„Es hätte jede von uns sein können!“

Birgit Ebel, Lehrerin in Herford, engagiert sich seit Jahren gegen die islamistische Agitation an der Schule.
Artikel teilen

Frau Ebel, was haben Sie gedacht, als Sie von der Messer-Attacke in Ibbenbüren gehört haben?
Ich war zutiefst schockiert. Das hätte jede von uns sein können. Auch ich bin vor einem Jahr von einem Schüler mit Schlägen bedroht worden. Kolleginnen von mir an anderen Schulen ebenfalls. Die Gewalt gegen uns LehrerInnen ist allgegenwärtig. Wir werden als Frauen von vielen Schülern nicht als Respektspersonen wahrgenommen, zumeist weil sie aus einem Kulturkreis kommen, in dem Frauen nicht respektiert werden. Sinan Y., der Täter vom Ibbenbürener Berufskolleg, sollte der Schule verwiesen werden. Einen Verweis spricht die Schulleitung aus. Niedergestochen hat Sinan Y. aber seine Lehrerin.

Über die Tat von Ibbenbüren gab es kaum überregionale Berichterstattung.
So ist es. Wäre der Täter ein rechtsradikaler Schüler gewesen, der eine muslimische Lehrerin erstochen hätte, wäre der Fall wochenlang in den überregionalen Schlagzeilen gewesen. PolitikerInnen hätten zum Kampf gegen rechts aufgerufen. Es hätte Beileidsbekundungen auf bundespolitischer Ebene gegeben, vielleicht eine Mahnwache oder eine Schweigeminute an allen Schulen. In Ibbenbüren ist nichts dergleichen passiert. Der Migrationshintergrund des Täters wurde nicht einmal ausgesprochen. Beim Schulministerium wollte sich offenbar niemand „aus dem Fenster hängen“.

Sie haben versucht, eine Schweigeminute für Ihre Kollegin zu veranstalten.
Ja, ich wollte ein Zeichen setzen. Mit meinen SchülerInnen habe ich das auch getan. Auf höheren Ebenen war das aber nicht möglich. Schlimmer noch: Das digitale Amtsblatt des Schulministeriums NRW hat am 18. Januar einen Beitrag über ein Schulprojekt in Ibbenbüren versendet. Acht Tage zuvor war an dem Ort ein Mord an einer Lehrerin geschehen. Doch dieser Mord wird im Amtsblatt mit keinem Wort erwähnt! Hatte man im Ministerium keine Zeit, Beileid und Betroffenheit auszudrücken? Warum ist diese Tat in dem Medium, das alle LehrerInnen in NRW erreicht, kein Thema? Sind wir LehrerInnen nicht der Rede wert?

Was meinen Sie, warum?
Der Tod von Sabine K. in Ibbenbüren wird als tragischer Einzelfall verbucht. So wie fast immer, wenn es diese Täter-Opfer-Konstellation ist. Da wird es dann ganz still. Der Täter passt nicht ins Betroffenheitsschema. Keine Kampagnen, kein Niederknien, keine Beileidsbekundungen. Es gibt auch keine Demos von jungen Leuten, die sich sonst ja gern für diskriminierte Gruppen einsetzen. Nur für Frauen nicht. Dass es ein massives strukturelles Problem mit bestimmten muslimischen Schülern gibt, wird überall ausgeblendet. Mit fatalen Folgen!

Welche Folgen?
Für viele muslimisch geprägte Schüler gehört die Bewaffnung zum Mannsein dazu. Das erleben wir LehrerInnen an vielen Schulen, manchmal sogar schon an Grundschulen. Ein Messer ist normal, es gehört nach arabisch-traditioneller Männlichkeitsvorstellung bei den Jungs sogar zur Kleidung. Sie selbst erleben zuhause ja auch viel Gewalt, ihre Konflikte tragen sie dann zwangsläufig auch mit Gewalt aus. Auch die Jungs, die eigentlich überhaupt nicht aggressiv sind, haben ein Messer dabei, zur „Selbstverteidigung“. Wie soll eine Schule das kontrollieren? Die Zahlen sprechen doch für sich.

Und was sagen die Zahlen?
2020 gab es allein fast 20.000 Messerangriffe in Deutschland, mit knapp hundert Todesopfern. 39,6 Prozent der Täter sind nicht-deutsche Staatsbürger, hinzu kommen die Täter, deren Eltern zugewandert sind. Gemessen an der Gesamtbevölkerung also eine extrem hohe Zahl. Und dieses Verhältnis spiegelt sich auch an den Schulen wider. So erlebe ich es zumindest in meiner Präventionsarbeit in ganz NRW. Wir sehen eine regelrechte Aufrüstung im Klassenzimmer. Ich stelle niemanden unter Generalverdacht, aber über diese Fakten müssen wir doch sprechen können. Ich mache das in meinen Klassen und gerade meine Schülerinnen der Oberstufe wissen das zu schätzen. Sie klagen ja auch über die Verrohung. Wer macht Prävention mit den Schülerinnen und Schülern, mit allen? Und wer schützt uns LehrerInnen?

Wächst da eine Angstkultur an den Schulen?
Beim Hinweisen auf Regeln, bei der Vergabe schlechter Noten oder beim Verhängen von Strafen kommt es heutzutage fast immer zu Entgleisungen. Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon Fotze, Nutte, Nazi oder neuerdings auch Hurentochter genannt wurde. Es kommt auch vor, dass sich Schüler gegen eine Lehrerin oder einen Lehrer verbünden und regelrechte Racheakte durchführen. Da werden Fenster eingeworfen, Mobiliar wird zerstört, an Klo- und Außenwände werden obszöne Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen geschmiert. Immer wieder werden auch Autos zerkratzt, mein eigenes inklusive. Viele LehrerInnen geben schlechten Schülern dann eher gute Noten, um sich zu schützen. Schüler mit schlechten Noten oder hohen Fehlzeiten erfinden Ungerechtigkeiten und Rassismusvorfälle, mit der Folge, dass dann schon mal die Väter vorbeikommen, um uns mit Beschwerden und Anzeigeandrohung unter Druck zu setzen.

