initiative zu verdanken. dpa, Yuriko Wahl

Anzeige

Alice Schwarzer hat einen Sammelband herausgebracht, der vor Dramatik vibriert: „Es reicht! Gegen Sexismus im Beruf“ nennt sich der schmale Band, mit einem 12 Zentimeter hohen Ausrufezeichen auf dem Titel. Und auch wenn es verdienstvoll ist, etwas feministisches Geschichtswissen zum Thema sexuelle Belästigung und Sexismus zur Verfügung zu stellen, handelt es sich im Stil um die Veremmaisierung einer Debatte. taz, Heide Oestreich

Schwarzer schlüpft mit „Es reicht!“ einmal mehr in ihre Historikerinnen-Rolle, in der sie daran erinnert, dass der Kampf gegen den Sexismus ebenso wie der lange Weg zur Emanzipation Tradition hat. Dass er aber immer wieder ins Stocken gerät, weil seine Debatten und Fortschritte vergessen, verdeckt, beschwiegen werden. Schwarzer spricht gar von „systematisch erzeugter Geschichtslosigkeit der Frauen“. Und so versammelt der 160 Seiten umfassende Band Artikel aus der Zeitschrift Emma von 1991 bis heute und eine Chronik der Debatte, die schon im Jahre 1972 ansetzt. Süddeutsche Zeitung, Viktoria Grossmann

Die Frau als machtloses Opfer kommt nicht vor. Die weiblichen Opfer, die erscheinen, kämpfen. Die Frauen, die keine Opfer sind, kämpfen auch, und außerdem wird die kritische Frage nach der eigenen Verantwortung gestellt – ohne dass daraus ein plumpes „Das Opfer ist selbst schuld.“ wird. (…) Auf die Frage, warum der Stern-Artikel "Herrenwitz" von Laura Himmelreich über Rainer Brüderle eine so gewaltige Resonanz ausgelöst hat, weiß Philosophieprofessorin Petra Gehring eine interessante Antwort. Das Besondere an dem Artikel sei, dass die Perspektive ausnahmsweise mal eine weibliche sei. süddeutsche.de, Barbara Vorsamer

Der junge Feminismus ist wieder rebellisch. Seine Vertreterinnen stellen ganz grundsätzlich die Frage nach den Machtverhältnissen, und damit sind sie dort, wo Alice Schwarzer angefangen hat, bei der Sexualpolitik. Der Spiegel, Jan Fleischhauer/Wiebke Hollersen

Frage Merkel und Thatcher wurde vorgeworfen, sich zu wenig für Frauen eingesetzt zu haben.
Sheryl Sandberg Beide waren ganz wichtig für uns Frauen, beide haben einen harten, einsamen Kampf geführt. Ich verdanke ihnen so viel wie einer Alice Schwarzer und ihrer ganzen Generation von Feministinnen. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Facebook-Managerin Sheryl Sandberg in der FAS

Wer über die Vagina redet, landet in einem orgastischen Diskurs. Jahre ist es her, dass Alice Schwarzer die Welt schockte mit der These, man brauche sie eigentlich nicht, jedenfalls nicht für Spaß beim Sex. Die Zeit, Susanne Mayer

Das Beste zu diesem Text („Der große Basar“ von Cohn-Bendit) hat viele Jahre später Alice Schwarzer geschrieben: „Wer ihn heute liest, dem muss es nicht nur wegen des Umgangs mit der Sexualität, sondern auch wegen der völligen Abwesenheit jeglicher pädagogischer Kompetenz dieses Kindergärtners nur so grausen.“ (…) Die Sache mit der Schule ist ihm unangenehm. Überhaupt ist Daniel Cohn-Bendit nicht immun gegen Kritik. Er akzeptiert den Vorwurf von Alice Schwarzer, dass die sexuelle Befreiung vor allem zu Lasten von Frauen und Kindern ging, weil alte Herrschaftsverhältnisse zwar auf gebrochen, die neuen aber geleugnet wurden und der Missbrauch mit den angeblichen Bedürfnissen von Kinder verbrämt wurde, wie Schwarzer 2010 über Cohn-Bendits Text schrieb. Süddeutsche Zeitung, Nico Fried

