Ein Garten für mich allein
"Was mich fasziniert, ist das Momenthafte, Vergängliche im Garten, das man nicht halten kann und dessen Wiederholung man immer wieder ersehnt", gab Hausfrau Barbara Ghyczy für ein Gartenbuch zu Protokoll. "Man hat so schön Zeit zum Denken bei der Gartenarbeit", sagte die 85-jährige Bäuerin Elisabeth Lang, "da denkt es von ganz allein in mir." "Wenn du mich singen hörst über den verdorrten Levkojen/weißt du dass ich das Rätsel des Lebens in meiner Schürzentasche trage", heißt es bei Ulla Hahn in ihrem Gedichtband "Epikurs Garten".
Männer reden anders über ihre Gärten. Sie betonen die Architektur, Anbauweisen, Pflanzenbedingungen und Kräfteeinsätze, sehen sich selbst als Konstrukteure einer stets zu verbessernden Gartenkultur. Hingegen sind als Hobbygärtnerinnen eher Frauen darauf aus, ein sehr persönliches Refugium zu schaffen; am liebsten ein geheimes. Vor allem ihre Vorstellungen vom Garten als privatem Paradies und Raum zur Selbstdarstellung fachten den Gartenboom an und führten letztendlich dazu, dass sich Frauen in immer größerer Zahl als professionelle Landschaftsarchitektinnen und private Gartengestalterinnen einen Namen machten. Geschieht da wirklich etwas Neues – oder geht’s um Heimkehr in die eigene Geschichte?
In der Geschichtsschreibung wurden bisher als Schöpfer von Gärten vorwiegend Götter, Könige und Päpste genannt. Wie überhaupt alle Schöpfung vorgeblich der männlichen Kreativität entspringt. In Ägypten, wo die Gartenkultur begann – gefolgt von islamischen und chinesischen Gärten – soll Echnaton der Sonnenscheibe Blumen in Massen dargebracht haben; wer sie pflanzte und pflegte, wird nicht erwähnt. Sokrates berichtet über Xenophons Reise durch Asien, wo er auf prächtige Lustgärten des persischen Königs traf, "voll von allem, was die Erde an Gutem und Schönem hervorbringt". Das persische Wort dafür war "pairi-dae’-za", was schlicht "umzäunter Park" bedeutete und im Spätbabylonischen "pardisu" hieß, im Hebräischen "pardes", später in Griechenland dann "paradeiso".
Dass es im biblischen Paradies Eva war, die für die geschichtsentscheidende Apfelernte sorgte, ist bekannt. Was Adam dort tat, ist ungewiss; vielleicht baute er den Zaun, was Männern bis heute als ihre besondere Pflicht und Könnerschaft gilt. Der Architekt der Anlage war Adam jedenfalls nicht, denn das war der Schöpfer selber: "Und Gott, der Herr, pflanzte einen Garten in Eden gegen Morgen und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte" (1. Mose, 2,8).
Dieses göttliche Werk Garten, so legt die Geschichtsschreibung nahe, konnte nur von Männern fortgeführt werden. Homer lässt seinen Odysseus im Garten des Alkinoos, König der Phäaken, wandeln, wo er die "süßen Feigen und rötlich gesprenkelten Äpfel" bewundert und zwar nicht das Paradies, doch aber den Hauch des Himmels zu verspüren meint, als er in einem Gartenwinkel "immerduftende Beete, voll balsamischer Kräuter und tausendfarbiger Blumen" entdeckt.
