Frauenbewegung: So ging es los!

Frauenferiencamp Femö, 1973 © Christel Wachowski
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… und siehe da: Die war schon 1975 (Amerika) bzw. 1977 (Deutschland) Thema. Es hat dann nochmal 40 Jahre gedauert, bis der Skandal mit Wucht auf den Teppich kam. In Zukunft genügen zwei, drei Klicks auf www.frauenmediaturm.de und ihr habt einen Überblick über die feministischen Kämpfe der letzten 50 Jahre. Und Fakten, Argumente und Kampfmethoden für die Zukunft.

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Klischees überleben leichter als Tatsachen

Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre gingen in der ganzen westlichen Welt Frauen auf die Barrikaden. In Deutschland flog 1968 eine Tomate auf einen der Chefdenker der APO (Außerparlamentarische Opposition): Die linken Studentinnen protestierten gegen repressive Strukturen auch innerhalb des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) und verlangten dieselben Rechte wie ihre Genossen. Vergeblich.

Drei Jahre später, 1971, wurde das öffentliche Selbstbekenntnis von 374 Frauen im Stern – „Ich habe abgetrieben und fordere das Recht dazu für jede Frau!“ – zum Auslöser einer breiten Frauenbewegung. Diese Frauenbewegung wurde im Westen und auch in Deutschland zur stärksten sozialen Bewegung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie veränderte das Leben von Millionen Frauen und Männern, das gesellschaftliche Bewusstsein und die Gesetze.

Doch das historische Gedächtnis ist kurz. Klischees überleben leichter als Tatsachen. Darum hat der FrauenMediaTurm sich entschlossen, die Spuren der Neuen Frauenbewegung in den entscheidenden Jahren des Aufbruchs (von Anfang der 1970er- bis Anfang der 1980er-Jahre) zu sichern: die Motive der Aktivistinnen, ihre Methoden des Protestes und ihre Ziele, sowie die tiefgreifenden Folgen für die gesamte Gesellschaft.

Die angebliche Geschichtslosigkeit von Frauen war lange eines der größten Hindernisse beim Fortschritt der Frauen. Die feministischen Pionierinnen haben das erkannt und nicht nur die Geschichte ihrer Vorläuferinnen wiederentdeckt, sondern auch selber Geschichte geschrieben – und gesichert. Der FMT ist eines von 40 feministischen Archiven im deutschsprachigen Raum, die die Geschichte von Frauen archivieren.

Ohne Geschichte gibt es keine Zukunft

Online stehen heute auf www.frauenmediaturm.de über 74.000 Datensätze, mit denen Bücher, Zeitschriften und Dokumente verschlagwortet wurden. Hinzu kommt eine weltweit einmalige Bilddatenbank mit über 8.000 Fotos von feministisch relevanten Events und Persönlichkeiten. Und jetzt also auch die 19 Themendossiers der Frauenbewegung.

Unbedingt durchstöbern! Das ist nicht nur ein Vergnügen, sondern ist Fundgrube und Forschungsfundus zugleich. Von den Alten lernen. Denn ohne Geschichte keine Zukunft.

www.frauenmediaturm.de

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Alice Schwarzer schreibt

Männer, wir kommen!

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Der Frankfurter Weiberrat, bisher eher bekannt dank seiner marxistischen Schulungsgruppen, erschien mit einem Lied auf den Lippen. Da reimten sich auf der Melodie von Lotta continua die „Puppen" in der Werbung auf die „Leichtlohngruppen" in der Arbeit, und die Zeile „Schluss mit Objekt sein in Betten" auf „Frauen, zerreißt eure Ketten!". — So ein wenig holprig klang das noch, trotzig und vor allem ungewohnt. Deutsche Frauen singen Kampflieder in eigener Sache — Ausdruck eines neuerworbenen Selbstbewusstseins, das ihnen, im Gegensatz zu den Amerikanerinnen und etlichen Europäerinnen, bis vor kurzem noch so ganz abgegangen ist.

