Frauen & Katzen: Eine Symbiose
Die Frauen und die Katzen - eine uralte Geschichte. Im alten Ägypten waren sie noch Göttinnen (die Katzen). Sie werden geliebt oder gehasst.
Von Gehorsam und Pünktlichkeit hält die Katze gar nichts. Sie lässt sich weder erziehen noch dressieren. Wenn einige von ihnen Stoff- oder Papiermäuschen apportieren, dann nur, weil es ihnen Spaß macht. Mit Befehlen und Strafen erreicht man gar nichts bei ihnen, mit Toleranz und Liebe alles. Na, sagen wir, fast alles.
Frauen und Katzen leben nicht erst seit gestern auf der Erde. Lassen sich eigentlich Hinweise dafür finden, dass auch in frühester Zeit schon eine besonders enge Verbundenheit zwischen Frauen und Katzen bestanden hat? Hinweise ja, aber nicht mehr, denn die Geschichtsschreibung erwähnt, abgesehen von ein paar weiblichen Heiligen und Königinnen, Frauen bekanntlich kaum.
Stets wurden Katzen weiblichen Gottheiten zugeordnet
Drei Quellen vor allem erweisen sich als ergiebig: die Mythologie, das Märchen und ein ganz ungewöhnlicher Fund der Archäologen. In dem neolithischen Dorf Hacilar in Anatolien fand man Statuetten von Frauen, die mit Katzen spielen, genauer: schmusen. Sie stammen aus der Zeit um 7000 vor Christus. Die nächsten Katzendarstellungen sind erst wieder aus dem alten Ägypten bekannt, häufig im Zusammenhang mit Bastet, der Katzengöttin.
Auch von der chinesischen Kaiserin Wu im 7. Jahrhundert weiß man, dass sie Katzen liebte. Die byzantinische Kaiserin Zoe, rund 400 Jahre später, ließ ihre Katzen bei der Tafel neben sich von goldenen Tellern speisen, und selbstverständlich durften sie bei ihr im Bett schlafen. Johanna von Spanien, die "Wahnsinnige", deren "Wahnsinn" auf reiner Verleumdung beruht, fand während ihrer langen Verbannung auf der Festung Torsedillas Trost allein bei ihren Katzen. Eine Katzenfreundin war auch Königin Viktoria von England.
Stets und in ganz verschiedenen Kulturen wurden Katzen weiblichen Gottheiten zugeordnet, nie männlichen. Und immer waren es auch Göttinnen, die die Frauen beschützten, vor allem bei der Niederkunft. Die Lieblinge der germanischen Göttin Freya waren ihre grauen Katzen. Wer ihnen in die Kornfelder ein Schälchen Milch stellte, durfte mit einer guten Ernte rechnen. Der Göttin Tsun-Kyankse war die Burmakatze heilig, ihr verdankt diese Katze ihre saphirblauen Augen.
Woher sie eigentlich kommt, die Katze? Die griechische Göttin der Jagd, Artemis, soll die Katze erschaffen haben, um ihren Zwillingsbruder Apollon zu ärgern, der - so will es der Mythos - wiederum den Löwen schuf. Artemis ist, ganz wie die phönizische Astarte, ursprünglich eine Vegetations- und Mondgöttin und Schutzherrin der Tiere. Kein Wunder also, dass wir in ihrem engeren Umfeld wieder den Katzen und den Frauen begegnen.
Artemis, die griechische Göttin der Jagd, soll die Katze er-
schaffen haben.
Bis weit in christliche Zeit wurde Artemis unter dem römischen Namen Diana bei geheimen nächtlichen Zusammenkünften von Frauen verehrt. Das Christentum übernahm viele "heidnische" Bräuche und gesellte prompt auch Maria eine Katze bei. Eine italienische Legende berichtet, dass in der Weihnachtsnacht auch eine Katze im Stall von Bethlehem ihre Jungen zur Welt gebracht habe. Darauf dürfte Leonardo da Vinci sich bezogen haben, als er die Skizzen zu dem leider nie verwirklichten Bild "Madonna mit Kind und Katze" machte.