Dass es überwiegend Frauen und Sklaven waren, die das alles aussäten und offensichtlich zu botanischen Erfolgen führten, wird nicht erwähnt, auch nicht als Homer später den Athenern enthusiastisch die weit entwickelte Blumenpracht nahe legt: "Pflanzet weiße Levkojen und die goldenen Leuchten der Calla, pflanzt Narzissengefieder, das Maul des grimmigen Löwen, zu weißen Kelchen aufgesprossene Lilien. Setzet Violen, auch Hyazinthen, schneeweiß schimmernd, himmelblau strahlend …" Kein Wort über die Gärtnerinnen, doch weiß man, dass die Griechinnen im Haus ihres Ehemannes praktisch eingeschlossen waren, im "gymaeceum", dem Frauenbereich, wo sie alle häuslichen Arbeiten verrichteten, also auch die Betreuung des Gartens. So strikt war für sie die Trennung von der Öffentlichkeit, dass die Achse des Wagens, der die junge Frau vom Vater des Hauses zum Gatten getragen hatte, sofort nach der Reise verbrannt wurde.
Eine nach innen gerichtete Welt muss sich da entwickelt haben, eine unablässig arbeitsame, aufs Detail gerichtete, ebenso gebückte wie geduckte Lebensweise, von deren Sehnsüchten nach der Welt jenseits der Zäune und Mauern wenig berichtet wurde; nicht bei den etwas freier lebenden Römerinnen, nicht bei den arabischen Frauen im Harem. Der Begriff "Garten" wurde zum Schlüsselwort für weibliches Leben. Auch für Sexualität. Wie in den ägyptischen Liebesliedern: "Ich bin für dich wie der Garten, den ich gepflanzt habe mit Blumen und allen süßduftenden Kräutern … Der schöne Ort, wo wir uns ergehen, wenn deine Hand auf meiner liegt und mein Herz satt vor Freude ist, weil wir zusammengehen." Oder in Salomons Hohelied der Liebe: "Meine Braut ist ein Garten voll erlesener Pflanzen! An Granatapfelbäumen reifen köstliche Früchte … Wenn die Schatten länger werden, und der Abend Kühle bringt, komm ich zu Dir, ruh auf deinem Myrrhenberg und deinem Weihrauchhügel." Gleichzeitig galt der Garten konkret als Ort der Frauen, ihrer Tätigkeit wie ihrer Weltabgeschiedenheit. Der Garten als Binnenraum, als ummauertes Gehege, aus dem nur die aristokratischen Frauen entkamen, die qua Geburt eine relative eigene Macht besaßen.
Die griechische Lyrikerin Sappho (4. J.v.Chr.) musste nie selbst Hand anlegen, um sich zu versorgen. Sie schrieb ihre Gedichte beim Herumgehen im Garten: "… immer noch rinnt das Wasser/ von Zweigen beschattet/zum Garten hinab und tränkt mir die Rosen der Laube". Auch Cleopatra (ca. 69 v.Chr.) hatte Sklaven und einen Hofstaat – mit Männern wie Frauen, für die nahezu gleiche Arbeitsbedingungen galten. Sie musste sich eher Gedanken über Feldzüge machen als über die Verfügbarkeit frischer Blumen und Duftöle, wenn sie Caesar oder Marc Anton zu verführen gedachte – mit ellenhoch im Palast ausgestreuten Rosenblüten, sodass "die Winde liebeskrank wurden".
Ein besonderer Kraftakt war es in der Antike für einzelne Frauen niedrigerer Stände neben der erschöpfenden Alltagsfron noch Lücken für aushäusige Berufe zu finden: In Griechenland arbeiteten Frauen als Krankenschwestern, Kräuterweiblein, Kranzmacherinnen, Musikerinnen. Im römischen Reich künden sehr frühe Hinweise von Ärztinnen, Bibliothekarinnen, Hebammen, Schneiderinnen, Wäscherinnen. In Ägypten bauten Frauen an den Pyramiden mit, in Indien an den Tempeln; sie trugen Lasten, stemmten, karrten, gruben Kanäle. Gleichzeitig verloren die Frauen nie die Versorgung aus dem Blick, nicht den Umgang mit Pflanzen, ihrer Anzucht und Ernte sowie der Heilkraft der Natur. Verbannt hinter Zäune, waren sie auf diese Weise ausgesperrt aus dem öffentlichen Leben und doch eingefügt in ein Leben, in dem sich ihr Blick für Zusammenhänge schärfte. Wer "hinauszieht", über den Zaun hinweg in die Wildnis der freien Natur, in die Welt, beginnt sich in alle Richtungen zu wappnen. Angriff liegt da näher als Verteidigung. Wer sich aber einrichten muss im begrenzten Raum, richtet den Blick aufs Detail, ordnet, betreut, fördert, vereint bis zur Symbiose. Drinnen ist das Komplizierte aufzudecken, das Innewohnende, die Ordnung der Natur, die sich erst aus genauer Beobachtung erschließt.
