Das Geheimnis der Citadel von South Carolina

Shannon Faulkner schmeißt hin - Jubel bei den Kadetten der Citadel.
Artikel teilen

Zackig marschieren die neuen Kadetten heran, immer den Rinnstein entlang, der den Paradeplatz begrenzt. Dabei sind die "knobs" (Türknauf - so werden die Erstsemester wegen ihrer kahlrasierten Köpfe genannt) bei jedem Schritt darauf bedacht, keinen Fuß auf den Rasen zu setzen, der fast so kurzgeschoren ist wie die Köpfe der Kadetten. "Rasen betreten verboten" ist eines der zahlreichen Gebote und Verbote, die das Leben in der Citadel, einer öffentlichen Militär-Akademie in Charleston, South Carolina, reglementieren. Das wichtigste Gebot der Citadel lautet: "Kein Zutritt für Frauen!"

Anzeige

Mit ihren mittelalterlichen Zinnen und schachbrettgemusterten Innenhöfen wirkt die Zitadelle wie ein Bilderbuchschloss. Ich stehe auf den Stufen am Eingang des Hörsaals und sehe den "knobs" entgegen, die mit eckigen Bewegungen zum ersten Unterrichtstag anrücken.

Steif ziehen die Jungs an mir vorüber, ihre Gesichter überhitzt und verletzlich, jeder schlägt im Vorbeigehen die Augen vor mir nieder. Ich folge einer der Marschkolonnen in einen Hörsaal. Natürlich sind es keine Jungen mehr, sondern Männer, Studenten an einer militärischen Elite-Akademie, deren legendärer Ruf durch zwei Bestseller-Romane verewigt wurde. Die Verfasser, Calder Willingham und Pat Conroy, sind beide "Ehemalige" der Citadel.

Wie komme ich also darauf, die Kadetten könnten noch im Stimmbruch sein, bevor sie überhaupt den Mund aufmachen? Zum einen ist es der Unterrichtsablauf, mit strenger Anwesenheitskontrolle - unentschuldigtes Fehlen wird mit "tours" bestraft (stundenlanges Auf- und Abmarschieren im Hof mit geschultertem Gewehr) oder mit "cons" (sprich Stubenarrest). Aber eigentlich sind es die jungen Männer selbst, die mit ihren Bubi-Gesichtern und zappelnden Gliedmaßen in mir den Drang wecken, Babysitterin zu spielen.
Zwar haben sie die Aufnahmeprüfung an die "big bad macho school" (so ein Ex-Kommandeur) geschafft, doch haben sie noch nicht das Gockelgehabe eines richtigen Citadel-Mannes. Nervös hocken sie auf ihren Stühlen, die Hände pflichtbewusst vor sich auf dem Pult gefaltet, so als erwarteten sie jeden Augenblick einen Stockschlag auf die Knöchel.

Einige wenige blicken verstohlen zur Besucherin herüber. Aber sobald ich zurücksehe, wenden sie den Blick ab und erröten.

"Westliche Zivilisation" heißt das Unterrichtsfach. "Viele von Ihnen wissen sicher, dass heute beinahe der erste Tag gewesen wäre, an dem eine Frau zusammen mit Ihnen ihre Ausbildung als Kadettin aufnimmt", beginnt der Dozent. Die Kadetten sehen angestrengt auf ihre blankpolierten Schuhe. "Was halten Sie davon? Sollten Frauen aufgenommen werden?"

Schweigen. Sehen sich die Kadetten in einer Zwickmühle gefangen? Das Problem ist: der Dozent ist offenbar nicht nur für die Zulassung von Frauen - der Dozent ist selbst eine Frau. Als ich den Campus betrat, hatte ich erwartet, eine reine Männerwelt zu betreten. Doch in dieser Institution, deren höchstes Ziel es ist, aus Rekruten "richtige Männer" zu machen, entdecke ich auffallend viele Frauen. Weibliche Dozenten (jeder sechste Professor ist eine Frau) trichtern Wissen in die Kadettenköpfe, weibliche Verwaltungsangestellte führen ihre Akten, und ausschließlich schwarze Frauen sorgen in der Mensa für ihr leibliches Wohl.

Sogar Studentinnen gibt es: Drei von vier Studenten der Citadel-Abendschule sind weiblich, und an den Sommerkursen nehmen ebenfalls viele Studentinnen teil. "Also los", ermuntert Professor Jane Bishop ihre Kadetten: "Im Hörsaal gilt das Recht auf freie Rede."
Schließlich meldet sich ein Kadett. "Ich hätte keine Probleme damit, wenn sie als Externe am Unterricht teilnimmt. Aber auf keinen Fall darf sie ins Kadettenkorps."

"Sie", das wissen alle, ist Shannon Faulkner, die Frau, die die 150jährige Tradition dieses Männerbunds herausgefordert hat, indem sie auf dem Anmeldeformular ihr Geschlecht verschwieg. Faulkner wurde zum Kadettenkorps zugelassen - bis die Verwaltung den Irrtum bemerkte und einen Rückzieher machte. Faulkner ging vor Gericht und wurde im Frühjahr 1994 per einstweiliger Verfügung als Externe zum Unterricht zugelassen.

