Diese Frauen greifen nach den Sternen
Eigentlich unvorstellbar: Die Technik-Nation Deutschland hat zwar bereits elf Astronauten - aber noch nie eine Astronautin ins Weltall geschickt. Nicola Baumann und Insa Thiele-Eich sind die beiden Frauen, die das nun endlich ändern könnten. Eine von beiden soll mit Unterstützung der Initiative „Die Astronautin“ im Jahr 2020 auf die Internationale Raumstation (ISS) fliegen. Ein Jahr lang haben Initiatorin Claudia Kessler und ihr Team potentielle Kandidatinnen für diese Mission gecastet. Jetzt stehen die beiden Finalistinnen fest.
Frauen sind für die Raumfahrt nicht geeignet?
Die 31-jährige Eurofighter-Pilotin Nicole Baumann aus Nörvenich und die 33-jährige Meteorologin Insa Thiele-Eich aus Bonn haben sich gegen 400 Kandidatinnen durchgesetzt und haben nun gute Chancen, in die Fußstapfen von Valentina Tereschkowa zu treten. Die russische Kosmonautin war im Jahr 1963 die erste Frau im All. Es folgte die US-Amerikanerin Sally Ride im Jahr 1983.
Vorher aber werden die beiden Frauen aus Nordrhein-Westfalen erst mal die Astronautinnen-Ausbildung durchlaufen, die sie auf den rund zweiwöchigen Aufenthalt auf der ISS vorbereiten soll. Sie werden Flug- und Tauchscheine machen und zur Simulation der Schwerelosigkeit Parabelflüge absolvieren. Sie werden ein Überlebenstraining durchlaufen und in die technischen Abläufe der ISS eingewiesen. Auch ein Russischkurs und Medientraining stehen auf dem Plan.
„Es gibt einfach nicht ausreichend qualifizierte Kandidatinnen“, so rechtfertigte die hiesige Raumfahrt-Branche lange die Abstinenz der Frauen im All. Das zumindest hat die Initiative „Die Astronautin“ schon mal wiederlegt. Baumann trägt den Dienstgrad „Major“ und ist als Kampfjetpilotin unter anderem für die Luftraumüberwachung in Deutschland und anderen NATO-Ländern zuständig. Außerdem hat sie Maschinenbau studiert. Thiele-Eich ist wissenschaftliche Koordinatorin am Meteorologischen Institut der Universität Bonn. Dort betreibt sie Grundlagenforschung für eine verbesserte Wetter- und Klimavorhersage. Ihr Vater ist Gerhard Thiele, der im Jahr 2000 ins All flog.
Claudia Stern, Medizinerin am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, hat die beiden Frauen zudem auf Mark und Bein durchgecheckt, um sicherzustellen, dass sie körperlich und geistig für die strapaziöse Mission ins All geeignet sind. Da spielt nicht nur das Herz-Kreislaufsystem eine Rolle, sondern auch das Gemüt der Kandidatinnen. Humor sei in brenzligen Situationen einfach hilfreich, sagt Stern.
Die beiden Finalistinnen beweisen das Gegenteil
Nun gilt es noch die letzte, sehr weltliche Hürde zu überwinden: Die Finanzierung der privaten Mission via Crowdfunding, um die Ausbildung zu finanzieren und das Raumfahrt-Ticket zur ISS zu kaufen. Es geht um einen Betrag zwischen 40 und 50 Millionen Euro. 27 Millionen Euro sind schon zusammengekommen.
Claudia Kessler ist optimistisch, dass sich genügend Spender finden lassen. Denn es geht bei ihrem Projekt um viel: um Gleichberechtigung und darum, Vorbilder für Mädchen zu schaffen. Aber auch um wertvolle Forschungsergebnisse. „Es waren ja noch nicht so viele Frauen im All. Es gibt also auch nicht genügend Daten darüber, wie sich der weibliche Körper in der Schwerelosigkeit verhält“, erklärt Kessler im Interview mit EMMA.
Ganz wie Hillary Clinton hat auch Kessler schon als kleines Mädchen davon geträumt, auf den Mond zu fliegen. Vielleicht wird sie ja die zweite deutsche Astronautin.
Hier das ganze Interview mit Claudia Kessler lesen