Doo-Wop-Wop statt Bikini-Diät

"Jeder Zentimeter von dir ist perfekt!" Meghan Trainor
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Es klingt wie ein Popmärchen: Die 20-jährige Meghan Trainor war eine unbekannte aber ehrgeizige Musikerin, die Hits für andere schrieb. Dafür hatte sie gar das College geknickt und zog von Los Angeles nach Nashville. Eines Tages stellt sie den Managern von Beyoncé, Rihanna und Co ihren neuen Song vor: Er heißt „All About That Bass“, ein launiger Pop-Song im Fifties-Stil. Die Manager schütteln den Kopf. Aber davon lässt sich die resolute Blondine nicht einschüchtern. Sie entscheidet, selbst ans Mikrofon zu treten. Kurz darauf steht „All About That Bass“ auf Platz Eins der Charts. In Amerika wie auch in Deutschland.

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Kein Wunder: Meghan hat den Soundtrack zum Liebe-deine-Speckröllchen-Trend geschrieben. Der ist in den USA allerdings präsenter als hierzulande. Und so trällert Meghan: „Jeder Zentimeter von dir ist perfekt, von Kopf bis Fuß.“ Und: „Es ist ja wohl völlig offensichtlich, dass ich keine Größe 34 trage. Aber ich kann mein Ding shaken, wie es sich gehört!“ Denn: „I’m bringing booty back!“ Ich bringe den Hintern zurück! Das alles zu tanzbaren Beats. Doo-Wop-Wop statt Bikini-Diät.

Es ist noch nicht so lange her, da hat Meghan ihr Hüftgold nicht in Songs gelobt, sondern versteckt. „Ich habe mich nicht getraut, im Bikini an den Strand zu gehen“, sagt sie. Weil Meghan sich zu dick fand. Als sie in der Highschool einmal richtig verknallt war, sagte der Typ: „Du könntest echt heiß sein, wenn du 10 Pfund leichter wärst.“

Aufgewachsen ist Meghan auf der 125 Quadratkilometer großen Nantucket Island (Massachusetts). Da gab es viele Strände und viele hübsche Mädchen im Bikini. Meghan über sich: „Alle meine Freundinnen waren Cheerleader. Und ich war dieses Mädchen, das zuhause rumgehangen und Songs geschrieben hat.“ Und selbst wenn Meghan sich mal in Schale schmiss, fühlte sie sich irgendwie unwohl in ihrem Körper, sagt sie. Ein Gefühl, das viele Teenagerinnen kennen. Heute sprechen solche Teenagerinnen Meghan auf der Straße an und bedanken sich für ihren Song.

Ich habe mich nicht getraut, im Bikini an den Strand zu gehen.

Die Eltern haben einen Schmuckladen auf Nantucket Island. Der läuft seit dem Erfolg der Tochter noch besser. Mutter und Vater haben Meghans musikalisches Talent früh erkannt und gefördert. Als sie anfing, Lieder zu schreiben, war sie elf Jahre alt. Sie lernte Gitarre und Klavier, spielte Trompete in einer Jazz-Band und bis heute begleitet sie sich selbst auf der Ukulele. Und Meghan hatte Glück, dass besonders ihre Mutter gegen den aufkeimenden Schlankheitswahn der Tochter anredete. „Sie hat immer gesagt: Tu dir das nicht an!“ sagt Meghan. Und Meghan hielt sich dran. Heute antwortet sie auf die Frage, ob sie Feministin sei: „Ich denke schon! Ich finde einfach, Frauen sollten sich selbst mehr lieben, als sie es tun.“

Bald erscheint Meghans erstes Album. Die Frauen lieben sie jetzt schon.

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Raabs Song Contest – Ein Alptraum!