Damit war sie die erste Frau, die regulär an der Citadel studierte. Am 22. Juni 1994 entschied ein Gericht, dass die Militärakademie Faulkner auch in das Kadettenkorps aufnehmen muss; drei Wochen später gelang es den Anwälten der "Citadel", Faulkners Aufnahme per einstweiliger Verfügung vorläufig zu stoppen.

"Warum soll sie denn vom Korps ausgeschlossen bleiben?", hakt Professor Bishop nach. Ein Student verweist auf den Fitness-Test am Ende des ersten Studienabschnitts, den keine Frau schaffen könne: 45 Liegestützen und 55 Hüftbeugen in je zwei Minuten, anschließend ein Lauf von zwei Meilen in 16 Minuten. Doch diesen Fitness-Test hat die Verwaltung erst nach Faulkners Klage eingeführt. Vor Gericht sagt später ein Kadett aus, er kenne Kommilitonen, die den obligatorischen Dauerlauf morgens geschwänzt und stattdessen "herumgesessen und Kaffee getrunken" hätten. Trotzdem seien sie versetzt worden.

Ein anderer Student nennt die Kopfrasur als Hinderungsgrund, Frauen ins Korps aufzunehmen. Doch schwindet auch dieses Argument bei näherer Betrachtung. Warum sollte eine Frau keine Glatze tragen? Die Sängerin Sinead O'Connor habe es schließlich auch getan, ohne ihrer Karriere zu schaden, gibt Jane Bishop zu bedenken. Und im zweiten Studienjahr dürfen die Kadetten ihre Haare ohnehin wieder wachsen lassen.

Weitere schwerwiegende Bürden im Leben eines "knob" werden aufgezählt: Die Pflicht, "Haltung" anzunehmen, sooft dies von einem "upper classman", einem älteren Kommilitonen, verlangt wird: Der "knob" muss dabei kerzengerade stehen und sein Kinn an die Brust pressen, bis es zittert wie die Kehllappen eines Gockels. Die Pflicht, jeden Befehl und jeden Verweis eines "upper classman" mit "Sir, yes sir!" oder "Sir, no sir!" zu beantworten. Doch sind Frauen, wie wir wissen, der Unterordnung durchaus fähig; man könnte sogar sagen, dass sie darin eine in Jahrhunderten erworbene Meisterschaft vorweisen können.

Schließlich rücken die Studenten mit dem Hauptproblem heraus: Die Aufnahme einer einzigen Frau würde das Duschritual gefährden. Die Kadetten gehen als Gruppe zum Duschen - nackt und für jederman auch von draußen gut einsehbar - Vorhänge oder Jalousien gibt es nicht. "Wenn wir splitternackt durch die Flure rennen und dann alle zusammen in der Dusche sind, schweißt das zusammen. Jeder weiß: Das sind meine Kumpels, für ein ganzes Leben." Vor Verlegenheit versagt dem Kadett die Stimme. "Wenn sie uns das wegnehmen, ist es aus. Dann geht alles vor die Hunde."

Am Ende der Unterrichtsstunde marschieren die Kadetten aus dem Hörsaal und stellen sich wieder am Rinnstein auf, offenbar ihr Platz in dem berüchtigten "Vierklassen-System" der Citadel. Das "System" zielt auf die systematische Zerstörung der Persönlichkeit jedes Rekruten durch kleine und größere Demütigungen, um ihn anschließend als "ganzen Mann" neu zu erschaffen. Ein "knob" erklärte mir das später so: "Wir leiden alle zusammen. Auf diese Weise verbünden wir uns fürs Leben." Ein anderer "knob" pflichtete ihm bei: "Das ist vielleicht ein verrückter Vergleich, aber es ist wie in einem Kriegsgefangenenlager."

Ein Kadett sieht sich unruhig um und kommt noch mal zurück. Er spricht so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann, und was er mir sagt, hat mit Körperpflege oder Traditionspflege wenig zu tun: "Die allermeisten Typen hier sind absolute Frauenhasser", flüstert er. "Von Frauen reden sie nicht. Sie sprechen immer nur von Säuen und Schlampen." Als ich mehr wissen will, windet er sich: "Ich darf nichts sagen", wispert er. Aber schließlich kann ich ihn überreden, mich in einer halben Stunde an einem weniger auffälligen Ort zu treffen.

Er stelzt hinter seinen Kameraden her, mit jenem eigenartigen Gang, an dem man einen "knob" schon von weitem erkennt. Dieser "Kasperleschritt" (so ein Professor) entsteht dadurch, dass die Kadetten beim Gehen darauf achten müssen, dass ihr voluminöses Uniformhemd keinen Millimeter aus dem Hosenbund rutscht. Viele von ihnen halten das Hemd stramm, indem sie es mit Strumpfhaltergurten an ihren Socken festklammern.

