DSK: Frauenproteste in Frankreich: Wir
Jedes Jahr werden in Frankreich 75.000 Frauen Opfer einer Vergewaltigung, aber nur jede zehnte zeigt das Verbrechen an, erklären die Initiatorinnen des Appells, die Organisationen Osez le Feminisme (Feminismus wagen), Paroles de Femmes (Frauen reden) und La Barbe (Der Bart), deren Mitglieder bei ihren Protestaktionen stets Bärte tragen. Und dazu, so die Protestlerinnen, tragen die verharmlosenden Kommentare wie die des Ex-Kulturministers Jack Lang („Es ist schließlich niemand gestorben“) oder des Philosophen Bernard-Henri Lévy („puritanischer Irrsinn“, in der Zeit) bei. Das findet auch die von Migrantinnen der Banlieus gegründete Frauenrechtsorganisation „Ni putes ni soumises“ (Weder Huren noch Unterdrückte): „Diese Affäre überschreitet weit den Kreis der beiden Protagonisten“, erklären sie. Schon jetzt würden Sätze laut wie: „Ich würde meiner Tochter von einer Anzeige abraten“ oder „Ich würde versuchen, allein zurechtzukommen, damit ich mich nicht in der selben Situation wiederfinde“.
„Die Medien wiederholen immer wieder, dass für Dominique Strauss-Kahn die Unschuldsvermutung gelte. Nur wenige denken daran hinzuzufügen, dass das auch für das Zimmermädchen gilt und es hier eine ‚Opfervermutung’ geben muss“, erklären Béatrice Gamba und Agnés Guerin-Battisti, Sprecherinnen der Organisation Mix-Cité.
Nafissatou Diallo, das mutmaßliche Opfer, muss sich im bevorstehenden Prozess auf einiges gefasst machen. Nachdem das Sperma auf ihrer Uniform gerade als das von Dominique Strauss-Kahn identifiziert wurde (der zunächst behauptet hatte, die Frau nicht zu kennen und ein Alibi für die fragliche Zeit vorschob), kündigten die Anwälte des Ex-IWF-Chefs an, das „Vorleben“ der 32-Jährigen aus Guinea „zu durchforsten“.