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Premiere hatte der Protest in Noten in einer Frankfurter Jugendherberge, Ort des ersten überregionalen Treffens der 36 Frauengruppen. Sie fordern die bedingungslose Abschaffung des Paragraphen 218. Zwei Tage lang diskutierten Berufstätige, Hausfrauen und Studentinnen ihr Selbstverständnis, ihre Ziele und Strategien. Die dabei gemeinsam erarbeiteten Resultate und Resolutionen machten den Frankfurter Frauenkongress zu einem historischen Datum.

„Die Gruppen", so hieß es in der abschließenden Presseerklärung, „die zunächst größtenteils nur aus dem Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen entstanden, haben erkannt, dass die Unterdrückung der Frauen in einem umfassenden gesellschaftlichen Zusammenhang zu sehen ist, der über die Abtreibungskampagne hinausgeht." — Das war das Signal zum Aufbruch.

Als erstes wurde, begleitet von vereinzelten Buhrufen, der Beschluss verkündet: „Männer werden ab sofort aus unserer kollektiven Arbeit in den Frauengruppen ausgeschlossen." Damit bekannten sich die Deutschen zum ersten Mal prinzipiell zu dem heute in fast allen ausländischen Frauenbewegungen zum Prinzip erklärten Männerausschluss in einer ersten Etappe. Warum? „Weil wir eben einfach immer wieder untergebuttert werden!" Weil auch emanzipationsbestrebte Frauen in Gegenwart von Männern den Mund nur schwer aufmachen und auch sympathisierende Männer nur allzu leicht in die gewohnte Führungsrolle verfallen.

Was sich auf der Abschlussversammlung des Kongresses so anhörte: „Auch unterdrückte Männer unterdrücken Frauen. Privilegierte haben in der Geschichte ihre Rechte nie freiwillig preisgegeben. Deshalb fordern wir: Frauen müssen ein Machtfaktor werden innerhalb der ausstehenden Auseinandersetzung. Ein Hinderungsgrund, sich selbst zu organisieren, ist immer wieder der Legitimationsdruck der Frauen gegenüber den Männern. Wir bekämpfen den Anspruch der Männer, den Schwerpunkt der politischen Arbeit weiterhin allein zu bestimmen!"

Das liest sich so glatt, war es aber ganz und gar nicht. Denn in der Frankfurter Jugendherberge trafen erstmals Frauen zusammen, die bis vor kurzem noch wenig gemein zu haben schienen. Da waren auf der einen Seite die Frauen, die es einfach leid waren. Leid, sich mit Gratis-Hausarbeit, Leichtlohngruppen, minderen Karrierechancen und Gebärzwang herumzuplagen. Sie waren bisher noch nie aus ihrem privaten Lebensbereich herausgekommen und wurden durch die Aktion 218, den Protest gegen das Abtreibungsverbot, zum ersten Mal überhaupt mobilisiert. Zwei Drittel der 36 Gruppen hatten sich im Verlauf der Aktion 218 gebildet.

Auf der anderen Seite standen die traumatisierten Erbinnen der Studentenbewegung. Drei der insgesamt etwa 300 Frauen zählenden Gruppen: der Frankfurter Weiberrat, die Münchner Rote Frauenfront und der Berliner Sozialistische Frauenbund. Sie hatten zwar die Lehre aus der auch bei Linken praktizierten Arbeitsteilung — Männer dachten, Frauen tippten — gezogen und sich separat organisiert, blieben aber dennoch Opfer des Legitimationszwanges gegenüber den Genossen. Nach einem vielversprechenden Auftakt im Frühling 1968 fielen die sozialistischen Frauen zurück in ihr theoretisches Ghetto. Sie redeten vom Klassenkampf, büffelten Marx und Mandel und reproduzierten innerhalb der Gruppen die Trennung vom sogenannten Privatleben und der Politik.