Ich beschließe, mich draußen auf dem Paradeplatz umzusehen, auf dem das Kadettenkorps jeden Freitag Nachmittag "Marschieren wie ein Mann" übt, wie es in einer Broschüre heißt. Auf dem Gelände stehen ausrangierte Kriegsgeräte zur Dekoration herum: ein Sherman-Panzer, die Raketenladerampe eines U-Boots, ein Phantom-Düsenjäger namens Annette, und zwei Kanonen, genannt Betsy und Lizzie.

Diese beiden Damen sind noch funktionstüchtig - aus ihren Rohren donnert es bei den Paraden, aber stets so, dass kein Schießpulver die zierlichen Zinnen verunstaltet. Auf mich wirkt das ganze in diesem Moment wie ein postmoderner Vergnügungspark für Jugendliche, die ein bisschen Krieg spielen wollen.

Ich gehe zum verabredeten Treffpunkt, aber mein Kadett ist nicht zu sehen. Also treibe ich mich noch ein bisschen in den Fluren der Akademie herum, die mit Porträts ruhmreicher Generäle behangen sind. An einem studentischen Pinnbrett prangt Werbung für einen Autoaufkleber: "Rettet die Männer!" Schließlich gebe ich das Warten auf. Zurück im Hotel überreicht mir die Frau am Empfang eine Nachricht von meinem verschwundenen Kadetten: "Bitte fragen Sie nie wieder nach mir."

Was bringt einen jungen Mann im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts dazu, sich hinter den Mauern eines Männer-Reservats zu verschanzen und Schutz hinter ein paar rostenden Kanonen zu suchen?

"Die Kräfte, die sich gegen uns verbündet haben", donnerte Anwalt Robert Patterson 1994 vor Gericht, "behandeln unsere Militärakademie wie ein gefährliches Großwild, das aufgespürt, gejagt, getötet und gehäutet werden muss, damit irgendeine Anwältin oder Frauenorganisation sich unser Fell als Trophäe über ihren Schreibtisch hängen kann!"

Bei dieser Verhandlung verteidigte Patterson nicht die "Citadel", sondern das Virginia Military Institute (VMI), die einzige andere öffentliche US-Militärakademie, die Frauen aussperrt, und die deshalb ebenfalls von einer Frau verklagt wurde. (Die Klage läuft noch und liegt inzwischen dem Obersten Gerichtshof vor.) Kurz darauf wurde Anwalt Patterson, selbst Ehemaliger des VMI, zur Verteidigung der Citadel angeheuert.

Die Citadel läßt sich den Kampf gegen die "Großwildjägerinnen" ein erkleckliches Sümmchen kosten: Eine Million Dollar hat sie für Anwaltskosten zur Verfügung gestellt. "Die Citadel kämpft bis zum bitteren Ende",  schwor Citadels Präsident Claudius Elmer Watts III. (Spitzname Bud), Luftwaffengeneral im Ruhestand und selbst "Ehemaliger", auf einer Pressekonferenz 1994 auf dem Paradeplatz: seine Füße zwischen Betsy und Lizzie gestemmt, die Uniform mit Orden behangen, das Kinn an die Brust gepresst, um dem Feind zu trotzen.

Shannon Faulkner wird nicht nur von der Verwaltung und von unbelehrbaren Ehemaligen bekämpft, sondern - zumindest öffentlich - auch von fast allen Kadetten. Einer von ihnen brachte die Argumente aller vor Gericht auf den Punkt: Eine Kadettin wäre wie ein tödlicher Virus, der binnen kurzem das innerste Wesen der Akademie zerstören würde. Passenderweise hatte die Verwaltung bereits vor Beginn des Verfahrens beschlossen, falls Faulkner je käme, müsse sie im Lazarett untergebracht werden.
Endlos sind die Argumente, die die Kadetten vor Gericht anführen. Das meistgenannte lautet: "Sie würde eine lange und stolze Tradition zerstören." "Die Citadel ist ein lebendiges Museum, die das Leben von früher bewahrt," erklärt mir ein Anwalt, selbst Citadel-Absolvent, in einer Verhandlungspause. Was ist das für ein Leben?

Im Herbst 1991 beschloss Jungkadett Michael Lake, die Citadel zu verlassen. Seine "Begegnungen" mit "upper classmen" waren für ihn äußerst schmerzhaft verlaufen: Einmal wurde er mit dem Gewehrkolben niedergeschlagen, ein andermal im Dunkeln von einer ganzen Gruppe überfallen. Es ging ihm nicht allein so. Vor allem Spitzensportler unter den "knobs" waren Opfer häufiger Übergriffe.

Einige von ihnen waren so entnervt, dass sie sich einem Reporter von "Sports Illustrated" anvertrauten. Der veröffentlichte ihre Berichte. So wurde ein Mitglied der Radsportgruppe gezwungen, an den Fingerspitzen über einem Bajonett zu hängen, das knapp unter seinen Hoden aufgestellt war. Ein Footballer wurde mit dem Kopf so oft in einen Wasserbottich gedrückt, bis er bewusstlos war. Ein anderer musste Kautabak schlucken, bis er nicht mehr sprechen konnte.

