Femen: Sexindustry kills!
Die Männer, die vor dem Berliner Messegebäude Schlange standen, sind äußerst irritiert. Zwar erwarten sie im Innern der sogenannten Erotikmesse „Venus 2019“ Frauen, die auf der „Kinky-Bühne“ geschlagen werden, Frauen in Käfigen oder solche mit riesigen Silikonbrüsten. Aber mit den barbusigen Femen vor dem Gebäude hatten sie nicht gerechnet. Die tragen einen Sarg bis vor die Treppenstufen und stellen ihn dort ab. Darin eine weibliche „Leiche“. Auf ihrem Körper steht: „Sexindustry kills“.
https://twitter.com/Femen_France/status/1185543970333573120
„Frauen in der Prostitution sind der psychischen und körperlichen Gewalt durch Freier und Zuhälter ausgesetzt“, erklären die Femen und mit ihnen „Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution“, das Netzwerk Ella, der EMMA-Club Berlin und weitere feministische Initiativen. Auch in der Pornografie sei Gewalt an der Tagesordnung. „Im Internet finden sich unzählige Videos, die nicht einvernehmlich gedreht wurden, oder ohne das Wissen und die Zustimmung der Gezeigten verbreitet werden. Millionen von Konsumenten masturbieren täglich zu dieser Gewalt.“
Diese Gewalt hat nicht selten tödliche Folgen. Und da geht es nicht nur um die regelmäßigen Morde an Frauen in der Prostitution, sondern auch um Tod durch „Geschlechtskrankheiten, Suizid, Gewalt und Drogenkonsum“. „Wir gedenken daher den Opfern der Sexindustrie!“
Inzwischen hat offenbar auch so mancheR BundestagsabgeordneteR verstanden, dass Prostitution nichts mit „sexueller Selbstbestimmung“ zu tun hat und dafür sehr viel mit Gewalt. „Es gibt keine andere Arbeit, bei der Menschen so kaputtgemacht werden“, erklärte die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier auf dem Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg am 12. Oktober in einer bewegenden Rede.
https://www.youtube.com/watch?v=o7J8i4V4YgA
Prostitution wie eine normale Arbeit zu behandeln, sei „eine groteske Verharmlosung der Ausbeutungs- und Gewaltverhältnisse in der Sexindustrie“. Die Liberalisierung von 2002 sei „kläglich gescheitert“: „Keine 70 Frauen in der Prostitution sind sozialversichert. Seit 2002 haben wir einen Feldversuch an Frauen.“ Am Ende beschloss die SPD Baden-Württemberg, sich für die Freierbestrafung einzusetzen. Das sogenannte Nordische Modell, das neben dem Sexkaufverbot die Frauen in der Prostitution völlig entkriminalisiert, gilt inzwischen in Schweden, Norwegen, Island, Irland Frankreich und Israel.
Aber nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Berlin scheinen immer mehr PolitikerInnen zu begreifen, dass auch Deutschland endlich handeln muss. Leni Breymaier, Vorsitzende von Sisters, hat Bundestagsabgeordnete aller Parteien für einen interfraktionellen Arbeitskreis gewonnen, der für das Nordische Modell kämpft. Allen voran die CDU.
"Das Frauenbild vieler Männer ist durch käuflichen Sex geprägt"
„In vielen Fällen werden die Prostituierten auf unvorstellbare Weise ausgebeutet“, hatte Elisabeth Winkelmeier-Becker, die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, schon im September erklärt. „Wir sind außerdem als Gesellschaft betroffen, wenn das Frauenbild vieler Männer durch käuflichen Sex geprägt wird. Es ist deshalb notwendig, dass wir zu einem Paradigmenwechsel kommen. Deutschland darf nicht das Bordell Europas sein.“
„Wir werden auf den Koalitionspartner zugehen und hoffen, dass er dieses Vorhaben unterstützt“, bestätigte Thorsten Frei, der stellvertretende Unions-Fraktionschef. Wir dürfen gespannt sein.