Ebola ist Frauensache!

Mädchen in Liberia.
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Ebola. Die internationale Top-Schlagzeile der vergangenen Wochen. Sie hat selbst die Nachricht übertönt, dass Malala Yousafzai den Nobelpreis erhalten hat, als jüngste Preisträgerin der Nobel-Geschichte. Und auch die Schlagzeilen über den Terror der IS verdrängt. Margarete Chan, Direktorin der Weltgesundheitsorganisation, hat den Ausbruch der Krankheit, die ja mittlerweile als „Epidemie“ bezeichnet wird, in West-Afrika als die „größte Herausforderung in Friedenszeiten“ bezeichnet, der die Welt jemals gegenüberstand. Am 11. Oktober sagte auch Dr. Thomas Frieden, Direktor des US-Zentrums für Krankheitskontrolle (CDC), bei einem Treffen mit der Weltbank: „In den 30 Jahren, in denen ich im öffentlichen Gesundheitswesen arbeite, ist das einzig Vergleichbare AIDS gewesen.“

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Warum sind Menschen wie Chan und Frieden alarmiert? Weil die Zahl der Ebola-Fälle sich jede Woche verdoppelt! Chan prophezeit, dass es im November 20.000 Fälle sein werden. Frieden behauptet, dass das Ausmaß der Krankheit bisher weitestgehend nicht erfasst ist. Aus zahlreichen Gründen, von Stigmatisierung bis Ressourcenknappheit. Er schätzt, dass es im Januar 1,4 Millionen Ebola-Fälle geben wird. Mittlerweile taucht Ebola auch in den USA und in Europa auf. 

Am 12. Oktober bestätigte Frieden, dass eine Krankenschwester in Dallas an Ebola erkrankt ist, der erste Ansteckungsfall in den USA. Die Krankenschwester hatte einen Patienten namens Thomas Eric Duncan bei seinem zweiten Krankenhausaufenthalt behandelt und „engen Kontakt“ mit ihm gehabt. Duncan starb am 8. Oktober. Er hatte sich in Liberia mit Ebola angesteckt, als er eine infizierte schwangere Frau in eine Klink brachte. Die Frau und das Baby starben ebenso. Es dauerte Tage, bis Duncan nach seiner Rückkehr in die USA die ersten Symptome zeigte.

Frauen haben doppelte Chance, sich anzustecken

Eine Woche zuvor war auch bei der Krankenschwester Teresa Romero (44) aus Madrid Ebola diagnostiziert worden. Romero hatte zwei Priester behandelt, die an Ebola erkrankt waren und deshalb aus Afrika nach Spanien zurückgeschickt wurden. Der eine starb im Oktober, der andere im September. Romero war die erste Betroffene außerhalb Afrikas.


Am 9. Oktober wurde eine dritte Krankenschwester, die Australierin Sue Ellen Kovack (57) mit dem Verdacht auf Ebola in Quarantäne gebracht. Kovack hatte als Ehrenamtliche in Sierra Leone PatientInnen behandelt.

Ebola wird durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten einer infizierten Person übertragen, einschließlich Blut, Urin, Erbrochenes, Schweiß, Speichel, Fäkalien, Sperma. Und auch über verschmutze Kleidung oder Bettzeug. Dass die einzigen beiden Menschen, die sich außerhalb Afrikas mit Ebola angesteckt haben, Frauen sind, ist nicht überraschend. Und auch für den Ebola-Ausbruch in Liberia, Sierra Leone und Guinea plus einer Handvoll weiterer Fälle in Nigeria und im Senegal gilt: Laut UNICEF und WHO sind die Mehrzahl der 8.000 Infizierten und 4.000 Toten Frauen (Stand 10.10.).


Es sind die Frauen, die in Afrika traditionell als Kinderbetreuerinnen, Pflegekräfte oder Krankenschwestern arbeiten. Sie kommen schnell mit den Körperflüssigkeiten in Kontakt, die den Virus übertragen, während sie sich um kranke Angehörige oder PatientInnen kümmern. Und: Sie kümmern sich um Frauen und Männer – haben also die doppelte Chance, sich anzustecken. Dazu kommen die Frauen, die als überregionale Händlerinnen arbeiten. Auch für sie ist es sehr wahrscheinlich, sich entweder zu infizieren oder die Krankheit zu übertragen, wenn sie auf Märkte in anderen Ländern gehen.

Frauen sind auch für die Vorbereitung der Leichen für Beerdigungen zuständig. Es zählt zu ihren Aufgaben, die Toten zu waschen. So kommen sie zwangsläufig in Kontakt mit den tödlichen Flüssigkeiten. Und genau wie im Westen sind vorrangig Frauen Reinigungskräfte im Krankenhaus oder für die Wäsche zuständig, ein weiterer Risikofaktor. Aber anders als im Westen, wo Auflagen zum Schutz der Mitarbeiterinnen vor dem Virus streng sind, gibt es in Liberia und anderen betroffenen Ländern keinen speziellen Schutz für Putzkräfte und Wäscherinnen. So wie es in Afrika insgesamt nur sehr begrenzten Zugang zu den hygienischen Bedingungen gibt, die erforderlich sind, um die Krankheit einzudämmen.


