Exlover von Omar meldet sich
War der Amokläufer Omar Mateen, der 49 homosexuelle Frauen und Männer ermordet hat, selbst homosexuell? Die Gerüchte kursierten seit Tagen, aber die Beweise fehlten. Jetzt hat sich ein Zeuge bei der Polizei gemeldet. Ein Exlover von Omar.
Der Mann wurde in den vergangenen Tagen ausführlich vom FBI verhört und gab dem spanischsprachigen amerikanischen TV-Sender Univision am Dienstag ein ausführliches Interview. Der Mann will anonym bleiben. Im Fernsehen ist er verkleidet und geschminkt, seine Stimme ist verfremdet. Er nennt sich „Miguel“ und fühlt sich, wie er gegenüber der Moderatorin Salinas erklärt, verpflichtet „als Bürger der USA und schwuler Mann, zur Aufklärung beizutragen“.
Ein Exlover meldete sich beim FBI. Was er zu sagen hat.
Die Kernaussage von Miguel: Bei dem Massaker von Omar Mateen in Orlando handelte es sich nicht um einen terroristischen Anschlag, sondern um einen Racheakt. Er spricht ruhig und gefasst und erzählt die Geschichte von Anfang an.
Sie begann an einem Tag im Oktober vergangenen Jahres, als Miguel von Omar Mateen über die schwule Dating-App „Grindr“ eine Nachricht erhielt. Miguel kannte den Mann, der ihn kontaktierte, aus der schwulen Szene vom Sehen. Noch im selben Monat verabredeten sie sich im „Parliament House“, dem größten schwulen Club Orlandos. Sie trafen sich an der Bar. Omar Mateen, so erinnert sich Miguel, trank viel Alkohol. Anschließend fuhren sie zum Hotel Ambassador, nahmen sich ein Zimmer und hatten Sex.
Von nun an trafen sie sich regelmäßig, allein im November und Dezember, insgesamt „zwanzig Mal“, immer im Hotel „Ambassador“, immer in demselben Zimmer und manchmal vorher an der Bar vom „Parliament House". Seinen Namen wollte Mateen aber nie verraten, und ein gemeinsames Selfie kam auch nicht in Frage. Irgendwann stellte Miguel seinen Lover zur Rede: Warum diese Geheimnistuerei?
Der Vater von Omar Mateen wünschte Schwulen
den Tod.
Omar Mateen eröffnete Miguel, dass er verheiratet sei und ein Kind habe. Er behauptete, seine Frau wisse, dass er schwul sei, und die Ehe sei ein Arrangement. Es gehe darum, vor Omar Marteens Vater die Wahrheit über die Homosexualität des Sohnes zu verbergen. Der Vater sei der Ansicht, Homosexuelle seien des Teufels und hätten nichts als den Tod verdient. Er, Omar, glaube dagegen, der Islam sei eine Religion der Liebe und heiße auch homosexuelle Menschen willkommen. Aber er habe panische Angst vor seinem Vater. Wenn sein Vater die Wahrheit erfahre, würde er ihn umbringen.
Er selber habe, erzählt Miguel, Omar Mateen niemals aggressiv erlebt, sondern, im Gegenteil, als „liebevollen Menschen“; jemand der Liebe gesucht habe und in den Arm genommen werden wollte. Als nach der Schießerei im „Pulse“ das Bild des Mörders in den Medien zu sehen war, traute Miguel seinen Augen nicht. Er war zutiefst geschockt. Der Omar, den er kennengelernt habe, sei ein anderer Mensch gewesen.
Wie aber konnte es zu dieser schwer fassbaren Tat kommen? Miguel hat dafür nur eine Erklärung. Omar Mateen, der sich besonders von Latino-Männern angezogen gefühlt habe, die vor allem im „Pulse“ verkehrten, habe sich oft abgewiesen gefühlt. Und dann war da dieser Vorfall.
Omar Mateen scheint kein islamistischer Attentäter gewesen zu sein
Nachdem zwei Männer aus Puerto Rico Omar zu einem Dreier eingeladen hatten, offenbarte ihm einer der beiden hinterher, dass er HIV-Positiv sei. Omar sei regelrecht durchgedreht, erzählt Miguel. Obwohl er einen Test machte und dieser Test sich als negativ herausstellte, lebte er von nun an in der panischen Angst, vielleicht doch angesteckt worden zu sein. Er war davon überzeugt , dass ein hundertprozentiges Ergebnis erst nach vier bis fünf Monaten vorliege.
„Dafür werden die bezahlen“, habe Omar Mateen gesagt. Miguel nahm das nicht ernst und dachte, es sei nur ein Spruch. Ihm fiel der Satz erst wieder ein, als er von dem Attentat erfuhr. Er ist heute davon überzeugt, dass Omar Mateen aus Hass auf die schwulen Latinos und aus Rache gehandelt habe. Hätte er terroristische Motive gehabt, so Miguel, hätte Omar Mateen sich als Ziel nicht den vergleichsweise kleinen Club „Pulse“ ausgesucht, in dem vor allem Latinos verkehren, sondern den viel größeren Club „Parliament House“, indem wesentlich mehr Schwule und Lesben verkehren.
Wie glaubwürdig sind Miguels Aussagen? Das fragte auch die Interviewerin Maria Elena Salinas. Miguels Antwort war so einfach wie bestechend: Es müssten zahlreiche Aufzeichnung der Überwachungskameras im Hotel „Ambassador“ und der näheren Umgebung sowie von den Überwachungskameras im „Parliament House“ geben, die beweisen, dass Miguel und Omar Mateen sich regelmäßig dort trafen. Das FBI werte die Aufnahmen derzeit aus.
Mitarbeiter des „Ambassador“ haben vor wenigen Stunden bestätigt, dass Omar Mateen regelmäßig Gast im Hotel gewesen sei. In Begleitung eines Mannes.
Friedrich Dönhoff