EMMA über EMMA: Gesagt, getan!
Die ersten EMMA-Jahre. 48 mal 64 Seiten. Viel Arbeit, viel Anfeindung, aber auch viel Spaß! Sie lebt, diese EMMA. Und sie lebt heute vielleicht intensiver denn je zuvor. Dabei hat es an beschwörenden Totsagungen weiß Gott nie gemangelt. Von der ersten Stunde an nicht.
Noch bevor Nummer 1 überhaupt erschien, wussten die ganz Schlauen: "Von der großen Emanzipationswelle blieb nur der berühmte Sturm im Wasserglas übrig, und die darin rumrührt, ist wohl die einzige geblieben, die das nicht wahrhaben will... Es kann Alice Schwarzer passieren, dass (bis auf ganz treue Fans) ihr einziger Stammleser (für EMMA) nur Alice Schwarzer bleibt." – so die Bunte im Winter '76.
Als das erste Heft im Februar 77 an die Kioske kam, waren die 200.000 Exemplare innerhalb weniger Tage vergriffen, mit den rasch nachgedruckten 100.000 weiteren Heften ging es nicht anders. Was die Stimmung der Kollegen nicht gerade hob...
Nur die FAZ, ganz gelassene Dame, verlor nicht den Überblick und nutzte EMMAs Erscheinen zu der Erkenntnis: "Auf Dauer wird hier für die moderne Gesellschaft mehr Sprengstoff liegen, als in den Traumtänzereien verworrener Systemveränderer."
Womit wir nicht gerechnet hatten, war, dass die Heftigkeit und Irrationalität der Angriffe so bleiben, ja sich sogar noch steigern würde. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass EMMA mit den Jahren eher unbequemer geworden ist als das Gegenteil (wir lassen uns den Durchblick weder von der "neuen Innerlichkeit" noch von der "neuen Weiblichkeit" abkaufen). Das ist zwar anstrengend, aber auch beruhigend. Solange man uns so bekämpft, scheinen wir auf dem richtigen Weg zu sein.
Die Tonlage der Hatz reicht dabei weiterhin von unbekümmert-platt bis insiderisch-listig, die Methoden allerdings wechselten. Vor vier Jahren stellte sich die Frauenbewegung noch als eine Front dar, heute weiß die Männerwelt längst flott auf der Klaviatur der Frauenuneinigkeit zu spielen. Gekonnt werden Frauen gegeneinander ausgespielt - und merken es oft noch nicht einmal. So lässt eine Zeitung, die etwas auf sich hält, engagierte Frauen keineswegs mehr durch einen Mann verreißen, nein – dafür findet sich heutzutage allemal eine Frau. Leider.
Wir Frauen brauchten unsere eigenen Zeitungen
Vier Jahre EMMA. Zeit, Bilanz zu ziehen. Zeit aber auch, noch einmal an die Anfänge zu erinnern. Es begann, als wir Anfang der 70er Jahre anfingen, miteinander zu reden und zu handeln. Immer, wenn wir dann am nächsten Tag die Zeitungen aufschlugen, war klar: Wir brauchen unsere eigenen Zeitungen! Zeitungen, in denen wir unverzerrt schreiben können, was wir denken, tun und hoffen. Zeitungen, in denen wir unverblümt sagen können, was wir halten von der Lage der Frauen heute.
Mit dem §218 fing die Behinderung engagierter Journalistinnen an und steigerte sich dann langsam zu einem regelrechten Schreibverbot. Höhepunkt war 1974 der Prozess gegen Judy Anderson und Marion Ihns. Die beiden Frauen, die ein Verhältnis miteinander hatten, hatten den Mann von Marion Ihns umbringen lassen. Doch in dem Prozess ging es um mehr. Er wurde zu einem wahren Hexenprozess, der in dieser Phase der "neuen Zärtlichkeit" abrechnete mit der Frauenliebe.
Das war die Zeit, in der jedes Gespräch, jedes Treffen von Kolleginnen irgendwann immer mit dem verträumten Satz endete: "Wenn wir nur unsere eigene Zeitung hätten..."
Im Frühjahr 1976 schickte ich Rundschreiben an alle bis dahin bekannten interessierten Journalistinnen. Die Tatsache, dass ich die Initiative ergriff, war kein Zufall. Erstens arbeitete ich bereits seit 1971 als feministische Autorin und hatte ein gerüttelt Maß an entsprechender Erfahrungen; zweitens hatte ich durch den "Kleinen Unterschied" Geld verdient, das ich in ein solches Projekt investieren wollte; und drittens hatte ich zu der Zeit einen gewissen Bekanntheitsgrad, der für den Start einer solchen Zeitung nützlich sein konnte.
Wie so oft, wenn es um Alternativ-Projekte geht, waren zunächst sehr viele interessiert, letztendlich aber blieben nur erschreckend wenige, um die Idee in die Tat umzusetzen. So kam es, dass das wirklich existenzielle Problem von EMMA in diesen ersten vier Jahren weder das Geld noch die Angriffe von außen waren, sondern die Tatsache, dass dieses extrem arbeitsintensive Projekt von viel zu wenigen getragen wurde.
EMMA ist in der öffentlichen Betrachtung meist nur als feministische Tat gewürdigt (oder verdammt) worden. Es ist darum wichtig, daran zu erinnern, dass EMMA nicht minder eine journalistische Tat ist.
Es ist diese Mischung von Radikalität und Zärtlichkeit, die uns wichtig war und ist für EMMA. Dass Ironie und Humor dabei von Anfang an ihren festen Platz hatten (u.a. in den Cartoons von Franziska Becker), ist kein Zufall.
Als Feministinnen begannen zu schreiben, taten sie das zunächst einmal auf Flugblättern. Daraus wurden dann Broschüren. Und daraus die ersten Zeitungen. Oft noch ein wenig unbeholfen, dafür aber doch kämpferisch und manchmal auch phantasievoll. Und dann kamen die Journalistinnen, die sich eines Tages sagten: Warum lassen wir uns eigentlich immer noch von diesen Männermedien bevormunden? Warum machen wir keine eigene Zeitung? Gesagt, getan.