Getreu der Genossenparole vom „Hauptwiderspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital" beließen sie es bei politökonomischen Studien, die den größten Arbeitsaufwand der Frauen, die Gratis-Hausarbeit, völlig außer acht lassen. Sie stellten ihre traditionelle Rolle nicht in Frage, verdrängten die eigenen Bedürfnisse nach freier Entfaltung in Beruf, Familie und im Zusammenleben mit dem Mann. Erst der Schock der Selbstbezichtigung („Ich habe abgetrieben") brachte die dogmatisch verhärteten Genossinnen und die theoretisch unvorbelasteten Frauen zusammen. Sie entdeckten, dass sie gemeinsame Interessen haben. Ihr Erfolg ermutigte sie. Zum erstenmal.

Noch ein Jahr zuvor hatte Brigitte geklagt: „Deutsche Frauen verbrennen keine Büstenhalter und Brautkleider, stürmen keine Schönheitskonkurrenzen und emanzipationsfeindliche Redaktionen, fordern nicht die Abschaffung der Ehe und verfassen keine Manifeste zur Vernichtung der Männer. Es gibt keine Hexen, keine Schwestern der Lilith, wie in Amerika, nicht einmal Dolle Minnas mit Witz wie in Holland. Es gibt keine wüsten Pamphlete, keine kämpferische Zeitschrift. Es gibt keine Wut." Brigitte hatte recht.

Dabei mangelte es der Bundesbürgerin herzlich wenig an Anlässen zur Wut. Denn sie ist noch nicht einmal de jure gleichberechtigt. Zum ideologischen und gesetzlichen Gebärzwang kommt der Verlust der Identität der Ehefrau durch die erzwungene Aufgabe des Namens, kommt der Stichentscheid und damit das letzte Wort des Vaters bei der Erziehung der Kinder und die gesetzlich zementierte Pflicht zur Hausarbeit. § 1356 des BGB: „Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist."

Von der De-facto-Situation ganz zu schweigen. Wenn sich bis zum Manifest der 374 Selbstanklägerinnen („Ich habe abgetrieben") im Juni vergangenen Jahres trotz allem nur Zaghaftes in deutschen Küchen und Vorzimmern regte, dann liegt das an der mangelnden Tradition im deutschen Frauenkampf. Deutsche Frauen stürmten weder die Bastille noch das Patriarchat. Sie haben keine Märtyrerinnen. Sie wurden nicht Opfer der Guillotine wie Olympe de Gouges. Ja, noch nicht einmal Opfer der Lächerlichkeit wie die englischen Suffragetten, die für die Durchsetzung des Frauenwahlrechts mit ihren Regenschirmen auf so manchen Männerkopf schlugen.

Deutsche Frau sein, hieß, wohlgeübt sein im honetten Streben nach Rechten, nie und nimmer aber in der Revolte gegen den Mann. Bis zum Januar 1968. Damals verteilten zwei Frauen — eine davon war Helke Sanders, die später vor dem SDS die inzwischen historischen Reden über das neue Verständnis der Frauen hielt — ein erstes Flugblatt für Frauen an der FU. Es richtete sich an all die Apo-Mütter, deren schöne Theorie sich nicht deckte mit ihrer unschönen Praxis: nämlich der Alleinverantwortung für die Kinder. Innerhalb weniger Monate wuchs die Gruppe, die sich ab Mai „Aktionsrat zur Befreiung der Frauen" nannte, auf etwa 700 Aktive an. Männer waren ausgeschlossen.

Der Aktionsrat ist nicht, wie oft falsch berichtet wird, aus dem SDS hervorgegangen. Die ersten Frauen waren überwiegend Berufstätige, die zu dem weiten Kreis der Apo zählten. An den SDS selbst traten die rebellierenden Frauen erst im Herbst 1968 heran, nach der Gründung der ersten Kinderläden und einer Kindergärtnerinnen-Kampagne. Warum? „Weil wir dachten, das ist so eine Art Partei, da kann man lernen, wie man Klassenkampf macht." (Helke Sanders)

Eine etwas naive Sicht der Dinge, die den Frauen rasch verging. Die Reaktion der Genossen: gutmütiger Spott. Bestenfalls. Auch nach dem schriftlich vorgelegten Selbstverständnis, in dem die Frauen sich als revolutionäre Bewegung definierten, deren Ziel über eine ökonomische Revolution hinaus der Kampf gegen das patriarchalische Prinzip, die Aufhebung der gerade Frauen treffenden „Trennung von persönlichem und gesellschaftlichem Bereich" sei — auch danach hielten die Genossen die Frauen nicht für diskussionswürdig. Sie gingen nicht nur kommentarlos zum nächsten Punkt der Tagesordnung über, sondern bezeichneten die Aktionsrätinnen als „hysterische Weiber" und „unbefriedigte Bourgeoise".