Ihr "Heldentum" bringt die Frauen am Ende um

Sia Nyama Koroma, die First Lady von Sierra Leone, sagte in einem Interview mit der Washington Post im August: „Frauen machen einen Großteil der Pflegekräfte aus und stehen in erster Reihe im Kampf gegen die Krise.

Am 12. Oktober bezeichnete der CDC Krankenschwestern wie die an Ebola Erkrankte aus Dallas gar als heroisch. Als Heldin. Aber genau dieses Heldentum bringt die Frauen um.


Dass Frauen die Hauptopfer der Krankheit sind, ist auch kein Geheimnis. Die drei am schwersten betroffenen Länder haben dies seit dem Ausbruch Ende Juli sowohl ihren Gesundheitsministerien als auch der WHO, der UN und der CDC berichtet. Julia Duncan-Cassell, Ministerin für Gender und Entwicklung in Liberia, erklärte der WHO, dass in Liberia sowohl 75 Prozent der Toten als auch der infizierten Personen weiblich sind.


Auch Thomas Eric Duncan steckte sich bei einer 19-jährigen schwangeren Frau mit Ebola an. Laut offizieller Stimmen aus dem Gesundheitswesen sind schwangere Frauen in diesen Ländern am meisten bedroht, weil sie am häufigsten in wiederholten Kontakt mit Pflegekräften oder Krankenhäusern und Kliniken kommen. Laut WHO haben in Entbindungsstationen und Kliniken zwei der drei weitreichendsten Ebola-Ausbrüche begonnen, wegen der Nähe der infizierten Patientinnen zueinander. Mutter- und Kindersterblichkeit waren schon immer hoch in diesen drei Ländern. Nun sind sie noch höher.

Es handelt sich also um ein offensichtliches Problem. Da liegt die Argumentation nahe: Kam die globale Reaktion auf Ebola deshalb so langsam, weil die Mehrheit der Opfer Frauen waren, die sich um Kranke kümmerten? Bei den beiden vorherigen Ebola-Epidemien in Uganda (2000) und im Sudan (1979) waren ebenfalls Dreiviertel der Opfer Frauen.

Trotzdem ist die Tatsache, dass Frauen die Mehrheit der Opfer ausmachen, kein Thema in der Berichterstattung. Genau so wenig wie die langfristigen Auswirkungen der hohen Infizierungs- und Sterberate der Frauen. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde in den Hauptlandwirtschaftsgebieten in Liberia praktisch ausgesetzt. Das heißt, dass sich die in Afrika ohnehin gegenwärtigen Nahrungsengpässe auf Grund von Ebola nochmal dramatisch verschlimmern könnten. Es sind natürlich die Frauen, die diese Farmarbeit verrichten, keine Männer.

Schwangere Frauen sind am meisten bedroht


Die Arbeitsbereiche der Frauen werden also massiv beeinflusst. Entweder direkt, indem die Krankheit die Frauen gleich tötet - wie die Pflegekräfte oder Krankenschwestern. Oder indirekt, indem Frauen ihre Arbeit nur noch bedingt ausüben können, weil sich die Quarantäne-Gebiete über die gesamte Region erstrecken - wie im Fall der Händlerinnen.

In den vergangenen Wochen haben sowohl die Regierung der USA, als auch Großbritannien und Kuba Unterstützung zugesichert, um mehr Übergangskliniken zu bauen und Hilfsarbeiter in die betroffenen Länder zu schicken. Wird das ausreichen, um die Epidemie zu kontrollieren? Niemand kann das mit Sicherheit sagen. Das einzige, was wir tun können, ist: Die Frauen in diesen Ländern über Ebola aufklären. Das könnte helfen, die grassierenden Infektionen und weitere Todesfälle einzudämmen.

Dass Frauen Menschen zweiter Klasse sind, hat sie zu den ersten Opfern dieser Krankheit gemacht. Genau diese Frauen mit Respekt und Sorge zu behandeln, ist möglicherweise der einzige Weg, Ebola einzudämmen und uns alle vor den verheerenden Folgen zu bewahren.     

Victoria A. Brownworth in The Curve

Die Autorin ist eine renommierte Journalistin. Sie schreibt für die New York Times, Los Angeles Times, The Boston Globe und die Huffington Post. Der Artikel ist eine gekürzte Fassung von „Ebola Is A Women’s Issue“, der zuerst in dem Lesben-Magazin The Curve erschien.

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