Nicht nur die Sport-Asse galten als Zielscheibe. Auch schwarze Kadetten wurden "vorgeknöpft": einer fand ein Seil mit einer Schlinge über seinem Bett; ein anderer wurde angeschossen und verwundet. Eine öffentliche Kommission untersuchte die rassistischen Vorfälle, doch der Schütze wurde angeblich nie gefunden.

Im Herbst 1993 überfiel der "upper classman" Adrian Baer einen schlafenden "knob", kniete sich auf die Genitalien des Liegenden, riss ihm Brusthaare aus und verprügelte ihn. Baer richtete sein Opfer so übel zu, dass der Überfall nicht vertuscht werden konnte. Er wurde festgenommen und angeklagt. Um einer Verurteilung zu entgehen, verpflichtete er sich zu einer Therapie plus ein paar Stunden gemeinnütziger Arbeit und verließ die Citadel.

Diese nächtlichen Folterungen schrecken wahrscheinlich genau so viele Kadetten ab wie sie andere begeistern. Doch der allgegenwärtige Gruppenzwang sorgt dafür, dass jeder Versuch eines Kadetten, sich zu beschweren, durch Ächtung und Lächerlichmachen im Keim erstickt wird. Dennoch sickerten Ende der 80er Jahre so viele Horrormeldungen aus der Citadel an die Öffentlichkeit, dass die Akademie gezwungen war, eine Untersuchungskommission einzusetzen.

Sogar diese durch und durch parteiliche Kommission kam in ihrem Abschlußbericht 1992 zum Schluss, dass die Praktiken physischer Misshandlung "bis hin zum Essens- und Schlafentzug" überhand genommen hatten. Daraufhin wurde den "upper classmen" verboten, willkürlich Liegestütze gegen jeden missliebigen "knob" zu verhängen.

Außerdem wurden die "knobs" von der Pflicht entbunden, den "upper classmen" abends nach den Hausaufgaben noch die Post bringen zu müssen - eine willkommene Gelegenheit für nächtliche Schikane. Gleichzeitig betonte der Bericht ausdrücklich, dass die Kommission "das Konzept des Vierklassensystems mit ganzem Herzen unterstützt". Das System sei  "unabdingbar zur Erlangung der Ziele der Akademie und der Herausbildung des Citadel-Mannes".

Ich sprach mit Michael Lake, dem abtrünnigen "knob", über seine Erfahrungen. "Sie nannten einen die ganze Zeit ‚pussy'", erinnerte er sich. "Oder ‚fucking little girl'." Das sei schon am ersten Tag losgegangen, bei der öffentlichen Kahlrasur. "Oh, schneiden sie dir deine feinen Löckchen ab?" höhnten sie. Zeigte ein Kadett Angst, riefen sie: "Du machst ein Gesicht wie bei einer Abtreibung" oder: "Menstruierst du gerade?"

"Nach dem Citadel-Glaubensbekenntnis sind Frauen Objekte, mit denen man machen kann, was man will", weiß Michael Lake. Und deshalb muss der Campus frei von Frauen sein, die allein schon durch ihren Status diese Sichtweise in Frage stellen könnten. Doch wie übt man Frauenhass, wenn die Frauen fehlen?

Man sucht sich männliche Opfer, die "knobs", und zwingt ihnen durch permanente Entwürdigung die weibliche Rolle auf. Wenn die "upper classmen" betrunken nach Hause kommen, hofft jeder "knob" inständig, dass sie an seinem Zimmer vorbeigehen, ohne reinzukommen, berichtete Michael Lake. Ein anderer Ehemaliger, der wie Lake seine Kadettenausbildung abgebrochen hatte, erzählte mir, warum er ging: Die "ständige Misshandlung" habe ihn schließlich fast dazu gebracht, vom vierten Stock aus dem Fenster zu springen. Die "knobs" sind durchaus Opfer einer Art häuslicher Gewalt.

Eines nachts im vergangenen Herbst schreckte das Telefon um halb zwei Sandy und Ed Faulkner aus dem Bett ihres Einfamilienhauses in Powdersville, einem Provinznest in South Carolina. Der Anrufer war ein Nachbar. Er riet dem Ehepaar, draußen nach dem Rechten zu sehen - ein PKW sei mehrfach um den Block gefahren. Sandy und Ed, die Eltern von Shannon Faulkner, gingen raus in den Vorgarten und sahen sich um.

Sie konnten nichts Ungewöhnliches entdecken. Doch als sie zurück ins Haus wollten, sahen sie die blutrote Schrift quer über die weiße Hauswand gesprüht: "Schlampe", "Hure", "Lesbe" stand da in riesigen Lettern. Ed holte einen Eimer weiße Farbe und beeilte sich, diese Botschaft zu übermalen, bevor seine Tochter sie morgens entdeckte.

Einige Tage, nachdem ein Richter der Citadel befahl, Faulkner ins Kadettenkorps aufzunehmen, entdeckten die Autofahrer im Berufsverkehr ein riesiges Schild am Straßenrand mit der Aufschrift: "Shannon stirb". Wenigstens stand diese Drohung nicht direkt vor Faulkners Haus.