Können LehrerInnen das alles nicht verhindern, zum Beispiel durch Sanktionen?
Wir müssten es – und wir könnten es auch, wenn wir mehr Rückendeckung von oben und der Schulleitung hätten. Es müssten viel mehr Schulverweise ausgesprochen und respektlos entgleisende und gewalttätige Schüler umgehend nach Hause geschickt werden. Wenn es sein muss, jeden Tag, immer wieder. Konsequent Anzeigen stellen bei strafbaren Handlungen wie sexistischen Beleidigungen, Bedrohungen und Beschimpfung als „Nazi“, das würde schon wirken. Ab 14 gilt schließlich die Strafmündigkeit. Aber solange die Parole eher lautet „Bloß keinen Ärger!“, haben Täter freie Bahn. Zu oft kehren Schulleitungen Vorfälle lieber unter den Teppich, weil sie nicht als „Problemschule“ dastehen wollen und weil sie die Anmeldezahlen brauchen, damit ihnen keine LehrerInnen abgezogen werden.

Es wird also weggeschaut.
Ja, auf allen Ebenen. Es ist so widersinnig. Wir LehrerInnen werden bei kleinsten Dingen mit Beschwerden konfrontiert, gerne abgemahnt, werden beschuldigt, wenn Kinder und Jugendliche im Unterricht versagen. Eltern drohen Klagen an, erheben Dienstaufsichtsbeschwerden mit abstrusen Vorwürfen, wenn ihnen das Notenbild ihrer Kinder nicht gefällt. Sie suchen oft nicht mal erst das Gespräch mit uns, sondern wenden sich direkt an die Schulleitung und die Schulaufsicht. Wenn wir gedemütigt und beschimpft werden und das mit den Eltern besprechen möchten, stellen uns viele in die rechte Ecke. Sie machen uns damit mundtot.

Was ist mit der Polizei?
Die hat das gleiche Problem wie die Schulen: eklatanten Personalmangel. Letzten Endes kann die Polizei an den Schulen nicht viel ausrichten, bevor nicht wirklich etwas Schlimmes passiert ist.

Hat sich das seit der Flüchtlingswelle 2015 verschärft?
Schon früher. Ich würde sagen, noch vor zehn, 15 Jahren war der Wille bzw. die Bereitschaft, sich zu integrieren und ein produktiver Bestandteil dieser Gesellschaft zu werden, größer. Das erlebe ich kaum noch. Kein Wunder. Viele der Kinder aus belasteten Familien sind sich selbst überlassen, sie werden so gut wie gar nicht mehr von ihren Eltern zu Werten und Verhaltensweisen erzogen, die sie für das Klarkommen in einer demokratischen Gesellschaft brauchen. Das alles soll dann die Schule übernehmen. Wenn Kinder weder zuhause noch in der Schule Halt finden, rutschen sie schnell in extremistische Kreise, die ihnen Bestätigung und ein gewaltorientiertes Machogehabe vermitteln.

Wo müsste die Prävention gegen den Extremismus ansetzen?
Eigentlich bei uns in den Schulen. Das ist ja der offizielle Auftrag, die Demokratieerziehung. Darauf leisten wir alle einen Eid beim Berufseintritt. Nur können wir das immer weniger leisten. Zu wenig LehrerInnen, Unterausstattung bei der Schulsozialarbeit, viel zu große Klassen, ein Inklusionsmodell, das nicht funktioniert, ein marodes Bildungssystem. Dazu kommen eine falsche Toleranz und Rassismus-Vorwürfe von allen Seiten, die jede kritische Auseinandersetzung im Keim ersticken. So schraubt sich die Spirale der Gewalt immer höher. Und wenn nicht einmal über den Mord an einer Lehrerin gesprochen wird, was ist dann bitte noch zu erwarten?

Gibt es auf der Ebene der LehrerInnen denn wenigstens Tendenzen, sich zusammenzuschließen oder Konzepte, um sich gegen die steigende Gewalt im Klassenzimmer zu wehren?
Nein, der Schulterschluss unter den LehrerInnen fehlt. Zum einen, weil wir alle am Limit sind, zum anderen, weil es so ein massives Problem ist, das auf vielen Ebenen angegangen werden müsste. Die Regierung müsste endlich in Bildung investieren. Wir brauchen mehr LehrerInnen und mehr SozialarbeiterInnen. Wir brauchen starke Schulleitungen, die sich hinter die LehrerInnen stellen und konsequent gegen Verstöße vorgehen. Was gesendet werden muss, ist das deutliche Signal: „keine Gewalt“. Und wir brauchen mehr Integrationsarbeit. Und zwar eine, die Regeln vermittelt, die Probleme offen anspricht und die nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern erreicht. Fällt all das aus, springen islamistische Vereine in die Lücke, sie reethnisieren geflüchtete Familien in den Moscheen, predigen die Scharia, Judenhass und Frauenverachtung, die genau das Gegenteil von Integration erreichen und für Gegengesellschaften sorgen. Das geht auf Kosten der Kinder und uns LehrerInnen.

Ausgabe bestellen
Anzeige
'

Anzeige

 
Zur Startseite