Die lieben KollegInnen 6/2014
Alice Schwarzer, Publizistin. Unsere liebste Gegenspielerin. Halten Sie durch, Teuerste! Wir brauchen einander.
Playboy in „30 Sex-Heroes“, von denen A.S. eine sein soll
Als „Ober-Feministin“ etablierte sich in den 1970er-Jahren im deutschsprachigen Raum EMMA- Gründerin Alice Schwarzer. Die Deutungshoheit in feministischen Belangen liegt auch heute noch bei ihr. Nach wie vor ist es Schwarzer, die in der Regel angefragt wird, wenn es in einer Talkrunde oder einem Artikel der Stimme einer Feministin bedarf. Man könnte den Eindruck gewinnen, Schwarzer verkörpere „den Feminismus“. Doch in ihrem Schatten blüht – insbesondere im Onlineraum – eine vielstimmige Feminismuskultur auf. (...) Eine klare Führungsfigur wie Alice Schwarzer eine war – und nach wie vor ist –, fehlt aber.
Aargauer Zeitung/Schweiz, Karen Schärer
Ein Problem mit dem Feminismus sind Feministinnen. Gar nicht nur die der alten Schule, wie Alice Schwarzer zum Beispiel, die man neuerdings für die Unbeliebtheit der Idee verantwortlich macht. Sondern auch die Nachwuchs-Feministinnen, die alles, was andere Frauen im Namen des Feminismus sagen, sofort auseinander nehmen.
Berliner Morgenpost, Judith Luig
Für die Frauenrechtlerin Schwarzer ist dieses Land durch die relativ freizügigen Gesetze zur Prostitution zu einer Art Großpuff Europas verkommen. Sie zetert über das „Zuhälter-Gesetz“. Sie will Prostitution abschaffen. Und dann?
Süddeutsche Zeitung, Karin Steinberger
„Womöglich geht es gar nicht um Prostitution, sondern um die Freizügigkeit in der EU“, vermutet Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer. Dafür spreche auch die Rolle von Protagonistinnen wie der EMMA-Herausgeberin Alice Schwarzer, die vor der Kampagne zur Rettung von Prostituierten „zur Zwangsrettung muslimischer Frauen“ losgetreten habe. Für beide Fälle gelte: „Alice Schwarzer wusste es besser als die Betroffenen.“
Der Tagesspiegel, Andrea Dernbach
Feministinnen alter Schule ist die Körperhaarentfernung bis heute verdächtig. Die EMMA wetterte beispielsweise schon vor einigen Jahren gegen die glattrasierten Intimzonen, die erwachsene Frauen in einer durchpornografisierten Gesellschaft präsentierten. Man kann es natürlich auch anders sehen: Mit der Enthaarung in der Intimzone wird sichtbar, was Frauen zuvor schamhaft versteckten.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Eva Berendsen
Frage: Läuft man mit Femen aber nicht auch Gefahr, zu einem Aspekt der Popkultur zu werden? Zana Ramadani: Sollen wir stattdessen das völlig falsche und dumme Bild von einer Feministin unterstützen, die sich die Haare abschneidet und nicht mehr schminkt? Sollen wir unsere Weiblichkeit verstecken, um uns Feministinnen nennen zu dürfen? Was sollen wir sonst machen, um komplett richtig wahr- und ernst genommen zu werden? Noch nicht mal eine Alice Schwarzer wird ernst genommen! Und das ist eine, die wirklich verdammt viel für unsere Gesellschaft getan hat.
Feme Zana Ramadani im Interview im Tagesspiegel
Statt „über Knie“ ist mittlerweile „knapp am Knie“ angesagt. Stiefel, deren Schaft gerade so an der Kniescheibe kratzt, führte Gucci nämlich genauso wie Prada vor. Stilvorbild in diesem Fall ist allerdings weniger Heidi Klum als die junge Alice Schwarzer. Die hatte solche Modelle mit Anfang 30 an. Zum Beispiel 1975, als sie jene rostroten Stiefel mit Blockabsatz in ihrem legendären Fernseh-Schlagabtausch mit Esther Vilar trug.
Der Standard/Österreich, Anne Feldkamp
In der feministischen Zeitschrift EMMA gibt es eine Rubrik, die typisch Mädchen ist. Sie heißt „Die lieben Kolleginnen“ und listet auf, was Journalistinnen und Autorinnen in Zeitungen und auf Internetseiten über Alice Schwarzer schreiben. Diese Rubrik ist Petzen und Selbstbestätigung zugleich: Sie funktioniert also so ähnlich wie die Gespräche pubertierender 14-Jähriger in der 20-Minuten-Pause auf dem Schulhof: „Echt peinlich, was die und die gesagt hat“; „Ich schwöre, ich erzähl allen, was die und die gemacht hat“. Auch in der „Frauensache“-Kolumne (von Dagmar Rosenfeld, Anm.d.Red.) ist hin und wieder der Name Alice Schwarzer gefallen, etwa als ich den Alice-Schwarzer-Feminismus mit der Bundeswehr verglichen habe – bei beiden will kaum noch jemand mitmachen, und beide haben ein Problem mit ihrem Frauenbild. Mit diesen Sätzen bin ich in der „Liebe Kolleginnen“-Rubrik gelandet. Allerdings werden bei mir – im Unterschied zu den anderen Journalistinnen, die dort zitiert sind – nicht nur Name und Publikation genannt, sondern auch mein Familienstand: „Ehefrau von FDP-Lindner“. Was will die EMMA-Redaktion ihren Lesern damit sagen?
Rheinische Post, Dagmar Rosenfeld (Ehefrau von FDP-Lindner)
Anm.d.Red.: Die Rubrik heißt „Die lieben KollegInnen“, denn manchmal schreibt auch ein Mann was Nettes – oder was Gemeines.