Denn die Übergriffe nahmen im vergangen Jahr zu: Jemand kroch unter ihr Haus und schraubte das Überdruckventil des Heißwassersystems ab. Sandy's Auto wurde aufgebrochen. Jemand fuhr mit dem Auto durch die Blumenbeete im Vorgarten. Auf dem Anrufbeantworter fand sich immer wieder derselbe Rapgesang, in dem jemand sich über eine "Schlampe" mit einem "Riesenhintern" mokierte.

Als nachts Drohanrufe kamen, holte Sandy die Polizei. Doch in Anderson County, wo viele Familienväter Citadel-Absolventen sind, war der Polizist, der schließlich angefahren kam, keine große Hilfe. "Was erwarten Sie denn, wenn sie sich mit der Citadel anlegen?" sagte er achselzuckend zu Sandy.

In jeder Gerichtsverhandlung gibt es Momente der Klarheit, wenn die Debatte um Formfragen einen Augenblick verstummt und der Kern des Streits unverhüllt zutage tritt. Ein solcher Moment war ganz am Ende des Faulkner-Citadel-Prozesses, als Professor Alexander Astin in den Zeugenstand trat. Astin, Direktor des pädagogischen Forschungsinstituts der University of California in Los Angeles, gilt als führender Forscher über studentisches Lernverhalten. Er hatte 19 Männercolleges untersucht, die sich zur Koedukation entschlossen hatten. Professor Astin erläuterte dem Gericht seine Ergebnisse: Er hatte keinerlei negative Auswirkungen der Koedukation auf männliche Studenten feststellen können.

"Können Sie mir beschreiben, was für eine Art von Frau sich ihrer Erfahrung nach an einer Militärakademie wie der Citadel anmelden würde?", fragte Citadel-Anwalt Prof. Robert Patterson mit unüberhörbarem Hohn in der Stimme. Astin: "Wahrscheinlich hätte sie kaum andere Motive als die Männer, die sich anmelden." - Patterson: "Diese Frau würde sich also von einem Mann nur wenig unterscheiden?" - Astin: "Ja."

Für Patterson war dies ein Augenblick des Triumphs, hatte er doch den Gutachter seiner Gegnerin gerade gezwungen, zuzugeben, dass eine Frau wie Shannon Faulkner eine männliche Abweichung von ihrem Geschlecht sein muss. Doch bestätigte Astins Aussage lediglich exakt die These, die die Klägerin von Anfang an vertreten hatte, und die von der Citadel so vehement bekämpft wurde: dass nämlich die Geschlechter so sehr verschieden schließlich doch nicht sind.

"Mich nannten sie schon in der Schule die Schlampe der Band", erzählt mir Shannon Faulkner sachlich, ganz ohne Empörung in der Stimme. Sie hatte als einziges Mädchen in der Schulband mitgespielt. In T-Shirt und Shorts lümmelt sie auf der Couch im Wohnzimmer ihrer Eltern, ein Bein über die Armlehne geschwungen. "Die waren nur neidisch, dass ich es geschafft hatte", sagt Faulkner selbstbewusst. "Ich lasse mich von niemandem herumschubsen, von keinem Mann und von keiner Frau."

Sie erinnert sich, dass sie als kleines Mädchen lieber mit den Jungs spielte als mit bestimmten Mädchen, die ihr zu zimperlich waren. Sie war im Basketballteam der Schule; sie schrieb für die Schülerzeitung, war Mitherausgeberin des Schul-Jahrbuchs, und brachte gute Zeugnisse nach Hause. Ihre Standfestigkeit und Streitbarkeit hat sie sicher ihrer Mutter und der Großmutter mütterlicherseits zu verdanken, die Shannon mit gutem Beispiel vorangingen.

In dieser Familie haben Frauen das Sagen, und die Männer akzeptieren das. Vater Ed besitzt einen kleinen Betrieb, der Zäune herstellt. Mutter Sandy ging mit 30 kurz nach Shannons Geburt aufs College zurück, um ihren Abschluss zu machen, und wurde Lehrerin an einer High School. Als ein Professor sich während ihres Studiums über "bestimmte ältere Frauen" in seinem Kurs beschwerte, die "zu viele Fragen stellen", zog Sandy eine ihrer Plateau-Sandalen aus und warf sie nach ihm.

"Ich sagte ihm: 'Ich bezahle für diesen Kurs, und deshalb bestimme ich, was ich frage'", erinnert sich Sandy. Großmutter Evelyn, heute 67, wurde mit sechs Vollwaise und arbeitete die meiste Zeit ihres Lebens in Textilfabriken, in denen "Frauen die Arbeit machten und Männer den Lohn bekamen", wie sie spöttisch anmerkt. Auf den Gerichtsprozess ihrer Enkelin angesprochen, meint sie: "Frauen müssen nach vorn. Los geht's, sage ich nur."

