Frauenhass bei Rossmann
„Iss ne Suppe, Puppe!” war wohl nicht gerade der feinste Werbeslogan, den die Drogeriekette Rossmann je für ihre veganen Rezepte aufgetischt hat. Nachdem Inge Bell, stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Terre des Femmes und von Solwodi, den Konzern am 8. Januar auf Facebook höflich auf die doch leicht sexistische Note des Suppen-Claims hinwies, hatte das Social-Media-Team von Rossmann einsichtig und schnell reagiert und den Werbepost gelöscht. Versehen mit einer Entschuldigung und dem Hinweis, dass "nicht nur Puppen, sondern auch Teddybären und Actionfiguren" Rossmanns vegane Rezepte lieben sollen. Haha.
Damit hätte die Suppe mit der Puppe eigentlich vom Tisch sein können. Doch der bittere Nachgeschmack kam erst noch: „Feministinnendreck!“, „Spinnerinnen!“, „Geistesgestörte Emanzen!“, „Gefrustete!“, „Gesinnungsterroristen!“ war bald darauf in den Kommentaren zu lesen. "Von Männern, in deren Augen Rossmann vor „dämlichen Weibern, die man besser mit dem Zug überrollt“ (so der User Amolf Tittler), eingeknickt sei.
Spinnerinnen! Geistesgestörte Emanzen!
Hunderte Frauen hielten dagegen, was die Suppe endgültig zum Überkochen brachte. Bis heute sind es über tausend Hasskommentare von Trollen, Fakeprofilen und von Rechtspopulisten. Und auch von Männern, die kein Problem damit haben, unter ihrem Klarnamen Frauen anzupöbeln, sie zu beleidigen oder ihnen zu drohen. Vor allem gegen Inge Bell persönlich wird gewettert. Auch Bells Ehemann wird angegriffen, als Weichei hingestellt: „Ist Ihr Altenpfleger ein echter Mann oder was haben Sie mit dem zu tun?“
Da sind die Trolle an die Falsche geraten. Erst Ende letzten Jahres hat Frauenrechtlerin Bell erfolgreich einen Mann aus Rostock verklagt, der ihr Penisbilder zuschickte. Auch diesmal hat sie rechtliche Schritte erwogen. Und sie ist in der Vergangenheit schon oft erfolgreich gegen sexistische Werbung zu Felde gezogen. Zum Beispiel gegen die Allianz, die auf einem Plakat ihre Mitarbeiterinnen im kleinen Schwarzen um ihren Chef drapierte, was auch als Bordellwerbung hätte durchgehen können. Beim Rossmann-Fight ist ihr nun auch eine Gruppe von Netzaktivistinnen zur Seite gesprungen. Die neu gegründete Facebook-Gruppe „Fight Patriarchy!“ hat eine Solidaritäts-Aktion gestartet: Gestern Abend haben sie verschiedene Meme gegen Sexismus bei Rossmann gepostet: über 1.400 Mal!
Und wie reagierte Rossmann selbst? Erst mal gar nicht. Vielleicht war es dem Team ja ganz recht, im Gespräch zu sein. Erst am 10. Januar entschied sich Rossmann dazu, mal kurz auf die firmenübliche Netiquette hinzuweisen. Tenor: „Wir finden es gut, dass ihr euch austauscht, aber achtet doch bitte auf unsere Netiquette!“ Ein Schlag ins Gesicht all jener Frauen, die seit Tagen beleidigt wurden. Die Hasskommentare wurden nur in den härtesten Fällen gelöscht – und das könnte auch durch Facebook selbst passiert sein.
Ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen
In einem Offenen Brief wendet Inge Bell sich nun eindringlich an die Konzernleitung von Rossmann, sich endlich zu positionieren: „Distanzieren Sie sich klar und deutlich von Frauenhass, Gewalt und Diskriminierungen! Frauen machen schließlich den Großteil Ihrer Kundschaft und Mitarbeiterinnen aus! Sorgen Sie dafür, dass Ihre Social-Media-Profile nicht zur Spielwiese für Frauenhasser, Incels, Männerrechtler und Rassisten werden!“
Auf der Firmenhomepage wirbt Rossmann für „soziale Verantwortung“, verlinkt sogar auf das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“.
Höchste Zeit für Rossmann, diese Suppe auszulöffeln.
PS: Mittlerweile hat Rossmann übrigens reagiert - und zwar kategorisch! Der Konzern hat sich persönlich bei Inge Bell und den beleidigten Frauen entschuldigt und hat sich zudem klar gegen Frauenhass positioniert: "Wir distanzieren uns ganz klar und deutlich von Gewalt und Diskriminierungen (...) Außerdem haben wir entschieden, die diskriminierenden Nutzer für unser Unternehmensprofil bei Facebook zu sperren, denn Hassreden und Diskriminierungen haben bei Rossmann keinen Platz."
Die ganze Entschuldigung bei uns auf Facebook!