Der Ton stieg auf beiden Seiten. Inzwischen waren die SDSlerinnen zu den Rebellinnen gestoßen. Auch sie mochten nicht mehr länger für die Genossen Kaffee kochen, Flugblätter abziehen und im Namen der sexuellen Freiheit für jeden allzeit bereit sein.

Dann klatschte, auf der 23. Delegierten-Konferenz des Sozialistischen Studentenbundes im Herbst 1968, die spektakuläre Tomate in die linke Szene. Die Genossinnen zogen die Konsequenzen, trennten sich von dem „aufgeblasenen konterrevolutionären Hefeteig" und bildeten in mehreren Städten autonome Frauengruppen. Ideologisch aber blieben sie den Genossen hörig, innerhalb der Frauengruppen bildeten sich die gleichen Hierarchien: Mit den Männern waren die männlichen Kriterien, war der Leistungs- und Legitimationszwang noch lange nicht ausgeschlossen.

Mit dem Verscheiden des SDS 1969/70 verschieden auch die meisten Frauengruppen. Die drei letzten verbarrikadierten sich in einem theoretischen Ghetto. Der einstige Aktionsrat zur Befreiung der Frauen wurde in den Monaten des in Berlin besonders heftig wütenden anti-autoritären Katzenjammers umstrukturiert in eine Kader-Organisation mit fester Mitgliedschaft und Schulungsgruppen und im Dezember 1970 umbenannt in Sozialistischer Frauenbund Westberlin.

„Das", so kommentierten die neuen Frauenbündlerinnen, „drückt das veränderte Bewusstsein und Selbstverständnis aus, das aus der seit 1969 konsequent durchgeführten marxistischen Schulung resultiert. Wir organisieren uns zunächst separat als Frauen, um in theoretischer Arbeit die Ansatzpunkte zur spezifischen Frauenagitation herauszufinden. Wir sehen dies als Voraussetzung, um unter Führung der Kommunistischen Partei unsere Aufgabe im Klassenkampf zu übernehmen."

Kaum steh'n sie auf den Füßen, da soll'n sie auch schon im Gleichschritt marschieren. Nein! Die Mehrheit der 218-Gruppen und auch die beiden anderen sozialistischen Frauenorganisationen erteilten den ideologischen Bevormundungs-Versuchen der Frauenbündlerinnen auf dem Kongress eine Absage. Nach Frankfurt kam auch erstmals wieder eine neue Berliner Gruppe: Brot und Rosen, in der sich einige der verprellten Ex-Aktionsrätinnen wiedergefunden haben, unter anderen Helke Sanders. Sie, der Frankfurter Weiberrat und die Münchener Gruppe zur Befreiung der Frauen erschienen auf dem Kongress mit dem Schlachtruf: „Feminismus und Sozialismus schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich!"

„Der feministische Ansatz", argumentierte der Weiberrat, „das heißt die Einsicht in die geschlechtsspezifische Unterdrückung der Frauen, ist wichtig und schließt sich für uns nicht aus mit einer sozialistischen Perspektive. Im Gegenteil, der Feminismus trägt an den Befreiungskampf neue Fragestellungen heran. Wir wollen nicht die Fehler der Arbeiterbewegung wiederholen: Wir Frauen wollen uns nicht reduzieren auf irgendwelche Handlangerdienste, sondern im Befreiungskampf unseren Kampf ebenfalls führen."