Shannon will einen College-Abschluss, um Lehrerin oder Journalistin zu werden - sie kann sich nicht entscheiden. Vorher will sie vielleicht noch ein paar Jahre zum Militär. Ein Studium an der Citadel würde beide Wege ermöglichen - auch nicht alle Kadetten werden anschließend Soldat. Auf jeden Fall will sie möglichst rasch finanziell auf eigenen Füßen stehen.

Während des gesamten Verfahrens sprachen Kadetten und Ehemalige immer wieder von einem "feministischen Komplott": Faulkner sei nur eine "Marionette" von NOW, der National Organization of Women; andere vermuteten ihre Mutter als Drahtzieherin. In Wahrheit eignet sich Shannon sehr schlecht als feministisches Cover-Girl.

Sie sieht sich als "Individualistin" und ist am Feminismus herzlich wenig interessiert. Nachdem der Richter entschieden hatte, Faulkner müsse ins Kadettenkorps aufgenommen werden, sagte sie der "New York Times", sie halte das Urteil nicht für einen "Sieg für die Frauen", sondern nur für eine Bestätigung, dass es sich lohnt zu kämpfen, wenn man etwas will: "Go for it!"

Shannon Faulkners Entschlossenheit, Kadettin in der Citadel zu werden, speiste sich weniger aus dem Drang, ihrem Geschlecht den Weg freizukämpfen, sondern aus Unglauben und Empörung, als sie durch Zufall erfuhr, dass sie von etwas ausgeschlossen sein sollte. Niemals in ihrem ganzen 19jährigen Leben habe sie bisher erlebt, dass jemand sie wegen ihres Geschlechts aus etwas ausschließen wolle - eine Bemerkung, die vielleicht nur eine 19jährige ihrer Generation machen kann, ohne sich zu blamieren.

Es war mitten in einem Pädagogikkurs kurz vor Weihnachten 1992, als Shannon Faulkner, Schülerin der Wren High School, eher zufällig auf die Idee kam, sich an der Citadel anzumelden. Mike Hazel, ihr Lehrer, verteilte Zeitungsartikel zur Diskussion. Faulkner griff spontan nach der "Sports Illustrated", weil sie "genau die Ausgabe verpasst" hatte, wie sie mir später erzählte. Der Lehrer hatte darin jenen Artikel über die Vorfälle an der Citadel ausgesucht, als Aufhänger für eine Diskussion über Gleichberechtigung.

So erfuhr Faulkner zum ersten Mal, dass eine öffentliche Akademie Frauen von der Ausbildung ausschloss. Während die anderen weiterdiskutierten, stand die Schülerin auf und verließ den Raum. Sie schlenderte zum Büro der Berufsberatung der Schule und kam nach kurzer Zeit mit einem Anmeldeformular der Citadel in der Hand zurück.

"Ich sagte: 'Hey, hier muss man ja nirgends ankreuzen, ob man männlich oder weiblich ist'", erinnert sie sich. Sie füllte das Blatt noch im Unterricht aus und schickte es am selben Tag ab: "Ich habe mir damals eigentlich gar keine Gedanken darüber gemacht."
Zwei Wochen, nachdem Faulkner die schriftliche Zulassung zur Citadel erhalten hatte (Shannon ist, wie viele englische Vornamen, ein Frauen- und Männername zugleich - Anm. d. Red.), wurde der College-Verwaltung zugetragen, dass Faulkner eine Frau sei, und die Akademie machte einen Rückzieher. Faulkner reichte Klage ein.

Während die Anwälte ihren Papierkrieg begannen und die Lokalpresse ihre Leserschaft über den Fortgang des sensationellen Falls unterrichtete, jobbte Faulkner abends in einer örtlichen Bar namens "Chief Wings and Firewater" - bis ihr die ständigen Hasstiraden der betrunkenen Kunden, die meisten von ihnen Citadel-Absolventen, zuviel wurden.

Einer ist ihr besonders im Gedächtnis geblieben. "'Bist du Shannon Faulkner?' fragte er mich. Dann regte er sich immer mehr auf, er flippte richtig aus. Er schob mir seine Faust ins Gesicht, mit dem dicken Ring am Finger. Dann schlug er auf den Tisch und schrie: 'Diesen Ring wirst du niemals tragen!"' Danach habe er ihr immer wieder in der Bar aufgelauert.

Im Januar 1994 erscheint Shannon Faulkner zu ihrem ersten Unterrichtstag in der Citadel. Die Kadetten stehen schon in Reih und Glied vor dem Hörsaal, umringt von Reportern, denen sie versichern: "Wir haben gelernt, Kavaliere zu sein, und daran werden wir uns halten." Doch gleich in der ersten Unterrichtsstunde, im Fach Biologie, weigern sich nacheinander drei Kadetten, sich neben "sie" zu setzen.

