Frauen-Proteste gegen Berlusconi: "Wenn
Neunzig Sekunden Totenstille, gefolgt von einem kollektiven Schrei: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ So hat die Protestkundgebung der italienischen Frauen gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi am Sonntag auf der Piazza del Popolo in Rom begonnen.
Mehr als Zehntausend Demonstrantinnen kamen auf den Platz, um ihrer Wut auf den Regierungschef freien Lauf zu lassen. „Ich bin heute hier, weil mein sechsjähriger Sohn von Feminismus keine Ahnung hat, aber inzwischen das Wort 'Edelprostituierte' kennt“, sagte eine. Andere hatten Sprüche wie „Berlusconi raus“ oder „Schluss mit BungaBunga“ (in Anspielung auf den jüngsten Sexskandal um den Ministerpräsidenten) auf ihre Plakate geschrieben. „Jetzt ist die Zeit gekommen, sich endlich gegen jenes Frauenbild zu wehren, das ständig in den italienischen Massenmedien propagiert wird!“, forderte Schauspielerin Isabella Ragonese auf dem Podium.
Junge und alte Frauen tanzten im Menschenmeer. Eltern schoben Kinderwagen durch die Menge. Zum ersten Mal schlossen sich auch Männer den Frauenprotesten an. Landesweit haben laut Organisatorinnen rund eine Million Personen an Kundgebungen in 230 Städten teilgenommen. Die Demonstrationen verliefen friedlich.
„Das hätten wir schon lange machen sollen“, hatte die Verlegerin Inge Feltrinelli im Vorfeld in einem Zeitungskommentar geschrieben. Die Deutsch-Italienerin steht an der Spitze eines der bedeutendsten Verlagshäuser Europas. „Können wir dieses Land, das schönste Land Europas, noch retten?“ fragte sie. Ja! lautete die deutliche Antwort der Frauen auf dem Plazza.
Ministerpräsident Berlusconi reagierte verärgert. Er nannte die Massenproteste eine „aufwieglerische Veranstaltungen“. Der 74-jährige Regierungschef muss sich im kommenden April in einem Schnellverfahren wegen Amtsmissbrauch und Sex mit einer minderjährigen Prostituierten vor Gericht verantworten.
Wenig Zuspruch erhielten die Demonstrantinnen auch von Politikerinnen aus dem Berlusconi-Lager. Frauenministerin Mara Carfagna – Ex-Model und TV-Starlet – gab lediglich zu Protokoll, dass sich die Regierung weiterhin um die Rechte der Frauen bemühen werde.
Die italienischen Frauenorganisationen hingegen deuten die Proteste als Anzeichen für ein neues Frauen-Bewusstsein in Italien. Am 8. März findet die nächste Kundgebung der italienischen Frauen statt. Wenn nicht jetzt, wann dann?