Aber "drinnen" hieß für die Frauen immer auch Beschränkung, enger Blickwinkel, Selbstgenügsamkeit, die sich erschöpft in der Sehnsucht "nach dem anderen", nach der Welt hinter der Hecke.
Das hat Frauen geprägt. Denn wie lückenhaft die Nachrichten aus der weiblichen Gartenhistorie noch sein mögen, festzustellen ist: Von Anbeginn der Menschheit an waren Gärten Sache der Frauen. Weltweit ist historisch belegt, dass sie es waren, die sich um Pflanzen und Früchte kümmerten.
In der Frühzeit der Menschheit – zu Zeiten der Großen Mutter und der Göttinnen – wurde die ganze Lebensumwelt als Garten verstanden. Ausgestattet mit der magischen Macht des Gebärens, glichen Frauen der Erde, die aus eigener Kraft Früchte und neues Leben hervorbringen konnte. Dieser heilige weibliche Status währte mindestens 25.000 Jahre, bis Männer begriffen, welchen Anteil sie an Schwangerschaften hatten; manche Historikerinnen halten sogar einen Zeitraum von 40.000–50.000 Jahren für möglich, in dem Frauen als Anführerinnen, Ratgeberinnen, Zauberinnen, Geschichtenerzählerinnen und Gesetzgeberinnen auftraten – und als Gärtnerinnen. Sie bestimmten, welche Pflanzen essbar oder für Medizin verwertbar waren, sie erfanden den Umgang mit Saatgut und legten dafür kleine Gartenflächen an. Früheste Nachweise von Getreideanbau gab es in Ägypten, wo vor 18.000 Jahren Gerste und Weizen in Ufergärten wuchs.
Vor etwa 8.000 Jahren stieg die Zahl der Menschen sprunghaft an – Folge war, dass nun Ackerkultur die Gartenkultur der Frauen ersetzte. Sie bauten an, laborierten mit Duft- und Heilkräutern, erfanden die Grundzüge der Landwirtschaft, schufteten für die Herrschenden auf den Feldern, banden Garben auf, droschen, spannen Garn, putzten die Parks des Adels und zogen in ihren Hausgärtlein nicht nur Kohl und Rüben, von denen sie sich hauptsächlich ernährten, sondern auch Blumen zur Zierde. Die Frauen wussten, mit welchen Kräutern man Speisen schmackhaft macht, aus welchen Pflanzen Medizin zu machen ist oder wie man Eisenhut zu giftigem Pulver mahlt, um damit Wölfe und Ratten zu bekämpfen.
Auch im Mittelalter obliegt es den Frauen, die Gärten zu hegen, die sich reiche Kaufleute in den Innenhöfen ihrer Häuser errichten lassen. Berühmt wurden einige Äbtissinnen und Nonnen, die in ihren Klostergärten wahre Wundermittel aus Heilkräutern schufen; allen voran Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert mit ihren Büchern über die Heilkraft der Pflanzen die heutige esoterische Naturheilkunde begründete und in ihrem Klostergarten politische Briefe verfasste, mit denen sie die herrschenden Zeitgenossen zu ethischem Verhalten mahnte.