Ob kollektiv im Weiberrat oder isoliert in der Vorstadt, erst in der Gemeinsamkeit der Aktion 218, der ersten von Frauen initiierten und von Frauen getragenen frauenspezifischen Kampagne überhaupt, erkannten sie ihre eigene Betroffenheit, sahen sie die gesellschaftlichen Zusammenhänge für ihre bis dahin für individuell gehaltene Misere.

Auf dem Frankfurter Kongress resümierten die Gruppen: „Wir haben durch die Erfahrung in der Aktion 218 begriffen: Diskussionen mit Parlamentariern und Forderungen der Betroffenen an die Parteien führen zu nichts. Die Parteien haben entlarvt, wessen Interessen sie vertreten. Daraus folgt: Frauen sind gezwungen, ihre Interessen selbst zu vertreten. Sie müssen sich zusammenschließen."

Das Bonner Mauschel-Hearing im April 1972 stürmten die Frauen mit dem Ruf: „Schluss mit dem Unsinn! Weg mit dem Paragraphen!" Die hartnäckigste unter ihnen mußte zum Befremden der Herren Volksvertreter aus dem Saal getragen werden. Frauen sind keine unterdrückte Minderheit sondern eine unterdrückte — Mehrheit.

Das Anklägerinnen-Potential auf dem für den 11. Juni geplanten Kölner Tribunal wird groß sein: 79 Prozent aller befragten Frauen in der Bundesrepublik sind gegen den § 218. Die Aufhebung des Abtreibungsverbotes steht an erster Stelle auf dem Forderungs-Katalog des Frauenkongresses.

Dringendstes Problem innerhalb der Frauengruppen scheint heute die Frage der Organisation oder Nicht-Organisation zu sein — eine Frage, die sich übrigens im Ausland kaum gestellt hat. Die Französinnen zum Beispiel haben sich, wie auch die Amerikanerinnen, von Anbeginn an als „Bewegung" begriffen, innerhalb der lediglich versucht werden sollte, den Frauen ein Gefühl der Solidarität und der Stärke zu vermitteln. Es gab bei ihnen nie den Versuch, sofort alle Hausfrauen, alle Studentinnen, alle Mütter, alle Lesbierinnen, alle Sekretärinnen, alle Konsumentinnen — kurzum Frauen unterschiedlicher Bedürfnisse und unterschiedlichen Bewusstseinsstandes, unter einen Hut, in eine Organisation, auf eine politische Linie zu bringen.

Die Frauenbewegungen in den USA oder Frankreich gehen davon aus, dass Organisation an sich für Frauen repressiv ist, stellen Macht und Hierarchie in Frage. Es gibt keine Redeordnungen und keine Schulungsgruppen. Einzige Klammer der Pariser Bewegung zum Beispiel ist eine zweimal im Monat stattfindende Vollversammlung für die 30 bis 40 Arbeitsgruppen, die sich inhaltlich und personell oft überschneiden.

Noch breiter gefächert ist die amerikanische Bewegung. Es scheint, dass dort gerade das Zusammenspiel zwischen revolutionären und reformistischen Gruppen produktiv war.

In der Bundesrepublik, wo die Frauenbewegung am Anfang steht, zeigen sich nach ersten spröden Organisationsansätzen Tendenzen einer weniger einengenden, flexibleren Konzeption. Auch die Frauen, die bereits in Organisationen und Parteien sind, beginnen aufzumucken. So machten Frankfurter SPD-Frauen zum Muttertag ein munter-aggressives Flugblatt („Zum Muttertag bekommt Mutti einen Blumentopf und eine Schachtel Mon Cherie — damit sie Kinder in eine kinderfeindliche Welt gebiert und nicht die Abschaffung des § 218 fordert).

Bayrische DGB-Frauen forderten auf der Landeskonferenz im Sommer vergangenen Jahres einen „Ehevertrag, der den Ehemann zur Mitarbeit im Haushalt verpflichtet". Und Frauen der Frankfurter Gruppe Revolutionärer Kampf tönten auf den letzten Genossen-Demonstrationen: „Die Herrschaft der Schwänze hat ihre Grenze!"                                     

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