EMMA bei Facebook: Warum Frauen trotzdem

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Über 500 Millionen Menschen sind bei Facebook angemeldet. In Deutschland haben etwa fünfeinhalb Millionen Frauen ein Profil. Das Vermögen von dem damals 19-jährigen Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg beträgt heute schätzungsweise sieben Milliarden US-Dollar. Doch die Kritik am Umgang mit den persönlichen Daten der Nutzer wird lauter. Und jetzt liefert auch noch ein Film über den Facebook-Gründer Stoff für Skepsis: „The Social Network“ von David Fincher. EMMA erklärt, warum Frauen trotzdem mitmachen sollten. 

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Finchers Film erzählt die Entstehungsgeschichte des derzeit meist genutzten Sozialen Online-Netzwerks der Welt als eine Mischung aus Industrie-Krimi, College-Film und Porträt über den halb-genialen, halb-soziopathischen Facebook-Macher Zuckerberg. Samt Sex auf dem Klo, Drogen, Lug und Trug - so wie auch das zu Grunde liegende Buch „Milliardär per Zufall“ Zuckerbergs Aufstieg zum jüngsten Self-Made-Milliardär der Welt beschrieb. Die vielzitierte Anfangs-Szene über einen frustrierten Mark, der bei den Frauen keinen Stich hat, hat Drehbuchautor Aaron Sorkin erfunden. Zuckerberg ist seit sieben Jahren mit Priscilla Chan, einer angehenden Kinderärztin, liiert.