In der Renaissance sind es in der öffentlichen Darstellung die Päpste und Familien wie die Medicis, Sforza und d’Este in Italien, die als Gartenerbauer genannt werden. In den überschaubaren neueren Zeiten manifestierten sich Namen wie André Le Nôtre (Planer der Barockgärten in Versailles), Friedrich der Große (Park Sanssouci), Herzog Franz von Dessau (Wörlitzer Gartenreich), Fürst Pückler (Muskau und Branitz) oder Thomas Jefferson (Monticello, Virginia/USA). Diese Herren waren die Auftraggeber – aber wer hat die Gärten entworfen und bearbeitet?
Frauen werden, wenn überhaupt, als Beschenkte erwähnt, deren Liebhaber ihnen Gärten als Morgengabe kredenzten. So erlangte Diane de Poitier im 16. Jahrhundert gewissen Ruhm, als sie als Mätresse Heinrichs II. zum Zeichen ihres Ranges Schloss Chenonceau geschenkt bekam und es alsbald mit einem machtbewussten symmetrischen Garten ausstattete. Als der König starb, bestand seine Witwe Katharina de Medici auf der Herausgabe des Wasser-Schlosses an der Loire – und pumpte ihrerseits den Garten zu noch größerer höfischer Prachtentfaltung auf, veranstaltete Feuerwerke, lud Dichter, Maler, Architekten und Musiker ein. Der Garten als Machtdemonstration.
Generell jedoch wurden Frauen, selbst wenn sie mit eigener Macht ausgestattet waren, als Schöpferinnen ihrer Gärten nur beiläufig genannt – wie Österreichs Kaiserin Maria Theresia, die den gewaltigen Schönbrunner Schlosspark kreierte, oder die niedersächsische Kurfürstin Sophie von Hannover, die in Herrenhausen einen der eindrucksvollsten Barockgärten schuf. Sie setzte den Lehrsatz von Gottfried Wilhelm Leibnitz, "Die Geometrie ist die Metaphysik der Natur", in Buchsbroderien, Buchenhecken und Alleen um.
Spätestens seit dem 18. Jahrhundert gilt die Beschäftigung mit Pflanzen, ihre Hege und Pflege als förderlich für die moralische Erziehung von Frauen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts sind es jedoch fast ausschließlich Aristokratinnen, die Spuren in der Gartengeschichte hinterließen, wenn sie den notwendigen Landbesitz und die finanziellen Ressourcen besaßen. Aber auch ihr Beitrag zur Gartenkultur wird gering geschätzt, oft sogar gänzlich ignoriert. Gartenhistoriker rühmten stattdessen die Hofgärtner und Architekten, die den Anweisungen der Herrscherin folgten.
Die Gärten der Renaissance waren weitläufige, symbolhafte Anlagen gewesen, vorwiegend als Raum für die Denker unter den Männern, um darin herumzuwandern und zu philosophieren. Gärten wie Theaterbühnen, tiefgründig inszeniert mit Abfolgen von symmetrischen Wegen, Irrgärten und steinernen Ungeheuern als Zeichen der Spannung zwischen göttlicher Ordnung und unberechenbarer Natur. Die Gärten Frankreichs spiegelten später mit ihren streng formalen Spazierwegen die absolutistische Macht der Könige wieder und symbolisierten die Herrschaft des Menschen über die Natur mit ihren schnurgeraden Sichtachsen, kunstvoll beschnittenem Blattwerk und raffinierten Wasserspiegelungen. Wer von den Höflingen wann auf welchen Wegen lustwandeln durfte, war streng reglementiert.
In der Zeit des Barock wurden Garten-Folies und Séparées hinter Hecken für galante Spiele modern, die auch Madame Pompadour in reicher Zahl in all ihre Gärten setzen ließ. Aber für Frauen, selbst für privilegierte Adelsfrauen, blieben eigene Gartenplanungen schon aus finanziellen Gründen unerreichbar. Hinzu kam, dass es fast immer vom Wohlwollen der Gatten abhing, wie viel Freiraum Hobby-Gärtnerinnen gestattet wurde. Sie hatten nur dann freiere Hand, wenn die Männer unterwegs waren: im Krieg, in diplomatischer Mission, bei Mätressen.
