Die Tage im Film? Gibt's nicht!
Blut, das aus Körperöffnungen fließt, ist keine Seltenheit auf der Leinwand – solange diese Öffnungen in die betreffenden Körper hinein geschlagen, gestochen oder geschossen wurden. Das weitaus alltäglichere Menstruationsblut dagegen ist im Kino hauptsächlich abwesend. „Dafür, dass Sex buchstäblich auf allen Kanälen ist, fand ich es unglaublich, wie selten Menstruation vorkommt“, sagt Lauren Rosewarne von der University of Melbourne und erforschte die „Periods in Popculture“.
Bei ihrer Recherche, die vor allem amerikanische und englische Kinofilme und Fernsehserien von 1970 bis heute umspannt, fand Rosewarne zu ihrer Überraschung immerhin rund 200 Menstruationsszenen. Nicht ganz so überrascht war sie über die Rolle, die die Periode darin spielt. „Einer der Standards ist: Junge Frau wird durch ihre Periode blamiert. Wie in ‚Dirty Love‘ (2005), wo die Hauptfigur einen Tampon kaufen geht, jedoch zu bluten beginnt, bevor sie die Kasse erreicht und den Supermarktboden überflutet, so dass eine alte Frau ausrutscht und hinfällt. Überhaupt haben Filmemacher vollkommen falsche Vorstellungen. Sie zeigen wahre Niagarafälle von Blut.”
Oder andere Blutbäder: In dem Menstruationsklassiker „Carrie“ (1976) bekommt die unaufgeklärte Sechzehnjährige ihre erste Periode unter der Dusche des Mädchenumkleideraums der Schule und gerät in Panik. Das fließende Wasser und die in Todesangst schreiende junge Frau erinnern nicht zufällig an Hollywoods berühmteste (Horror)Duschszene in „Psycho“. Doch statt vom Messer des Mörders wird Carrie von den Binden ihrer Mitschülerinnen getroffen, die sie auffordern, sich „ihr Loch zuzustopfen“. Das ist der Moment, in dem ihre telekinetischen Fähigkeiten einsetzen, die bis zum Ende des Films alle Peiniger töten werden.
„Frauen haben rund 40 Jahre ihres Lebens ihren Zyklus. Doch wenn man von einem anderen Planeten käme und anhand von Filmen, die Realität rekonstruieren wollte, würde man davon ausgehen, dass nur junge Mädchen bluten“, erklärt Rosewarne.
Auch Filme, die Menstruation nicht als die Wurzel alles Bösen darstellen, schildern sie überwiegend negativ. Interessant ist die Periode außer beim „ersten Mal“ nur, wenn sie zu spät kommt oder wenn die Darstellerin hofft, dass sie ausbleibt, weil sie schwanger werden will. „Für die Menopause lautet die Story: Stimmungsschwankungen, Hitzeschübe und die alte Sitcom-Kartoffel, der Damenbart“, resümiert die Forscherin. „Die klare Aussage der Filme, die ich analysiert habe, ist, dass eine menstruierende Frau launisch, irrational oder schlicht hysterisch wird. Auf jeden Fall aber ist sie eine Spaßbremse, weil sie keinen Sex haben und keinen Sport machen kann.“
Ein totales Tabu ist die Menstruierende mit sexuellem Begehren. „Das geht zurück auf die Bibel. Eine Frau galt während ihrer Menstruation als unrein“, spottet Rosewarne. „Meine italienische Mama ist damit aufgewachsen, dass eine Frau während ihrer Periode keine Tomatensauce machen darf, weil die sonst sauer würde.“
Die amerikanische Komikerin Tina Fey schildert in ihrer Autobiographie „Bossypants“, wie sie ihre erste Menstruation stundenlang ignorierte, weil sie eine blaue Flüssigkeit erwartet hatte – wie in der Werbung. Und genau das ist einer der Hauptkritikpunkte von Rosewarne: In Film und Werbung findet eine Art Anti-Aufklärung statt. „Ich finde es unfassbar, dass im Jahr 2013 in Werbespots Menstruationsblut noch immer nicht erwähnt, geschweige denn gezeigt wird. Der Fokus dieser Spots ist Hygiene, als wäre Menstruation eine unsaubere Sache, die man verstecken muss. Die Periode ist eine Badezimmer-Angelegenheit, um die man sich gefälligst heimlich kümmert, auf jeden Fall so, dass Männer nichts davon mitbekommen.“
An diesem Punkt ist das Frauenbild Hollywoods in der Rollenaufteilung der 1950er Jahre stecken geblieben. Wo sind die benutzten Tampon-Ohringe der Punks geblieben? Immerhin feiern die selbstgenähten Binden und Naturschwämmchen der Frauengesundheitsgruppen, die die Schmerzmedikamente der Pharmaindustrie zugunsten von Frauenmantel- und Wermut-Tee zurückwiesen, als Do it yourself-Gynäkologie ein Comeback auf Ladyfesten. Und die Webseite www.crankytown.ca sammelt Informationen und Kunst zu Periodenthemen und hat sogar einen Menstruations-Kurzfilmwettbewerb initiiert (crankyfest.ca). Zur Jury gehört der „Twilight“- Star Rachelle Lefevre. Die müsste ein besonders gutes Verhältnis zum Blut haben.
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Lauren Rosewarne: "Periods in Popculture" (Lexington Books)