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Kurz vor Filmstart sagte der echte Mark Zuckerberg, Harvard-Abbrecher, 26 Jahre alt und auf Konferenzen längst nicht mehr in Badelatschen unterwegs, in der Talk-Show von Oprah Winfrey folgenden Satz: „Das hier ist mein Leben, und ich weiß, dass es bei weitem nicht so dramatisch ist!“ Es handele sich schließlich nur um einen Film. Immerhin: Ein Film, der auf Facebook nicht beworben werden darf. „A lot of it is ficiton“ sagt Zuckerberg. Was bleibt, sind Fragen wie diese: Will ich als Frau überhaupt Teil seines Netzwerks sein? Eine Antwort darauf kann nicht der Film, aber Facebook selbst geben. Und auf den ersten Blick lautet die Antwort klar: Nein!
Denn Facebook stillt ein Bedürfnis, das Frauen noch nie besonders gut getan hat: Jedem zu gefallen. Hier läuft alles über das Gefall-Prinzip. Der „Gefällt-mir-Button“ funktioniert so gut, dass er mittlerweile auf allen möglichen Internetseiten zu finden ist und das ganze Netz zu einer gefälligen Gemeinschaft macht.
Wer auf Facebook gefallen will, muss sich mit möglichst vielen anderen Facebook-NutzerInnen anfreunden, die wiederum die eigene Pinnwand mit Kommentaren, Web-Links und Fotos veredeln. Eine Kneipenbekanntschaft, auf deren Freundesliste nur 15 Personen auftauchen, die kein Profilfoto von sich veröffentlicht und auf deren Pinnwand gähnende Leere herrscht - wer wäre da nicht skeptisch? Ein Typ hingegen, der mehr als 130 Freunde hat, die unter den Urlaubsfotos aus New York Kommentare wie „Mensch, du kommst ja rum!“ hinterlassen, der macht Eindruck. Facebook verleitet dazu, ein übersteigertes Netz-Ich zu präsentieren, ohne Ecken, ohne Kanten - und am Ende auch ohne Persönlichkeit. Frauen scheinen für dieses Phänomen besonders anfällig zu sein. So sehen das auch Marktforschungsinstitute wie „Oxygen Media and Lightspeed Research“, die Frauen als geeignete Zielgruppe für personalisierte Werbung via Facebook entdeckt haben.
Ein sexy Bikini-Foto aus dem letzten Portugalurlaub, klar, dass macht sich gut. Oder? Und wenn dann noch ein kleines Herzchen auf der Profilseite erscheint, mit dem Zusatz „in einer Beziehung mit XY“, dann scheint das Online-Netzwerk doch alle Frauenträume zu befriedigen: Schön, beliebt - und vergeben. Und wenn Online-Studien dann noch herausfinden, dass das Hauptanliegen von Frauen in diesen Netzwerken das Chatten mit Freunden und Entdecken von spannenden Produkten und Marken ist, dann hat Mein-Auto-mein-Haus-meine-Frau sein weibliches Pendant gefunden: Meine neue Handtasche, mein Urlaub, mein Mann!
Frauen, die bei Facebook mitmachen und sich die eigene Seite einmal genauer angeschaut haben, werden allerdings auf den zweiten Blick feststellen, dass die persönlichen Postings wie „Gestern total gesoffen, heute Kopfschmerzen und Katerfrühstück!“ oder „Heute Mädchenabend bei mir, bringt Sekt mit *grins“ vielleicht nicht aussterben, aber weniger werden. Den meisten NutzerInnen ist mittlerweile klar, dass Online-Profile alles andere als privat sind. Nicht nur, weil der eigene Chef mitliest - auch die Marketingagenturen analysieren fleißig. Der Charakter des Netzwerks hat sich verändert. Und das betrifft nicht nur Frauen. Ein Freund hat vor kurzem seinen Beziehungsstatus auf „in einer Beziehung“ gestellt. Nicht, weil er eine neue Freundin hatte. Sondern weil er nicht mehr ständig auf solche Werbeanzeigen blicken wollte: „Lerne heiße Frauen aus deiner Umgebung kennen“.
Doch auf Facebook kursieren nicht nur Werbungen, sondern auch Nachrichten. Zum Beispiel solche, die auf Menschenrechtsverletzungen hinweisen, wie jüngst die Kampagne gegen die drohende Steinigung der Iranerin Ashtiani. Plattformen wie Facebook beweisen täglich, dass eine große Zahl an Menschen auf der ganzen Welt ihre Informationen heute anders erlangen, als es noch vor zehn Jahren der Fall war. Nicht mehr nur zentral via Zeitung oder Fernsehen. Sondern eben via Facebook (oder Twitter). Nach persönlichen Interessen zusammengestellt und innerhalb von Sekunden. Und wenn es etwas gibt, was für Frauen vielleicht noch mehr von Nachteil war, als der stille Wunsch zu gefallen, dann war es das Ausgeschlossen sein von Informationsflüssen. Das galt einst für das universitäre Bildungssystem und für politische Partizipation und gilt heute noch viel mehr für das Internet. Weil Frauen im Netz Informationen nicht mehr nur lesen, sondern selbst verfassen und verbreiten.
Gar nicht auf Facebook präsent zu bedeutet also auch, eine Möglichkeit nicht zu nutzen, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Was besonders bei Frauen schade wäre. Die Facebook-Seite von „Say No - unite to end violence against women“ zum Beispiel postet Informationen aus der internationalen Politik zum Thema Frauenrechte. Die deutsche „Girls on Web Society“ vernetzt Bloggerinen und internetinteressierte Frauen (EMMA 3/2010). Jeder und jede kann auf Facebook nicht nur Fan von Lady Gaga, sondern auch von Simone de Beauvoir sein. In diesem Sinne betreibt auch EMMA eine Facebook-Seite, auf der Freunde und Freundinnen von EMMA Artikel und Nachrichten finden, diese direkt kommentieren und auch weiterverbreiten können.
Die Proteste gegen die Plattform werden dennoch lauter. Am 31. Mai riefen Online-Aktivisten zum internationalen Verlasst-Facebook-Tag auf. Datenschutzexperten mutmaßen über einen potentiellen Super-Gau: Dem Verkauf der Nutzer-Daten nach dem Börsengang des Unternehmens im kommenden Jahr. Das alles hat mittlerweile in Deutschland auch die PolitikerInnen aufgebracht. CSU-Bundesministerin für Verbraucherschutz Ilse Aigner hat das Unternehmen per Beschwerdebrief kritisiert und gedroht, ihr Profil zu löschen. Die Stiftung Warentest bewertete die Datenschutzbestimmungen von Facebook als „mangelhaft“.
Die Facebook-Macher halten diese Vorsicht für altbacken. Zuckerberg erklärt, dass Privatsphäre für seine Generation keine große Rolle mehr spiele. Der Stern hingegen zitiert aus einer E-Mail, in der sich der Facebook-Macher offensichtlich darüber wundert, warum die Menschen ihm ungefragt so viele private Informationen zukommen lassen.

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Es gibt einfache Regeln, mit denen man sich selbst schützen kann - und die gilt für das gesamte Internet: So wenig private Informationen wie möglich veröffentlichen, auf den Upload aller Party-Fotos von der Speicherkarte auf jeden Fall verzichten und persönliche Informationen ohnehin nur einer ausgewählten Zahl an Nutzern zugänglich machen. Genau das ist seit kurzem auch auf Facebook möglich. Keine absolut unbekannten Personen auf dem Profil hinzufügen, die aus dem Nichts in der Freundesanfrage-Liste auftauchen. Denn das sollte nicht nur Frauen klar sein: Stalken war noch nie so einfach! Besonders, wenn NutzerInnen Details aus ihrem Privatleben öffentlich zur Schau stellen und darüber hinaus permanent erreichbar sind. Trotzdem: Wollen Frauen Soziale Online-Netzwerke wie Facebook verbessern, müssen sie sie auch nutzen.

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