Royale Präsidentin

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"Ich werde mein Bestes geben, um sicherzustellen, dass wir Finnen in sechs Jahren in einem Land mit besserer Gleichstellung leben," versprach Tarja Halonen am 1. März 2000 in ihrer Antrittsrede als Staatschefin. Und was bei anderen für eine Phrase gehalten wird, wird ihr geglaubt.

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Dass sie dereinst die erste Justizministerin, die erste Außenministerin und die erste Präsidentin Finnlands werden sollte, wurde ihr an der Wiege im Helsinkier Arbeiterviertel Kallio wahrlich nicht gesungen. Tarja Halonen, 59, kann nach drei von sechs Amtsjahren zufrieden auf eine Beliebtheitsrate von fast 100 Prozent, ganz genau: 94 Prozent, blicken.

Warum, das kann sich niemand so recht erklären. Die Frau liebt Katzen, Ausländer und den Frieden, und tritt für die standesamtliche Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare ein. Sie hält keine Rede ohne Hinweise auf Frauen, Kinder und Minderheiten. Und zu allem Überfluss ist sie auch noch Feministin. Auch ihre radikale Vergangenheit und ihr unkonventioneller Lebensstil passen nicht ins traditionelle finnische Konzept.

Die 1979 ins Parlament eingezogene Sozialdemokratin hatte zuvor als erste Juristin für Finnlands größten, männerdominierten Arbeitergewerkschaftsbund SAK gearbeitet und war in den frühen 80er Jahren Vorsitzende der finnischen Lesben- und Schwulenvereinigung SETA gewesen. Warum? "Ich finde, es ist meine Pflicht zu helfen, wo ich kann", kommentiert Halonen lapidar. Aus der finnisch-lutherischen Kirche, der 85 Prozent der Finnen angehören, trat Halonen aus, weil "die keine weiblichen Bischöfe zulassen wollte".

Ihre Tochter Anna, die heute in Großbritannien internationale Politik studiert, erzog sie allein, neben allen Jobs und Engagements. Halonen: "Eine schlechte Mutter ist eine, die nicht versucht, die Welt für ihr Kind besser zu machen." Und ihren heutigen Mann, mit dem sie 15 Jahre lang und auch als Ministerin in "wilder Ehe" lebte, heiratete sie erst, als sie zur Staatschefin gewählt worden war. Im Gegensatz zu ihr ist der Rechtsanwalt Dr. Pentti Arajärvi wortkarg und lächelt selten, die Rolle des Präsidentinnengatten ist ihm sichtlich unbehaglich.

Was also macht Tarja Halonen so populär? Ihre Natürlichkeit, über die es zahllose Anekdoten gibt. "Entschuldige dich nie für die Macht." Das sind so Sprüche der Präsidentin, die Männer das Fürchten lehren. Jeder ihrer Schritte, ihrer Worte und ihrer Kleidungsstücke werden in den Medien penibel kommentiert. Halonen: "Anfangs hat man aus mir ein Zwischending zwischen Staatschefin und Königin gemacht. Es war peinlich."

Sie macht nicht auf Powerfrau, obwohl sie eine ist. Ihre Kompetenzen sind viel weitreichender als die des deutschen Bundespräsidenten: sie trägt unter anderem die Mitverantwortung für die finnische Außenpolitik.

Privat hält Halonen sich gerne mitten im Volk auf, ob bei Rockfesten, im Theater oder auf dem Markt. Sie ist die Landesmutter per se und ein Role Model für kleine Mädchen. "Wenn ich mal groß bin, will ich auch Präsi-dentin werden!", schrieb ihr eine ihrer zahlreichen kleinen Fans. R.L.

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