Dem Lehrer, Philippe Ross, gelingt es nur mittels Androhung drakonischer Strafen, das Schauspiel zu beenden. In der Pause wagt ein schwarzer Kadett, der neuen Kommilitonin vor laufenden Kameras die Hand zu geben. "Es ist Zeit, dass die Frauen kommen", sagt er ihr, und vergleicht den Ausschluss der Frauen mit der Diskriminierung der Schwarzen. In der nächsten Ausgabe des "Pimpernel", der College-Zeitung, unterstellt man ihm höhnisch, er wolle ja nur "die Kuh besteigen". In den kommenden Wochen wetteifern die Toilettendichter mit Klo-Sprüchen wie: "Lasst sie rein - dann fickt sie tot."

Auch die Verwaltung und die Professoren sind wenig angetan von Faulkners Ankunft. Zum Erstaunen des Dekans ("ein sehr untypisches Mädchen") erzielt Faulkner ihre beste Note, ein "Hervorragend", in Mathematik, das sie als Nebenfach studiert. Zum Semester-Ende lädt das Mathematische Institut traditionell alle Einser-Studenten zu einer Party.

Nun zerbrach sich Mathematik-Professor David Trautman, der für die Einladungen zuständig war, den Kopf darüber, wie man Faulkner ausladen könne. Er beschloss, nur noch Studenten im Hauptfach einzuladen, denn "ihre Anwesenheit würde dem Abend einen Dämpfer aufsetzen", wie er per Computer-Mailbox seine Kollegen wissen ließ.

"Wenn Shannon in meinem Kurs wäre, würde mir mit Sicherheit wegen sexueller Belästigung gekündigt", grinst Colonel James Rembert, ein Englisch-Professor, während ich ihm in seine Klasse folge. Der Colonel brüstet sich, einer der "letzten weißen Remberts" in South Carolina zu sein, einer alten Hugenottenfamilie. Er hat in Cambridge seinen Doktortitel erworben und ein Buch über Jonathan Swift geschrieben. Er ziehe die Gesellschaft von Männern vor, erklärt er mir beiläufig. "Hier kann ich reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Ich habe keine Lust, auf meine Worte zu achten, nur weil eine Frau dabei ist."

Thema der Stunde ist "Beowulf", das germanische Heldengedicht. Die Kadetten sind begeistert, weil es dabei um "brüderliche Treue", "Ehre" und "ewigen Ruhm" geht. Prof. Rembert hat ihre Referate über "Beowulf" korrigiert. Angewidert hält er eines der Hefte hoch: "Mr. Rice, Ihre Schrift ist so kraftlos. Nehmen Sie doch ihren Stift und pe-ne-trie-ren Sie das Papier mit der Spitze!" Dabei stößt er mit seinem Finger Löcher in die Luft.

Einen anderen Kadetten rügt er für seine Verwendung der Passivform: "Benutzen Sie niemals das Passiv - es führt zu Verweiblichung und Homosexualität", belehrt Rembert die Klasse.

Einige Monate später saß ich im Gerichtssaal und sah ein Video, das Norman Doucet, der Kommandeur des Kadettenregiments, dem Gericht vorführte. Der Film warb für die Ausbildung an der Citadel und zeigte das "typische" Leben eines "knob": Tränenreich verabschiedeten Mütter ihre Söhne am Tor. Die wurden zur Kahlrasur abgeführt.

"Danach erkennt keine Mutter ihren Sohn wieder", kommentierte Kommandeur Doucet zufrieden. Neben der Ausbildung im Kriegshandwerk sah man die Kadetten immer wieder in häuslichen Szenen beschäftigt: beim Bettenmachen, Stuben-Ausfegen und Ankleiden.

"Was Sie hier sehen, ist der Citadel-Hemdgriff", erläuterte Doucet. Dabei muss der Kadett seine Hose öffnen. Dann tritt ein Kamerad hinter ihn, umfasst seine Taille mit beiden Armen von hinten, zieht den wallenden Hemdenstoff stramm nach hinten, stopft das Hemd so weit wie möglich in die Hose runter, und zieht dem Kadetten dann vorsichtig die Hose wieder hoch.

"Genau darum geht es im Vierklassen-System", erklärte Doucet. "Um das Hemd korrekt zu tragen, ist der Kadett auf die Hilfe eines Kameraden angewiesen."

Der Sinn seiner Aussage ist klar: das Militär übernimmt ab nun die Rolle der Mutter, der Geliebten. Das geht nur, wenn die Frauen weit weg sind.

Der "knob" wird in einen Säugling zurückverwandelt, der jeden Schritt neu erlernen muss. Am Ende des ersten Jahres, am "Recognition Day", zwingen die "upper classmen" ihre "knobs", Liegestütze bis zum Umfallen zu machen. Dann nehmen sie ihre ohnmächtigen Schützlinge zärtlich in die Arme und flößen ihnen Wasser ein. In diesem Augenblick, nach neun Monaten, nennen die Älteren die "knobs" zum ersten Mal bei ihren Vornamen.

Die Mutter-Kind-Beziehung verwandelt sich in eine Ehe. Die Jahrbücher der letzten Jahrgänge zeigen auffällig viele Fotos von küssenden, eng umschlungenen Citadel-Männern. Natürlich ist jedes Foto mit einem abwertenden Kommentar darunter "entschärft". Eine Gruppe von Kadetten beschrieb mir einmal die vielen "Nacktheitsrituale" der Citadel.

