McDormand: Die Unangepasste

Frances McDormand in "Three Billboards outside Ebbing, Missouri" - Foto:ARD Degeto/: © 2017 Twentieth Century Fox Film Corporation
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Sollte es in der westlichen Welt einen erwachsenen Menschen geben, der Frances McDormand nicht kennt, und möchte man diesem Menschen in fünf Minuten vermitteln, wer diese sehr spezielle Schauspielerin ist, sollte man ihm oder ihr raten, die Dankesrede anzuschauen, die McDormand am 4. März 2018 bei der Oscar-Verleihung gehalten hat. Denn da steckt eigentlich alles drin.

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Jodie Foster und Jennifer Lawrence öffnen den schwarzen Umschlag: „And the Oscar goes to … Frances McDormand!“ Tosender Applaus. Standing Ovations. Nur Frances McDormand macht ein Gesicht, als sei ihr gerade ein Gespenst erschienen. Überhaupt wirkt sie etwas derangiert. Sie ist ungeschminkt und die aschblonde Kurzhaarfrisur so verstrubbelt, als sei ihre Trägerin gerade erst aufgestanden; dazu trägt McDormand ein etwas seltsames, bodenlanges, schlammgrün gemustertes Kleid, das an eine Eidechse erinnert, und über das sie prompt stolpert, als sie die Treppen zur Bühne erklimmt. Immer noch lächelt sie kein bisschen, als sie von Jennifer Lawrence den Oscar entgegennimmt.

Frances McDormand bei den Oscars: Die Frau hat ein paar Dinge zu sagen! - Foto: Imago Images
Frances McDormand bei den Oscars: Die Frau hat ein paar Dinge zu sagen! - Foto: Imago Images

Doch dann steht sie am Mikro und legt los. „Okahahahahay“ gackert sie wie ein pubertierender Teenager. „Hahahaha, ich hyperventiliere ein bisschen, also wenn ich von der Bühne falle, stellt mich wieder auf, denn ich habe ein paar Dinge zu sagen.“ Und jetzt wird aus der Verstrubbelten und Verpeilten von einer Sekunde zur anderen eine ernsthafte Botschafterin, die sehr genau weiß, was sie will. Erstens: Ihrem Regisseur danken, klar. Zweitens: „Ich möchte speziell meinem Clan danken, Joel und Pedro McCoen, zwei Individuen, die von ihren feministischen Müttern sehr gut erzogen wurden.“ Drittens bittet McDormand nun „alle weiblichen Nominierten aller Kategorien, mir die Ehre zu erweisen, heute Abend mit mir hier zu stehen: Die Filmemacherinnen, die Regisseurinnen, die Produzentinnen, die Drehbuchschreiberinnen, die Komponistinnen …“

Unter Applaus erheben sich zahlreiche Frauen im Saal, und McDormand donnert: „Schauen Sie sich um, Ladies und Gentlemen! Denn wir alle hier haben Geschichten zu erzählen und Projekte, für die wir eine Finanzierung brauchen. Plaudern Sie nicht mit uns heute Abend auf den Partys darüber, sondern laden Sie uns in drei Tagen in Ihr Büro ein!“ Abgang Frances McDormand.

Frances McDormand nutzt ihren Erfolg, um andere Frauen zu fördern. Und, klar: Sie ist eine großartige Schauspielerin, und sie bereichert die Filmwelt mit großartigen Frauenrollen. Allen voran als Mildred Hayes in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, für die sie 2018 nicht nur den Oscar gewann, sondern auch den Golden Globe und quasi alle anderen großen Filmpreise abräumte.

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Mildred Hayes versetzt die Polizei von Ebbing, ein verschlafenes Städtchen in Missouri, mit einem Schlag in den Wachmodus. Fast ein Jahr ist es her, dass ihre Tochter Angela an einer Ausfallstraße vergewaltigt und verbrannt wurde. Doch „die Polizei hier ist mehr damit beschäftigt, Schwarze zu foltern als die Mörder meiner Tochter zu suchen“. Deshalb mietet Mildred drei Plakatwände an just jener Straße, auf denen sie den Polizeichef in riesigen Buchstaben zum Handeln auffordert. Kaum hängen die Plakate, ist in Ebbing die Hölle los.

Wie McDormand Mildred Hayes mit wildem Furor in den Krieg gegen die halbe Kleinstadt ziehen lässt; wie sie der wütenden Rächerin einen Hauch von Berührbarkeit mitgibt; wie sie es schafft, aus Mildred – die den gesamten Film in einem blauen Mechaniker-Overall bestreitet – eine kompromisslose, aber manchmal eben auch rührende und komische Heldin zu machen – das ist großes Kino.

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