Das wusste insbesondere Joséphine, die Ex-Gemahlin von Napoléon, zu schätzen, als sie sich nach der erzwungenen Scheidung ganz nach Malmaison zurückzog. In ihren Ehejahren hatte sie wenig naturkundliches Interesse gezeigt, wurde aber nach der Scheidung zur begeisterten Botanikerin. Die auf Martinique Geborene ließ Raritäten wie Dahlien aus Mexiko, Chinarosen, Päonien, Magnolien aus China nach Malmaison bringen und stiftete ihre Mutter an, ihr aus ihrer karibischen Heimat alle nur greifbaren Blumensamen mitzubringen. Sie errichtete Baumschulen, siedelte Gazellen und schwarze Schwäne im Park an – und ließ ihre Rosensammlung von dem berühmten Blumenmaler Pierre-Joseph Rédoute porträtieren. Josephine war es, die auch ein erstes Frauennetzwerk unter Gartenpraktikerinnen aufbaute. Ihr Gartenenthusiasmus galt als Demonstration der Unabhängigkeit.
Nach der Französischen Revolution, mit der Deklaration der Bürger- und Menschenrechte, wurden Gärten zum Symbol allgemeinen Freiheitsbegehrens: Die Zäune fielen, Parks und Schlossgärten öffneten sich fürs Volk, geometrisch zurechtgestutzte Gartenräume wurden als vergewaltigte Natur verdammt und durch weitläufige Landschaftsparks ersetzt. In der Goethe-Zeit drückte sich der neue Geist am sichtbarsten in den "empfindsamen Gärten" aus, in denen Männer und Frauen nun ungezwungene intellektuelle Begegnungsstätten fanden.
Fürs Volk wandelte sich das Leben abrupt, als aus der argrarischen die industrielle Wirtschaft wurde. Plötzlich wurde die Stadt wichtiger als das Land. Frauen wurden in die Fabrikarbeit katapultiert, als hätte sich ihre tagfüllende Tätigkeit in Familie, Haus und Garten in Luft aufgelöst.
Dennoch brachte der Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert vielen Frauen auch neue Freiheiten. Vor allem für bürgerliche Frauen konnte der Garten, der so lange als Inbegriff des Frauenraumes gegolten hatte, nun zur Bühne werden, auf der sie eigene Vorstellungen realisierten. Vor allem die englischen Gartenladys taten sich als Expertinnen hervor, im Ohr Jean-Jacques Rousseaus Ruf "Zurück zur Natur", vor Augen die Beispiele verwegener Frauen, die als Forscherinnen und Pflanzenmalerinnen auf Weltreise gingen oder zu studieren begannen; zunächst vorwiegend als Botanikerinnen.
Es war die Zeit der Ersten Frauenbewegung. Immer mehr Frauen meldeten sich als Schriftstellerinnen und Forscherinnen zu Wort – endlich wurden ihre Gedanken weitergetragen wie der Wind die Blumensaat trägt. Es fiel auf fruchtbaren Boden, wenn Elizabeth von Arnim (1866–1941) niederschrieb: "Warum dürfen Frauen nicht wie die Männer die üppige, feuchte Erde umgraben, rechen, jäten, gießen, pflanzen, das Gras mähen, die Bäume schneiden – alles, was sie tun, vom Aufdecken der Rosen im Frühjahr bis zu den Laubfeuern im November erfüllt meine Seele mit Sehnsucht, hinzugehen und es ihnen gleichzutun."