Ein kleines Mädchen von sechs Jahren geht einem Erwachsenen nicht an den Hosenlatz. Das ist eine Projektion, eine Männerphantasie, wie Alice Schwarzer zu Recht analysiert hat. Daniel Cohn-Bendit im Spiegel-Interview

Es war Alice Schwarzer, die schon 1980 aus feministischer Perspektive Position bezog: Alarmierend in der Debatte um vermeintlich „befreiende“ sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern sei die Leugnung, „dass es sich hier um eine Herrschaftsbeziehung handelt“. In der Verharmlosung von Pädophilie erkannte Schwarzer „erschreckende Symptome“ der Machokultur. Somit erweist sich das vermeintlich widerstandslose Schwelgen der Linken im Zeitgeist als Konstrukt.
Kölner Stadt-Anzeiger, Joachim Frank

Frage Die jungen Frauen in Deutschland wollen alles: attraktiv für Männer sein und trotzdem selbstständig. Verständlich?
Angela McRobbie Ja, aber das ist einer der mächtigsten Mythen über den Feminismus: die Siebziger-Jahre-Feministinnen wollten auch attraktiv sein. Sehen Sie sich doch nur die Fotos der jungen Alice Schwarzer an: eine schöne junge Frau, außerordentlich sexy. Die englische Genderforscherin Angela McRobbie im taz-Interview

Frage Sie schreiben ja auch eine Kolumne für die EMMA.
Kraus Alice ist aufgefallen, dass ich immer „so unverkrampftemanzipierte Aussagen“ treffe. Das war für mich wie ein Ritterschlag, denn ich bewundere Alice Schwarzer sehr. Eine großartige, eloquente und selbstironische Frau. Moderatorin Sonya Kraus im Bild-am-Sonntag-Interview

Der „fulminante Ruf“, der der Kämpferin für die Rechte der Frauen vorauseilt, schreckt ihre Fans überhaupt nicht ab. Im Gegenteil. Selten ist bei einer Autogrammstunde im Nachgang der Lesung ein solcher Ansturm am Künstlertisch zu erleben. Da kann Schwarzer mit jedem Schlagerstar mithalten. Will sie aber sicherlich nicht. Rührende Szenen spielen sich im Foyer ab: Umarmungen, Dankesbekundungen, gemeinsame Fotos und sogar Geschenke gibt es für die Autorin, die überwältigt scheint von einer solchen Fangemeinde. Ostthüringer Zeitung, Katja Grieser

"Die Alice Schwarzer ist viel vernünftiger, als sie oft dargestellt wird. Wir können eigentlich ganz gut miteinander. (…) In einem Punkt allerdings sind wir wie Feuer und Wasser, und das ist in der Frage des ungeborenen Lebens." Kardinal Joachim Meisner im Interview, Kölnische Rundschau

Frage Alice Schwarzer wird immer wieder Parteilichkeit vorgeworfen, zum Beispiel im so genannten Kachelmann-Prozess.
Petra Gehring Ich bin der Überzeugung, dass es auch eine Parteilichkeit für Perspektiven gibt. Wenn zum Beispiel in einem Prozess hundert Journalistennur über eine Sichtweise berichten, ist es Parteilichkeit im guten Sinne, auf eine andere Sichtweise hinzuweisen, auch wenn ich nicht weiß, ob diese Partei Recht hat oder nicht. Alice Schwarzer ist ein gutes Beispiel für eine Feministin, die sehr bewusst diese Frage nach Perspektiven politisiert. Das ist ihre Politik und das macht sie auch mit EMMA. Ich finde das wunderbar. Philosophin Petra Gehring in Der blaue Reiter

Artikel teilen
 
Zur Startseite