Kelly & Bastian: Eine tödliche Liebe
Es ist genau 30 Jahre her. Am 19. Oktober 1992 wurden in dem Haus der Grünen-Mitbegründerin zwei Leichen gefunden: Petra Kelly und Gert Bastian.
Die Öffentlichkeit war schockiert, die Vermutungen schlugen hohe Wellen. Wer waren die Täter? Wer konnte ein Interesse am Tod der berühmten Pazifistin und des „Friedens-Generals“ haben? Rechtsradikale? Die „Atommafia“?
Doch innerhalb von zwei Tagen stellte die Polizei zweifelsfrei fest: Die beiden waren am 1. Oktober gestorben – und er hatte sie im Schlaf erschossen und sodann sich selber.
An der Version gab es faktisch keine Zweifel. Trotzdem präsentierte der Staatsanwalt das Geschehen noch vier Wochen später als „Doppelselbstmord“. Und weite Teile der Medien und Politik folgten ihm, allen voran die Grünen. Dieser verlogene Umgang mit seiner Tat wurde für mich zum Auslöser für mein Buch, nicht die Tat selber.
Es war die Zeit, in der der Kölner Metzger Horst Witt seine Frau erwürgt und zerstückelt hatte und dafür drei Jahre Gefängnis bekam. Der „fleißige Mann“ habe im Affekt gehandelt, weil er von seiner „exzentrischen Frau andauernd gereizt und provoziert worden“ war, so der Richter.
Oder der Fall Ali C. Der Deutschtürke hatte seine 18-jährige Tochter erwürgt, weil sie zu Hause ausziehen wollte. Er bekam zwölf Jahre Gefängnis (sechs bei „Bewährung“). Begründung: „Der Vater hat die erhebliche Ehrverletzung als glaubwürdig dargestellt.“ Das hieß dann Ehrenmord.
Oder, im Fall des deutschen Metzgers, „Familiendrama“. Ich selber habe jahrzehntelang über diese Ungeheuerlichkeiten geschrieben. Inzwischen ist es soweit. Die Ermordung einer Frau wird beim Namen genannt. Der Fall Kelly/Bastian würde heute ohne Umschweife als „Femizid“ bezeichnet.
ALICE SCHWARZER
Weiterlesen:
Alice Schwarzer „Eine tödliche Liebe. Petra Kelly und Gert Bastian" (KiWi, 9.90 €). zum EMMA-Shop
Im TV:
Ab 1. Oktober ist die dreiteilige Dokuserie "Petra Kelly – Der rätselhafte Tod einer Friedensikone" auf Sky crime und beim Streamingdienst WOW zu sehen.