Bahnbrechend wurden schließlich die Gartenideen von Getrude Jekyll (1843–1932), die ihren Beruf als Malerin aufgeben musste, als ihr Augenlicht schwand und 1881 ihren ersten Gartenartikel schrieb. Sie revolutionierte mit ihren Vorschlägen der farblich abgestimmten Pflanzungen die englische Gartenbaukunst. Fast zeitgleich trat Vita Sackville-West in Erscheinung, deren Garten in Sissinghurst heute noch berühmter ist als Jekylls Garten in Munstead.
Auch unter den heutigen Gartenkönnerinnen sind Frauen auffallend häufig vertreten. In England Rosemary Verey, Beth Chatto, Penelope Hobhouse, Sandra Pope oder Carol Klein. In den Niederlanden Ineke Greve, in Frankreich wird der graugrüne Lavendel- und Rosmaringarten der Modedesignerin Nicole de Vésian für die Nachwelt erhalten. In Deutschland stieg Gabriella Pape zur Leiterin der Königlich-Preußischen Gärten Potsdams auf. Marianne Förster trug den unter Denkmalschutz stehenden Garten ihres Vaters, Karl Förster, zu neuen Ehren. Anja Maubach führt die berühmte Staudengärtnerei ihres Großvaters weiter. Ebenso Aglaja von Rumohr, die den Garten ihrer Mutter, Gräfin von Stein-Zeppelin, mit den weltbekannten Iris- und Päonienzüchtungen im Markgräflerland mit neuen Ideen weiterführt. Nicht zu reden von jenen namenlosen Enthusiastinnen, die im Garten jenes "Zimmer für sich allein" suchen und finden.
"Ein Garten ist nicht einfach ein dekorativer Ort. Er stellt ein riesiges Beziehungsgeflecht dar", sagt Barbara Frischmuth, die mit ihren Büchern über Gartenerfahrungen bereits mehr Leserinnen erreicht als mit ihren preisgekrönten Romanen und Theaterstücken. Sie sagt: "Der Garten bezaubert mich, und ich frage mich oft, warum. Aber paradiesisch ist hier nichts. Im Garten geht es um Mord und Totschlag. Es gibt Pflanzen, die andere erwürgen, überwuchern, vergiften. Und wo immer ich eingreife, bin ich Teil des Geschehens."
Bis ins 20. Jahrhundert hinein übernahmen die Frauen neben Haushalt, Garten, Feldarbeit und Tierpflege außerdem Zusatzarbeiten, um die Steuern zahlen zu können, die für ihre Landparzellen fällig waren. Sie verdingten sich als Tagelöhnerinnen, verdienten Geld hinzu durch den Verkauf von Eiern, Käse, Butter, webten Stoffe, strickten, stickten – und trugen ihre Blumen und Früchte zum Markt. Aus dem eigenen Garten.
Dass die historische Leistung von Frauen im Garten nur in wenigen Geschichtsbüchern auch nur erwähnt wird, mag daran liegen, dass die um Haus, Kind und Garten kreisenden Tätigkeiten der Frauen stets so selbstverständlich waren, dass sie nicht weiter erwähnenswert schienen. Doch lag es auch im Interesse von Männern, Frauenleistung als nachrangig zu deklarieren und die Bedeutung eigener Taten herauszustellen. Fakt ist: Bis in die letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts lebten 90 Prozent aller Frauen in Europa auf dem Land, waren Bäuerinnen oder Tagelöhnerinnen, sorgten für die Nahrung in direkter Abhängigkeit von der Erde und den Produkten, die sie hervorbrachte. Das heißt, sie waren Supergärtnerinnen – zuständig für die Feldarbeit wie fürs Haus.
In der Dritten Welt leben Millionen Frauen heute noch so. Sie sammeln das Brennholz, schleppen Wasser, sorgen fürs Vieh, misten aus, wischen, putzen, kochen, ziehen die Kinder, lehren sie, essbare und giftige Geschenke der Natur unterscheiden zu können und haben manchmal – selten, doch ersehnt – einen kleinen eigenen Garten hinterm Haus.