Die ehemalige Prostituierte Rosen Hicher am Ziel?

Rosen Hicher kommt in Paris an - mit Femen-Blumenkranz.
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Als sie um elf Uhr an der Porte d’Orléans ankam, trug sie einen Femen-Blumenkranz im Haar und ein Schild in der Hand: „Prostitution = Violence“. Rosen Hicher weiß nur zu gut, was Prostitution bedeutet. 22 Jahre lang hat sich die Mutter von sechs Kindern prostituiert. „Freiwillig“, wie es so schön heißt. Vor vier Jahren ist die 58-Jährige ausgestiegen. Seither ist sie in Frankreich eine der stärksten Stimmen gegen die Prostitution. „Prostitution ist kein Recht!“ erklärte sie bei ihrer Ankunft in Paris nach 800 Kilometern Fußmarsch. „Niemand hat das Recht, eine Frau zu kaufen oder zu verkaufen!“

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 Niemand hat das Recht, Frauen zu kaufen oder zu verkaufen

Ihre Botschaft ist angekommen. Zum Beispiel bei der Staatssekretärin für Frauenrechte, Pascale Boistard. Die Sozialistin gehörte ebenso zum Empfangskomitee für Rosen Hicher wie ein Dutzend Ex-Prostituierte und zwei ihrer Töchter, die „sehr stolz“ auf Maman sind. Mit dabei auch die vielen (Frauen)Organisationen, die in Frankreich im Bündnis „Abolition 2012“ für die Abschaffung der Prostitution kämpfen: vom „Mouvement du Nid“ bis zu den „Zéromachos“. Gemeinsam zog die mehrhundertköpfige Truppe zur Rue du Colisée nahe den Champs Elysées. Dort hatte sich Rosen in einer Bar zum ersten Mal prostituiert.

Gestartet war Rosen am 3. September 2014 in Saintes an der französischen Westküste, ihrem letzten „Dienstort“. Auf ihrer sehr speziellen Tour de France machte sie an allen Orten Halt, an denen sie ebenfalls ihren Körper verkauft hatte. Sie sprach PassantInnen an und erzählte ihnen von ihren Erfahrungen. Sie traf sich mit LokalpolitikerInnen und warb für ihr Ziel: die Bestrafung der „Kunden“.

„Die Menschen waren bestürzt von meinen Erzählungen“, berichtet Rosen. „Und sie haben verstanden: Wenn wir die Freier bestrafen, trocknen wir den Markt und damit die Netzwerke der Zuhälter aus.“

Die Bestrafung der Freier nach dem Schwedischen Modell ist in Frankreich eigentlich schon beschlossene Sache: Im Dezember 2013 votierte die Nationalversammlung mit klarer Mehrheit für ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung der Prostitution und für die Freierbestrafung. Doch seither hängt das Gesetz im Senat, der ebenfalls zustimmen muss. Dabei ist die Zustimmung rein formal. Sollte der Senat (der französische Bundesrat) sie verweigern, könnte das Parlament das Gesetz auch so durchwinken.

Nicht nur Rosen Hichers Geduld ist inzwischen, fast ein Jahr nach dem Votum der Nationalversammlung, am Ende. Am Tag ihrer Ankunft in Paris veröffentlichte Le Journal du Dimanche den Appell von 200 BürgermeisterInnen und LokalpolitkerInnen, an der Spitze die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. „Das System Prostitution ist eine der großen Herausforderungen in unseren Städten“, schreiben sie.

Die Menschen waren bestürzt von meinen Erzählungen

Dabei gehe es nicht nur um die betroffenen Frauen und die „kriminellen internationalen Netzwerke“, die sich mit dem Frauenhandel ausbreiteten. Sondern auch um die Frage: „Wie sollen wir unseren Kindern die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen vermitteln, wenn Männer Armut und Not von Frauen ausbeuten und ihren einen Geschlechtsakt gegen Geld aufzwingen können?", fragen die BürgermeisterInnen. 

„Der Senat muss aufwachen und endlich handeln!“ fordert auch Rosen Hicher. Ihr Ziel Paris hat sie erreicht. Ihr nächstes Ziel, das Schwedische Modell in Frankreich, in nicht allzu großer Ferne ebenso.  

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Rosens langer Marsch gegen Prostitution

Rosen Hicher marschiert nach Paris. - © Stéphane Durand
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Rosen Hicher, heute 58 Jahre alt, ist in Saintes an der Westküste Frankreichs gestartet, an dem Ort, wo sie sich vor vier Jahren zuletzt prostituiert hat. Sie wird bis Paris gehen, der Ort, wo sie zum ersten Mal ihren Körper verkauft hat, in einer „Champagner Bar“ nahe der Champs Elysees. Da war Rosen 31, hatte ihre Stelle verloren, und wusste nicht mehr, wie sie ihren sechs Kindern zu essen geben sollte.

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Auf ihrem Marsch wird Rosen in allen Städten halt machen, wo sie sich in den 22 Jahren prostituiert hat – um die Bevölkerung, KommunalpolitikerInnen und Abgeordnete zu mobilisieren. Damit endlich das vom Parlament im Dezember 2013 verabschiedete Gesetz für den Ausstieg der Frauen und die Bestrafung der Freier verabschiedet wird.

Hicher hatte 2009 ein Buch veröffentlicht mit dem Titel: „Rosen, une prostituée temoigne“ (eine Prostituierte legt Zeugnis ab). Darin plädierte sie für die totale Freigabe der Prostitution. „Heute schäme ich mich für das Buch, sagt sie. „Aber ich hatte gehofft, dass die Lage der Prostituierten sich durch die Legalisierung der Prostitution verbessern würde. Das Gegenteil aber ist der Fall.“

Inzwischen ist die Französin eine der Frontfrauen im Kampf gegen die Prostitution in Europa. Sie gehört zu denen, die entscheidend dazu beigetragen haben zu dem Meinungswechsel in Frankreich, der in der Verabschiedung des Gesetzes zur Freierbestrafung gipfelte. Eine überwältigende Mehrheit des Parlaments stimmte zu, von den Konservativen bis zu den Sozialisten. Nur die Grünen stimmten dagegen.

Doch seither dümpelt das Gesetz beim Senat (das Pendant zum deutschen Bundesrat), der formal zustimmen muss, auch wenn das Parlament das letzte Wort hat. Rosen will mit ihrem Marsch erreichen, dass der Senat das Anti-Prostitutionsgesetz mit der Freierbestrafung endlich auf die Tagesordnung setzt.

Heute schäme
ich mich für
das Buch von
damals.

Über ihre Zeit in der Prostitution spricht Rosen Hicher sehr ehrlich. Zunächst prostituierte sie sich aus Not, doch dann fand sie Gefallen daran. „Es war wie ein Rausch. Ich hatte das Gefühl, die schönste Frau der Welt zu sein.“ Die Luxusprostituierte verdiente viel Geld – warf aber alles mit vollen Händen wieder aus dem Fenster. Heute lebt sie sehr bescheiden, aber im Reinen mit sich.

Zu EMMA sagte Rosen über ihre Zeit in der Prostitution im Gespräch im Frühling 2013: „Es erschien mir eine völlig natürliche Sache zu sein, was ich da tat.“

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Blog von Rosen Hicher: Marche pour l'abolition
 

 

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