Bundesvision Song Contest - und keine Frau weit und breit. © ProSieben/Willi Weber
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Conchita Wurst, die Frau mit dem Bart, die im Mai völlig überraschend den „Eurovision Song Contest“ gewann, hat offensichtlich nicht viel verändert: Beim diesjährigen „Bundesvision Song Contest“ von Stefan Raab waren wieder nur die Männer mit den Bärten dran. Und zwar fast ausnahmslos. Der innerdeutsche Musikwettbewerb, den ProSieben am Samstagabend ausstrahlte, war ein geschlechterpolitischer Albtraum. Gewonnen hat in der Jubiläumsshow die Softrock-Band Revolverheld mit dem Song „Lass uns gehen“.

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Die Sieger sind männlich, weiß, und tragen kurze Haare mit gepflegtem Bart.

Da wirkt der in Schlager- und Folklore-Tradition stehende „Eurovision Song Contest“ heute progressiver als Stefan Raabs Gegenentwurf, der einst als Talentshow mit „richtiger Musik“ antreten wollte.

Unter den 16 teilnehmenden, zum Teil etablierten Acts wie dem deutschen Rapper Marteria und dem Singer/Songwriter Andreas Bourani, waren gerade mal zwei Sängerinnen. Und diese beiden Sängerinnen landeten dann auch noch auf den hintersten Plätzen.

Kitty Kat, die im deutschen HipHop keine Unbekannte mehr ist und immerhin schon drei respektable Alben veröffentlicht hat, sogar ganz auf dem letzten. Miss Platnum, die für Berlin antrat (was eigentlich ein Vorteil ist) und ohnehin zu den bekannten Acts des Wettbewerbs gehörte, konnte nur Platz 12 für sich verbuchen. Obwohl sie einen wirklich außergewöhnlichen Song am Start hatte, der das Feiern ohne Geld, dafür mit „Hüftgold“ zelebriert.

Aber so viel smoothe Bekenntnis zu Fett, Spaß und Armut ist dem spießigen Status quo der Raab-Show scheinbar nicht zuzumuten. Sieger sehen im deutschen Pop nämlich so aus: Sie sind männlich und weiß, sie tragen kurze Haare mit gepflegtem Bart, haben eine schlanke Silhouette und bevorzugen bei Anziehsachen die Farben weiß, blau und schwarz. So, wie der sexy Hipster eben dem Klischee nach auszusehen hat.

In einem solchen soulig-angehauchten, vom Machismo des HipHop gestärkten Rockpop für alle gibt es keine Ecken und Kanten, keine Queerness und schon gar keine Frauen mehr. Außer im Background-Gesang. Merke: Wenn du eine Frau im Bild haben willst für die Zuschauerquote, dann hilft nur Chorgesang. Selbst, wenn du in einer Rockband spielst.

Viel Machismo, keine Queerness - und schon gar keine Frauen.

Die einzig gemischte Band an diesem Abend auf ProSieben war die Hamburger Gruppe „Tonbandgerät“ um die gitarre- und bassspielenden Schwestern Isa und Sophia Poppensieker. Aber die Freude, dass es auch mal zwei Instrumente beherrschende Frauen in einer Rockband gibt, wurde uns von der machistischen Gesamtausstrahlung rasch zerstört.

Diese ProSieben Sendung, die ihren Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen sucht, beweist eindeutig, dass der deutsche Pop unter ein emanzipatorisches Niveau zurückgefallen ist, das selbst wir nicht mehr für möglich gehalten hätten. Verwechselt da irgendjemand Popkultur mit Männerfußball?

Ausgerechnet in Zeiten von staatlich ermöglichtem Gender Mainstreaming hat sich in der marktorientierten deutschen Rock- und Poplandschaft der softe Machismo seinen trotzigen Weg gebahnt. Aber daran sind auch die Frauen selbst schuld. Es ist nämlich ein bekanntes Phänomen, dass Mädchen lieber für Jungs als für Mädchen anrufen. Allerdings: Wenn es auch nur zwei weibliche Acts zum Voten gibt...

Mehr von Kerstin und Sandra Grether auf ihrem Blog "Freundinnen der Nacht".

 

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