Frauenfilmfestival: Wenn Männer zu viel beten

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Das Internationale Frauenfilmfestival zeigt vom 14. bis 18. April (nicht nur) Filme vom Balkan. Es eröffnet mit dem neuen Film der Berlinale-Siegerin Jasmila Žbanić ("Esmas Geheimnis").

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Luna und Amar sind ein junges, modernes Paar. Sie leben in Sarajevo und arbeiten via künstlicher Befruchtung an einem gemeinsamen Kind. Luna ist Stewardess, Amar Fluglotse. Seinen verantwortungsvollen Job im Tower ist er jedoch bald los: Amar, der Ex-Armeekämpfer im Bosnien-Krieg, trinkt zu viel.
Nach seinem Rauswurf droht Amar abzustürzen, doch dann trifft er durch Zufall Bahrija. Er erkennt den alten Kampfgefährten zunächst nicht, denn der trägt jetzt den langen Bart der Wahabiten. Luna verweigert er den Handschlag, seine eigene Frau ist komplett verschleiert. Bald wird er, gegen das Gesetz, eine Minderjährige zur Zweitfrau nehmen.
Dennoch ist Amar fasziniert von der Gemeinde, die ihm mit ihren strengen Regeln Halt zu geben scheint. Je tiefer Amar in die Welt der Fundamentalisten eintaucht, umso entsetzter ist Luna. Verzweifelt sieht sie ihre Beziehung scheitern.
Vier Jahre nach ihrem Goldenen Bären für „Esmas Geheimnis“ hat Jasmila Žbanić einen weiteren Film gemacht, der sich mit den langfristigen Auswirkungen des Krieges befasst. Und wieder geht die bosnische Regisseurin ein großes Thema der Nachkriegsgesellschaft anhand einer kleinen, persönlichen Geschichte an.
Waren es in „Esmas Geheimnis“ die Kriegsvergewaltigungen, deren generationenübergreifende Folgen Žbanić in einem Mutter-Tochter-Konflikt zeigte, wirft sie nun ihren Blick auf die Verzweiflung der kriegstraumatisierten Männer und ihre Anfälligkeit für fundamentalistische Heilsversprechen.
Ein existenzielles Thema nicht nur, aber auch in Bosnien: Im einst säkularen Sarajevo entstehen seit Kriegsende mit finanzieller Milliardenhilfe arabischer Geldgeber so viele Moscheen wie kaum anderswo auf der Welt.
Jasmila Žbanićs „Na Putu“ (Auf dem Weg) eröffnet das „Internationale Frauenfilmfestival“, das vom 14. bis 18. April in Köln stattfindet, und als Länderschwerpunkt diesmal den Balkan gewählt hat. Rund 20 weitere Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme von Regisseurinnen aus Serbien, Mazedonien oder Bulgarien haben die Kuratorinnen Betty Schiel und Rada Šešic bei ihren Reisen durch die Region aufgetan. Ein beachtliches Ergebnis, denn „der Balkan ist ja keine Region, in der die Bedingungen fürs Filmemachen besonders gut wären. Für Frauen gilt das natürlich doppelt“.

Dabei haben gerade weibliche Regisseure viel zu erzählen über das (Über)Leben in den ex-kommunistischen Ländern, die die Frauenfrage für erledigt erklärt hatten und heute mit neuem Machotum, Nationalismus und Armut zu kämpfen haben. „Trotzdem sind die Filme der Balkan-Regisseurinnen oft sehr komisch“, sagt Betty Schiel. „Sie haben diesen schrägen Humor, den man in Notlagen entwickelt, um die Situation irgendwie zu überleben.“
Wie die 94-Jährige in der Kurzdoku „Humoresque“ der Rumänin Diana Deleanu, die nach einem arbeitsreichen Leben die erforderlichen 100 Euro für ihre Beerdigung nicht besitzt. Kurzerhand macht sie sich ein EU-Programm zur Förderung jungvermählter Ehepaare zunutze und heiratet gewinnbringend ihren betagten Gefährten. In „Snow“ der Bosnierin Aida Begić pflegen die Witwen des Dorfes Slavno ihre verstorbenen Familienangehörigen per Pantomime darzustellen, bis sich die Kinder vor Lachen biegen. Die bulgarische Filmemacherin Iglika Trifonova bereichert die Frauen-Filmwelt um eine Kommissarin.

Nur auf eines sind die Festival-Macherinnen nicht gestoßen: Filme, die sich an das Thema Homosexualität wagen. So ist der einzige Film, der im Rahmen des Festival-Programms „Balkan Queer Pride“ gezeigt wird, bezeichnenderweise die Dokumentation über das Sarajevo Queer Festival 2008, das wegen der brutalen Anfeindungen abgebrochen werden musste. In einer Diskussion im Museum Ludwig berichten Aktivistinnen wie Marija Savić von „Gay Pride Belgrade“ oder die Bloggerin Yana Buhrer Tavanier von der „Bulgarian Activist Alliance“ über ihren harten Kampf um Akzeptanz.
Da können auch Edie und Thea ein Wörtchen mitreden. Die aus Holland emigrierte Jüdin und die Ostküsten-Lady aus Philadelphia lernten sich in den 60ern in New York kennen, wo frau beim lesbischen Tanztee aus Angst vor Razzien stets den Mantel anbehielt. Einige Jahre zuvor war Edie von der Schule geflogen, weil ein Polizist sie mit ihrer damaligen Loverin in einem Auto beobachtet hatte.
Heute blickt das Frauenpaar auf ein halbes Jahrhundert Kampf um Homo-Rechte zurück, der für die beiden mit seiner Hochzeit in Toronto ein würdiges Ende findet. „Edie & Thea – A Very Long Engagement“ (von den Macherinnen der preisgekrönten Dokumentation „The Brandon Teena Story“) durfte einer der berührendsten Beiträge zum Festival-Schwerpunkt „begehrt! Filmlust queer“ sein.
Auch in diesem Jahr schreibt das Internationale Frauenfilmfestival, das 2006 aus der Kölner „Feminale“ und der Dortmunder „Femme Totale“ aus Kostengründen fusionieren musste, den mit 10.000 Euro dotierten internationalen Debüt-Spielfilmwettberb aus.
Aus 90 eingereichten Beiträgen wählten die Festival-Macherinnen acht Filme aus, über die nun die Jury entscheidet: die österreichische Regisseurin und Produzentin Barbara Albert, die deutsche Filmredakteurin Jessica Eisermann – und die serbische Schauspielerin und „Esma“- Darstellerin Mirjana Karanović.
EMMA Frühling 2010

 

www.frauenfilmfestival.eu

 

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