Tigerkatzen mit einem "M" auf der Stirn wurden während der Inquisition zumindest in Italien geschont - eine kluge Katzenfreundin (so glaube ich jedenfalls) war auf die geniale Idee gekommen, das "M" als Anfangsbuchstaben von Maria zu deuten. Es gab sogar eine regelrechte christliche Schutzpatronin der Katzen, die heilige Gertrud von Nivelles. Und in vielen Nonnenklöstern waren als Haustiere ausschließlich Katzen erlaubt.
Vieles über die enge Beziehung zwischen Katzen und Frauen erfahren wir aus den Märchen. Meist sitzt die Katze in der Küche, wohin man auch die Frau verbannt hatte, und schläft in der warmen Herdasche. In dem französischen Märchen "Das Waldhaus" tritt sogar eine schöne, wohltätige Fee in Erscheinung, die mit hundert reizenden Katzen zusammenlebt. Eines der schönsten Katzenmärchen der Weltliteratur, "Die weiße Katze", wurde Mitte des 17. Jahrhunderts von einer Frau geschrieben, der Französin Marie-Catherine d'Aulnoy.
Am bekanntesten aber ist die inzwischen längst rehabilitierte "Hexe" in "Hansel und Gretel" mit ihrem Kater. Die Märchenforschung glaubt zu wissen, dass es sich um eine noch junge Frau handelte, die von einem gewissen Hans in ihrem eigenen Backofen ermordet wurde, weil sie sich geweigert hatte, ihr Lebkuchenrezept rauszurücken. Hoffen wir, dass es wenigstens dem Kater gelang, sich in den Wald zu retten und da zu den Wildkatzen zu stoßen.
Die mörderischste Frauenhatz der Geschichte, auch Hexenjagd genannt (die sich übrigens weitgehend in der Neuzeit abspielte und nicht im Mittelalter, wie es immer so gern heißt), wendete sich folgerichtig gleichzeitig gegen die Katzen. Vielfach genügte schon die Tatsache, dass eine Frau eine Katze besaß, um sie als Hexe anzuklagen und auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Und die Katze gleich mit. Ganze Landstriche wurden so "katzenfrei" gemacht.
Ein Typ hasst Katzen aus ganzem Herzen: der Diktator
Zahlreich sind die Namen der Katzenfreundinnen unter den Literatinnen: Ricarda Huch und Christa Reinig gehören dazu, die Colette und Patricia Highsmith. Sie gestand: "Wenn ich in einer Straße eine hungernde Katze und ein hungerndes Kind anträfe, ich würde, wäre ich unbeobachtet, die Katze füttern." Eine glühende Verehrerin der Katze ist auch die Malerin Leonor Fini. "Kater Murr" ist ihr Lieblingsbuch, der gestiefelte Kater ihr liebster Romanheld und Gottfried Mind, der Schweizer "Katzenraffael", ihr Lieblingsmaler.
Natürlich gibt es auch Männer, die Katzen lieben (und Frauen, die Hunde haben). Aber ein Typ hasst Katzen aus ganzem Herzen: der Diktator. Alle Diktatoren, von Alexander dem Großen und Cäser bis hin zu Hitler und Stalin, waren Katzenfeinde.
Frauen und Katzen, eine unendliche Geschichte. Noch gar nicht die Rede war von den Frauen in Paris, Berlin, London, Rom, Istanbul oder München, die - ganz ohne Besitzanspruch - die heimatlosen Katzen füttern. Bei jedem Wetter ziehen sie los, um ihre Lieblinge zu versorgen, und ernten dafür nichts als Spott und Verachtung von überheblichen Mitmenschen - die keine Ahnung haben von ihrer Majestät, der Katze.
Gisela Bulla
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