Es gibt den "Senior Rip-Off Day", an dem 300 ältere Semester sich gegenseitig die Kleider vom Leib reißen und auf einem offenen Feuer verbrennen, während sie sich nackt um die Flammen herum balgen und umarmen. Es gibt "Nude Platoon" (Nacktkommando), bei dem eine Gruppe von jüngeren Semestern nackt auf dem Paradeplatz herumtobt und ruft: "We love the Nude Platoon!". Und schließlich gibt es das Geburtstagsritual, bei dem der "birthday boy", nackt an einen Stuhl gefesselt, mit Rasierschaum eingepinselt wird: sein Geschlecht wird mit Schuhcreme geschwärzt.

Im letzten Semester erhalten die "seniors" ihr "goldenes Band", den begehrten Citadel-Ring. Jede Klasse hat einen eigenen. Der Kaplan segnet die Klassenringe. Die Übergabe des Rings, "der Größte von allen College-Ringen", wie mir immer wieder versichert wurde, ist beinahe ein Sakrament. Die Jahrbücher zeigen die Fotos junger Männer, die inbrünstig ihren Ring umklammern wie ein Kruzifix im Angesicht eines Vampirs.

In der "Ringzeremonie" schreitet jeder "senior" durch eine drei Meter hohe Nachbildung des Klassenrings, an einem Arm seine Mutter, am anderen Arm sein "date". In einer Art umgekehrtem Hochzeitsritual übergibt die Mutter den Kadetten. Der Sohn küßt seine Mutter zum Abschied und marschiert als neue Braut des Korps unter den gekreuzten Schwertern der Kameraden von dannen. Wenn ein Citadel-Absolvent heiratet, trägt er den Korps-Ring über dem Ehering.

Einige "knobs" erzählten mir, wie ältere Studenten ihnen in der Dusche die Seife aus der Hand schlugen, und, als sie sich danach bücken wollten, riefen "Bleib unten, bleib unten, damit ich dich nehmen kann wie ein Mädchen!" Auf den jährlichen Citadel-Kostümfesten, bei denen die Kadetten Frauenkleider und Windeln bevorzugen, nimmt die Zahl der Misshandlungen zu. Eine Kompanie erfand den "Bananarama-Abend", bei dem einem Kadetten eine ungeschälte Banane in den After geschoben wird. Gleichzeitig nimmt die Hatz auf Kadetten zu, die im Verdacht stehen, schwul zu sein.

Im Verlauf des Gerichtsverfahrens verbrachte ich mehrere Abende im "Treehouse", eine Bar mit Schwulen-Treff im ersten Stock, in der am Wochenende Tuntenbälle stattfanden. Eigentlich hatte ich vor, die Schwulen nach ihren Gewalterfahrungen mit Kadetten aus der Citadel zu befragen. Ich ging davon aus, dass in einem Klima, das Männer veranlasst, sich von morgens bis abends gegenseitig als "schwule Sau" zu titulieren, Übergriffe auf Homosexuelle zwangsläufig sind. Im "Treehouse" erfuhr ich, dass solche Gewalttaten tatsächlich vorkommen. Doch ich erfuhr noch etwas viel Interessanteres.

Im Sprachgebrauch der Tunten heißt die Citadel "The Closet" (die "Besenkammer", in der uneingestandene Homosexuelle ihre Neigung verbergen - Anm. d. Red.). Ich erfahre, dass von dem Dutzend Tunten im "Treehouse" nur zwei noch nie eine Beziehung zu einem Kadetten hatten - und das mit der Begründung, die Citadel-Männer seien ihnen "zu emotional": "Manche Kadetten können ziemlich gewalttätig werden.

Die zetteln das an, weil sie glauben, es gehört zum Sex dazu, und wenn es vorbei ist, beschuldigen sie dich, als hättest du sie dazu gezwungen", erklärte mir Chris, einer der beiden. Trotzdem war "Holly", ein anderer, seit drei Jahren glücklich mit einem Kadetten liiert.

"Marissa", die Treehouse-Tuntenqueen des Jahres 1994 hatte sich gerade von einem Kadetten getrennt und in einen anderen verliebt. Sie schwärmte: "Ich liebe es. wenn sie ihre Käppis so tief im Gesicht tragen, dass man ihnen kaum in die Augen sehen kann. Wir spielen die Traumfrauen, und sie die Traummänner. Eine perfekte Illusion!"

Stimmt, welche Frau könnte besser zu einem Kadetten in Parade-Uniform passen als eine "Southern Belle" in Reifröcken. Nur besteht zwischen den Tunten im "Treehouse" und den Citadelmen ein wesentlicher Unterschied: Für die Tunten ist das Spiel mit Attrappen aus der Geschlechterrollenkiste ein schönes Rollenspiel: für die Kadetten ist es bitterer Ernst, innerhalb wie außerhalb ihrer martialischen Festung.

Weiterlesen
EMMA Kampagne Frauen beim Militär

Artikel teilen
 
Zur Startseite