ESC: Tolerant und emanzipiert!

Conchita Wurst holte beim ESC den Sieg für Österreich.
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Alle fünf haben die Spitzenplätze musikalisch verdient. Aber klar: Es ging auch, wie immer, um Inszenierungen und Inhalte. Darum lag Conchita Wurst, alias Thomas Neuwirth, aus Österreich mit wallenden Kastanienhaar und Schattenbart und seinem/ihrem Song "Rise like a Phoenix" ganz vorne. Und das nicht nur im Gendertrouble gestählten Westeuropa, sondern auch, siehe da, in Osteuropa! Zu Recht zerdrückte der/die SiegerIn reichlich Tränen. Freudentränen.

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Hochverdient kamen auch die NiederländerInnen mit dem Folksong "Calm after the Storm" auf den zweiten Platz. Ilse DeLange und Wylon verwiesen mit ihrem poetischen, ernsthaften, gleichberechtigten Auftritt alle spekulativen Miniminiröcke und Quellbusen auf die hinteren Plätze. 

Auf dem dritten Platz landete die Schwedin Sanne Nielsen, die mit ihrem blonden Haar im kleinen Schwarzen so klassisch aussah, wie ihr Name verspricht, mit ihrer schönen Stimme und der Ballade "Undo". Ihr dicht auf den Fersen folgte der eigenwillige, bei einer Frau würde man sagen "aparte", Armenier Aram Sargsyan mit seinem poetisch-passionierten Song "Not alone". Auch er meilenweit entfernt von Effekthascherei und Kraftmeierei. András Kàllay-Saunders, der Ungar aus New York, hatte es  sogar gewagt, in seiner Pop-Ballade "Running" den Missbrauch eines Mädchens zu thematisieren. Er kam hochverdient auf den fünften Platz. 

Es blieb Deutschland und Italien als einzigen vorbehalten, der glitschig-pornografischen Inszenierung der Polinnen in "My Slowianie" je 10 Punkte zu geben (FAZ: "peinlich, peinlicher, Polen").

Und unsere drei Mädels mit dem Kontrabass? Elaiza hat sich sehr tapfer geschlagen. Schade nur, dass bei dem geglätteten Auftritt auf der ESC-Bühne so gar nicht rüberkam, was - neben der Musik - ihre Hauptstärke ist: Die Sisterhood! Aber das wird schon. Elaiza ist auf dem besten Weg.

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Elaiza beim ESC: Drei gewinnt!

Elaiza: Natalie Plöger, Elzbieta Steinmetz und Yvonne Grünwald.
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Eine 1,57 Meter kleine, 22-jährige Pianistin mit platinblonder Kurzhaarfrisur aus dem saarländischen Schiffweiler, die seit ihrem zwölften Lebensjahr komponiert. Eine studierte Akkordeonistin, 29, die 15 Instrumente ihr eigen nennt und in einer Klezmer-Band gespielt hat. Und eine gleichaltrige Kontrabassistin, ebenfalls mit Musikstudium, die aus der Jazz-Ecke kommt. Das sind Elsbieta Steinmetz, Yvonne Gründwald und Natalie Plöger, kurz: Elaiza.

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Kennengelernt haben sich die drei in Berlin bei einer Schnapsverkostung. Der Vorsatz, eine Band zu gründen, erwies sich allerdings als das Gegenteil einer Schnapsidee. Von ihrem ersten Kneipen-Konzert im Januar 2013, von dessen Erlös sie zusammen Falafel essen gingen, bis zum ESC-Vorentscheid im März 2014, bei dem sie selbst Stars wie „Unheilig“ aus dem Feld schlugen, hat es gerade mal ein gutes Jahr gedauert. Und nun standen sie also beim Eurovision Song Contest in Kopenhagen auf der Bühne und gaben ihren Song „Is it Right“ zum Besten, im slawischen Sound, geprägt von Elsbieta mit einem ukrainischen Vater und einer polnischen Mutter.

Nachdem nicht ganz unpeinlichen Lena-Aufguss von 2012 und Cascadas Einheitsbrei-Synthi-Stampf von 2013 ist das Stück, das ganz ohne Elektronik auskommt, trotzdem modern klingt und mit dem Label „Neo-Folk“ bedacht wurde, jedenfalls eine echte Wohltat. Komponiert hat es Elsbieta, genannt Ela, die mit Musik im Hause Steinmetz aufgewachsen ist: Ihre Mutter ist studierte Opern- und Jazzsängerin.

In jedem Fall haben „Elaiza“ gleich zwei ESC-Regeln gebrochen. Erstens: Sie lassen eine kleine, kurzhaarige – und daher nicht windmaschinentaugliche - Frontfrau mit Röhrstimme gegen viele langbeinige, langhaarige lendenschurz-berockte Sängerinnen aus Barbieland antreten. (Ausnahmen wie die burschikose und offen lesbische serbische Siegerin Marija Serifovic anno 2007 bestätigen die Regel.) Zweitens: Sie spielen Instrumente. Damit könnten sie Grand Prix-Geschichte schreiben, denn auch im 21. Jahrhundert sind weibliche Instrumentalisten auf der ESC-Bühne immer noch einzigartig.

Weil das so ist, sahen die „drei Charakterköpfe“ (Eigendefinition) dem Finale am Samstag gelassen entgegen. Zwar haben sich Elsbieta, Natalie und Yvonne nach ihrem Vorrunden-Sieg „einen Ast abgefreut“. Aber auch nach der Platzierung in den Top Zwanzig – sie machen halt einfach weiter Musik. Mit Kompetenz, Herz – und ohne Windmaschine.
 

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